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ADB:Schott, Sigmund

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Artikel „Schott, Sigmund“ von Eugen Schneider in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 166–167, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schott,_Sigmund&oldid=- (Version vom 17. November 2024, 00:25 Uhr UTC)
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Schott: Sigmund Sch., Politiker und Schriftsteller, ist zu Stuttgart am 5. Januar 1818 geboren. Sein Vater war der Gesinnungsgenosse und Freund Ludwig Uhland’s, Albert Sch. (s. A. D. B. XXXII, 395), der dem Sohne weltbürgerliche Bildung, Begeisterung für die um ihre Freiheit kämpfenden Griechen und Polen, vor allem aber für die Einigung Deutschlands beibrachte. Nachdem er in Heidelberg und Tübingen studirt hatte, ließ er sich in Stuttgart als Rechtsanwalt nieder. Zuerst beschäftigte ihn die Geschichte; 1839 veröffentlichte er eine eingehende und stimmungsvolle Schrift über Max Emanuel, Prinzen von Württemberg und seinen Freund Karl XII. König von Schweden. Schon 1840 verehelichte er sich mit Pauline Knosp. Noch hielt er sich in der Oeffentlichkeit zurück; daß er aber scharf beobachtete, bewies 1843 seine Arbeit über: Urtheile der württembergischen Regierungscommissäre und der zweiten Kammer von 1841–42 über Geschworene, über Oeffentlichkeit, Mündlichkeit und Anklageform des Strafverfahrens. Die deutsche Bewegung von 1848 packte ihn gewaltig: als sein Schwager Friedrich Römer sich genöthigt sah, in Stuttgart das Rumpfparlament zu sprengen, wollte er ihn zum Zweikampf zwingen. Nach der Verfassung durfte er einen Sitz im Landtage nicht einnehmen, solange sein Vater diesem angehörte. Als aber die Verfassung auf Grund eines neuen Wahlgesetzes umgeändert werden sollte, kümmerte sich 1850 weder die Wählerschaft noch die Mehrheit der Kammer mehr um diese Bestimmung, und Sigmund Sch. zog als Abgeordneter von Freudenstadt in die Kammer ein. Doch schon im folgenden Jahre trat der Vater zurück; dessen Bezirk Böblingen wählte den Sohn und blieb ihm bis 1868 treu.

[167] Am lebhaftesten griff Sch., der im allgemeinen selten, aber sachlich und eindrucksvoll sprach, in die Verhandlungen über das Concordat ein. Er tadelte in einer eigenen Schrift „Württemberg und der Papst“ (1860) scharf, daß die Regierung sich an Rom wegen des Abschlusses gewendet und daß sie nur katholische Unterhändler aufgestellt habe. In der Kammer vertrat er so sehr den Standpunkt der staatlichen Hoheit gegenüber der Kirche, daß er für die Einführung aller katholischen Orden, soweit sie nicht Krankenpflege treiben, den Weg der Gesetzgebung empfahl. Erreicht wurde wenigstens, daß die Zulassung der Jesuiten in Württemberg von einem Akt der Gesetzgebung abhängig gemacht worden ist. Bei der Spaltung der politischen Geister in Württemberg in Anhänger Preußens und Oesterreichs suchte Sch., obgleich Großdeutscher, noch manchmal zu vermitteln. Erst der Krieg von 1866 mit dem Ausschlusse Oesterreichs aus Deutschland trieb ihn vollends in das Lager der preußenfeindlichen Volkspartei. Das war der Grund, warum er 1868 sich nicht mehr in Böblingen, sondern in Tübingen wählen ließ. Als am Anfange des Jahres 1870 die württembergische Regierung mit der Mehrheit der Kammer um die Kriegstüchtigkeit des Heeres und die Gültigkeit des Bündnißvertrags mit Preußen zu kämpfen hatte, ging Sch. so weit, zu behaupten, daß die Kammer diesen Vertrag wieder aufheben könne, da bei der Abstimmung über denselben eine falsche Voraussetzung geherrscht habe. Der Krieg mit Frankreich beendigte den Streit um die Vorherrschaft der Volkspartei; auch Sch. machte keinen Versuch mehr, in die Kammer gewählt zu werden. Er ging still seinem Berufe nach, der ihn in den Verwaltungsrath großer Unternehmungen führte, bis er 1881 und wieder 1884, beide Male in der Stichwahl gegen einen Nationalliberalen, in Stuttgart zum Reichstagsabgeordneten gewählt wurde. Im Reichstag wandte er sich namentlich gegen unnöthigen Aufwand für das Heer und bei demselben, ohne seine Schlagfertigkeit beeinträchtigen zu wollen. Seit 1887 widmete er sich ganz dem Beruf und der Schriftstellerei. Poetisch nicht unbegabt und ein vielseitiger Mann mit klarem Denken hatte er schon 1857 Gedichte erscheinen lassen, die 1873 in neuer Auflage gedruckt wurden; 1861 folgte eine feinsinnige Studie über Sterben und Unsterblichkeit, in der die Erscheinungen des Lebens und der Natur nach diesem Gesichtspunkt erörtert werden. In den Schriften von den menschlichen Schwächen (1865) und Ansichten vom Leben (1870) zeigt sich große Belesenheit, gute Beobachtungsgabe, tiefes Gemüth. 1891 erschien noch eine Sammlung neuer Gedichte. Gedichte und Schriften wurden 1898 mit einigen Stücken aus dem Nachlaß in drei Bänden zusammengefaßt; 1907 erschienen sie noch einmal im Auszug.

Am 4. Juni 1895 ist Sch. in seiner Geburtsstadt gestorben. Aus der Zeit seiner Jugend mit ihrem Kampf gegen die Reaction und mit ihren Hoffnungen für das einige große Deutschland ragte er herein in eine Zeit, die die Erfüllung seiner Ideale unmöglich gemacht hatte, und in die er sich nicht schicken konnte, weil er jenen nicht untreu werden wollte. Ein durch und durch mannhafter, edler und hochgesinnter Mensch, erscheint er als der Letzte aus der Reihe der altliberalen Württemberger, die Deutschland nach ihrem Kopf gestalten wollten und die thatsächlichen Machtverhältnisse außer Augen ließen.

Schwäbische Kronik 1895, S. 1139. – E. Schneider, Württembergische Geschichte, S. 526 ff.