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ADB:Schulze, Johann Heinrich

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Artikel „Schulze, Johann Heinrich“ von Julius Pagel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 4–5, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schulze,_Johann_Heinrich&oldid=- (Version vom 21. Dezember 2024, 23:02 Uhr UTC)
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Schulze: Johann Heinrich S., Arzt und Polyhistor, ist am 12. Mai 1687 zu Colbitz, einem Dorfe im Magdeburgischen, als Sohn eines unbemittelten Schneiders, der nebenbei Bienenzucht trieb, geboren. Da die Schule des Ortes in schlechtem Zustande war, ließ ihn der Prediger Corvinus an dem Unterrichte Theil nehmen, welchen seine eigenen Kinder durch Hauslehrer erhielten, jedoch nur im Lesen, Schreiben und in der Religion. Doch trieb S. nebenher und ganz im Stillen auch damals schon, soviel er konnte, Latein und Griechisch. Im zehnten Lebensjahre wurde er in die damals gerade gegründete Waisenhausschule von Francke in Halle aufgenommen. Infolge eines Steinleidens mußte er jedoch zwei Jahre den Schulbesuch unterbrechen. Um diese Zeit nahm S. auch an einem von Salomon Negri, einem frommen und gelehrten aus Damascus nach Halle gekommenen Manne durch Vermittlung Francke’s und des Baron Canstein verschiedenen Schülern und Studirenden ein Jahr lang gegebenen Unterricht im Arabischen Theil und legte so den Grund zu einer tieferen Kenntniß der orientalischen Sprache. 1704 bezog er die Universität zu Halle zum Studium der Medicin, das ihm dadurch ermöglicht wurde, daß der Waisenhausarzt Richter ihn theils zum Besuchen von Kranken, theils zum Briefschreiben gebrauchte und er Tisch und Wohnung im Waisenhause behielt, wobei er zugleich [5] in der dortigen Apotheke Dienste leistete. Nach zwei Jahren ging er zur Theologie und Philologie über und trieb jetzt besonders Griechisch und Neugriechisch. 1708 übernahm er eine Lehrerstelle am Pädagogium zu Halle, lehrte anfänglich Botanik und Anatomie, später Griechisch und Hebräisch und schließlich Geographie. 1715 wurde er mit Friedrich Hoffmann bekannt und wandte sich auf dessen Veranlassung wieder der Heilkunde zu, wobei er von dem Letztgenannten außerordentlich protegirt wurde. 1717 erlangte er die Doctorwürde, habilitirte sich bald darauf als Privatdocent und folgte 1720 bei Heister’s Abgang dem Ruf als Professor der Medicin und zugleich der griechischen Sprache nach Altdorf. 1732 vertauschte er diese Stellung mit einer ordentlichen Professur der Medicin in Halle, wo er zugleich Professor der Eloquenz und der Alterthümer war und – leider in tiefster Dürftigkeit – am 10. October 1744 starb. S. war ein außerordentlich gelehrter Arzt nicht bloß, sondern auch gleich ausgezeichnet als Theolog, Orientalist, Geschichtschreiber und Numismatiker. Sprengel nennt ihn in seiner Geschichte der Arzneikunde einen Polyhistor im edelsten Sinne des Wortes und den ersten wahren Geschichtschreiber der Medicin. Die auf dieses Gebiet bezüglichen seiner außerordentlich zahlreichen Arbeiten bilden seine hervorragendsten und bleibendsten Verdienste. Unter Verweisung auf das unten genannte Quellenwerk bez. die in demselben genannten weiteren Quellenschriften möge es genügen, von Schulze’s Arbeiten hier die folgenden anzuführen, zunächst die leider unvollendete, mit gesunder Kritik abgefaßte „Historia midicinae a rerum initiis ad A. U. R. 535 deducta“ (Leipzig 1728), der später das gedrängte Lehrbuch „Compendium historiae medicinae a rerum initio ad Hadriani Augusti secessum“ (Halle 1741) folgte und ferner „Dissertationum academ. ad medicinam ejusque historiam pertinentium fasc. 1“ (ebenda 1743). Auch gab er eine Uebersetzung der die Diät betreffenden Dissertationen Fr. Hoffmann’s unter dem Titel heraus: „Gründliche Anweisung, wie ein Mensch vor dem frühzeitigen Tod und allerhand Krankheit durch ordentliche Lebensart sich verwahren kann“ (9 Bände, ebenda 1725–28), ferner „Stephani Blancardi lexicon medicum renovatum etc.“ (ebenda 1739), schrieb die Biographie Hoffmann’s zu der bekannten Genfer Folioausgabe seiner Werke und hatte Antheil an etwa hundert unter seinem Vorsitz erschienenen Dissertationen. – S. war der erste, welcher von der alten indischen Heilkunst nähere Nachrichten gab. Er erhielt sie durch seinen Freund, den dänischen Missionar J. E. Grundler unter der Bezeichnung: Malabarische Medicin.

Biogr. Lexikon etc. von A. Hirsch V, 308.