ADB:Schwartz, Marie Esperance von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schwartz, Marie Esperance von“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 277–278, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwartz,_Marie_Esperance_von&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 07:17 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 54 (1908), S. 277–278 (Quelle).
Elpis Melena bei Wikisource
Marie Espérance von Schwartz in der Wikipedia
Marie Espérance von Schwartz in Wikidata
GND-Nummer 117360899
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|54|277|278|Schwartz, Marie Esperance von|Franz Brümmer|ADB:Schwartz, Marie Esperance von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117360899}}    

Schwartz: Marie Esperance von Sch., eine unter dem Namen Elpis Melena bekannte Schriftstellerin, vorwiegend auf dem Gebiet der Reise- und Memoirenlitteratur, wurde am 8. November 1818 in Southgate in der Grafschaft Hertford (England) als die Tochter eines dort ansässigen Bankiers aus Hamburg, Namens Brandt, geboren und hat ihre englische Nationalität stets beibehalten. Ihre Erziehung erhielt sie vorwiegend in Genf und Rom, besonders durch eine Verwandte ihrer Mutter, die als Erzieherin der weimarischen Prinzessinnen wohlbekannte Esperance Sylvestre. Das hochbegabte Mädchen erwarb sich bedeutende Kenntnisse und verrieth besonders für Sprachen ein hervorragendes Talent, das sich in der Folge immer mehr ausbildete, so daß sie schließlich mit acht Sprachen vertraut wurde. Mit 15 Jahren wurde sie zu einer unsympathischen Heirath mit einem Vetter, gleichfalls Bankier, überredet; der Selbstmord des Gatten endete schon nach einem Jahre dieses erste, peinliche Verhältniß. Die Wittwe ging nun nach Rom, wo ihre Salons später einen anziehenden Mittelpunkt für die fremde Aristokratie und die Künstlerwelt bildeten. Im J. 1884[WS 1] schloß sie eine zweite Ehe mit einem Hamburger, v. Schwartz, den sie in Italien kennen gelernt hatte. Mit demselben unternahm sie dann, meist zu Pferde, eine große Reise durch Griechenland, die Türkei, Kleinasien, nach Aegypten und erlitt auf dem Wege nach Tunis bei Stora Schiffbruch, aus dem sie nur durch Zufall ihr Leben rettete. Die Beschreibung dieser Reise in „Blätter aus dem afrikanischen Reisetagebuche einer Dame“ (II, 1849) bildete den ersten litterarischen Versuch der Schriftstellerin. Indessen gestaltete sich auch diese zweite Ehe zu keiner glücklichen und wurde 1854 gerichtlich gelöst. Bereits 1849 hatte Esperance Sch. ihren festen Wohnsitz in Rom genommen, zu einer Zeit, als der Name des Republikaners und Freiheitskämpfers Garibaldi in dem Munde aller Römer war; sie interessirte sich schon damals für diesen Helden und sollte später in seinem Leben eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Einstweilen huldigte sie noch einer unbezähmbaren Reiselust und schrieb in den Tagen der Ruhe ihren Roman „Memoiren eines spanischen Piasters (II, 1857). Im Herbst 1857 trat sie zu Garibaldi auf der Insel Caprera in persönliche Beziehungen; sie besuchte ihn häufig daselbst, enthob ihn mancher Sorge um die Kinder und leistete ihm durch ihren Einfluß manchen gefahrvollen politischen Dienst, wie sie auch in seiner Gefangenschaft und Verwundung seine getreueste Pflegerin war. Garibaldi gab ihr aus Dank das eigenhändige Manuscript seiner Memoiren, die sie glücklicherweise schnell ins Deutsche übersetzte, noch ehe Alexandre Dumas, dem Garibaldi gleichfalls diese Memoiren zur Verfügung gestellt hatte, mit denselben für immer aus Rom verschwand. Jene Uebersetzung erschien als „Garibaldi’s Denkwürdigkeiten. Nach handschriftlichen Aufzeichnungen desselben und nach authentischen Quellen“ (II, 1860). Andere Werke der Schriftstellerin, die den Beziehungen zu Garibaldi entsprangen, sind „Hundert und ein Tag auf meinem Pferde. Nebst Besuch auf der Insel Maddalena“ (1860), worin die Reise der Verfasserin zu Pferde von Rom nach Luzern zu ihrem Bruder und ein Besuch bei Garibaldi auf Caprera geschildert werden, „Blicke auf Calabrien und die Liparischen Inseln im Jahre 1860“ (1861), „Garibaldi in Varignano 1862 und auf Caprera 1863“ [278] (1864) und „Garibaldi. Mittheilungen aus seinem Leben“ (II, 1884). Gegen Ende des Jahres 1865 verlegte Esperance Sch. ihren Wohnsitz nach der Insel Kreta, wo sie sich im Dorfe Khalepa bei Kanea mitten zwischen den Weingärten ein reizendes Heim schuf, in welchem sie, wenn sie nicht auf Reisen war, bis zum Jahre 1896 als gütige Fee waltete, unbeirrt durch die steten Aufstände, welche die Insel durchzitterten. Der Wohlfahrt des kretischen Volkes widmete sie die größten Opfer an Zeit und Geld; sie gründete Krankenhäuser, Asyle, Schulen, übersetzte deutsche Schulbücher ins Neugriechische und in der „Kreta-Biene“ (1874) kretische Volkslieder, Sagen u. s. w. ins Deutsche. Auf dem Gebiete des Thierschutzes entfaltete sie eine Thätigkeit, die sich über ganz Europa erstreckte. In Kanea gründete sie ein Thierspital für Pferde, Esel u. s. w., und die zahllosen Straßenhunde wurden täglich gefüttert; zahlreiche Broschüren in den verschiedensten Sprachen mußten um Förderer des Thierschutzes und um Gegner der Vivisection werben. Mohamedaner und Kreter zollten der Dame die höchste Ehrerbietung, und bei allen politischen Wirren auf der Insel ist ihr und ihrem Besitzthum niemals eine Schädigung widerfahren. Während ihres Weilens auf Kreta schrieb sie noch „Der junge Stelzentänzer. Episode während einer Reise durch die westlichen Pyrenäen“ (1865), „Die Insel Kreta unter der ottomanischen Verwaltung“ (1867), „Von Rom nach Kreta. Reiseskizze“ (1870), „Gemma, oder Tugend und Laster. Novelle“ (1877) und „Erlebnisse und Beobachtungen eines mehr als 20jährigen Aufenthalts auf Kreta“ (1892). Nach Aufgabe ihres Wohnsitzes auf jener Insel hat Esperance Sch. vorwiegend in der Schweiz gelebt, und in Ermatingen ist sie hochbetagt am 20. April 1899 gestorben.

Persönliche Mittheilungen. – Das Illustrirte Mode-Journal, Jahrg. 1875, S. 649. – Männer der Zeit. Mit Supplement: Frauen der Zeit. Leipzig 1862, S. 75. – Vossische Zeitung vom 30. April 1899. – Biographisches Jahrbuch, 4. Bd., S. 213.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Druckfehler, tatsächlich 1844; Quelle: Franz Brümmer: Schwartz, Marie Esperance von. In: Biographisches Jahrbuch, 4. Bd., S. 213