ADB:Seebach, Karl Albert Ludwig von
Ferdinand Römer’s Leitung mit allem Eifer diesen Wissenschaften oblag, deren Studium er dann in Göttingen fortsetzte und zuletzt unter Beyrich in Berlin beendigte. Inzwischen hatte S. auf vielfachen größeren Reisen in den Karpathen, mit Römer in Rußland, dann in Dänemark und England sich einen reichen Schatz von geologischen Kenntnissen gesammelt und ein solches wissenschaftliches Ansehen erworben, daß er, noch bevor er den Doctorgrad sich erworben hatte, zur Uebernahme einer Professur für Geologie und Paläontologie an der Universität Göttingen einen Ruf erhielt. Hier doctorirte nun S. 1862 mit einer Arbeit über „Die Conchylienfauna der Weimarschen Trias“, trat dann 1863 seine Professur an, nahm aber schon 1864 einen längeren Urlaub zu einer wissenschaftlichen Reise nach Centralamerika behufs Studiums der vulkanischen Erscheinungen [558] in jenen Ländern. Ueber die Forschungsergebnisse dieser Reise liegt uns eine große Reihe von vortrefflichen kürzeren Mittheilungen vor (1865, Reise durch Guanacaste 1864 und 1865“ in Petermann’s geogr. Mitth. 1865, 241; „Besteigung des Vulkans Turri alba“, das. 1865, 321; „Ueber den Vulkan Izalko“ in den Nachr. d. Ges. d. Wissensch. in Göttingen 1868, 521; „Ueber vulkanische Erscheinungen in Centralamerika“ in den Verhandlungen der geolog. Reichsanstalt in Wien 1868, 219; „Ueber den Bau des Vulkans Del Fulgo und dessen Besteigung“ in den Göttinger gelehrten Nachr. 1877, 734). An einem zufammenfassenden Werke über diese wissenschaftliche Reise arbeitete er bis zu seinem Lebensende, wie denn überhaupt die Studien über vulkanische Erscheinungen zu seiner Lieblingsbeschäftigung geworden waren. Er widmete daher den vulkanischen Ausbrüchen auf Santorin seine besondere Aufmerksamkeit und stellte eingehende Untersuchungen an Ort und Stelle an. Hierüber veröffentlichte S. mehrere sehr wichtige Schriftstücke wie: „Bericht über die vulkanischen Neubildungen bei Santorin“ 1866, dann 1867 „Ueber den Vulkan von Santorin und die Eruption von 1866“ und „Der Vulkan von Santorin“. Einen werthvollen Beitrag zur Lehre der Vulkane im allgemeinen lieferte seine Schrift „Vorläufige Mittheilungen über die typischen Verschiedenheiten im Bau der Vulkane“ (Zeitschrift d. d. geolog. Gesellschaft 1866, XVIII, 643). Daran reiht sich die mustergültige Schrift „Das mitteldeutsche Erdbeben vom 6. März 1872“, in welcher er versuchte, nach neuer Methode die Tiefe des Herdes der Erdbeben zu bestimmen und über die Natur des Erdinnern wichtige Folgerungen abzuleiten. Aber auch mit anderen geologischen Fragen beschäftigte sich S. mit dem ihm eigenen Feuereifer, wie zahlreiche Publicationen beweisen (1862 „Notiz über ein neues Vorkommen von Analzim“ in den Nachr. d. kgl. Gesellschaft d. Wissensch. in Göttingen 334; „Ueber Orophocrinus“, das. 1864, 110; „Der Hannoverische Jura“ 1864; „Beiträge zur Geologie von Bornholm“ in Zeitschrift d. d. geolog. Gesellschaft 1865, XVII, 338; „Zoontharia perforata der paläoz. Periode“, das. 1866, 304; „Ueber die diluviale Säugethierfauna der oberen Leine-Thals und einen neuen Beweis des Alters des Menschengeschlechts“ in den Nachr. d. Gesellsch. d. Wissensch. in Göttingen 1866, 293; „Zur Kritik der Gattung Myophoria“, das. 1867, 375). Inzwischen hatte sich S. 1867 einen häuslichen Herd gegründet und wurde 1870 zum ordentlichen Professor befördert, in welcher Stellung er als begeisterter Lehrer Vorzügliches leistete. Er legte eine paläontologische Sammlung an, rief ein vortrefflich eingerichtetes geologisches Institut ins Leben und war eifrig bemüht, eine geologische Schule in Göttingen zu gründen. Mehrfache Publicationen legen glänzendes Zeugniß ab von den intensiven Arbeiten, welche unter seiner Leitung zu Tage gefördert wurden („I.–IV. Bericht über die geologisch-paläontologische Sammlung der Universität Göttingen“ 1867–71). Auch betheiligte sich S. an den Aufnahmsarbeiten der geologischen Landesanstalt in Preußen, in deren Auftrage er die beiden Blätter Worbis und Niederorschel bearbeitete und 1872 veröffentlichte. Von anderweitigen Arbeiten aus dieser Zeit führen wir als die bedeutenderen noch an: „Ueber die Entwicklung der Kreide im Ohmgebirge“ in den Nachr. d. Gesellsch. d. Wissensch. in Göttingen 1868, 128; „Ueber Estheria Albertii“ 1868 in Verh. der geol. Reichsanstalt in Wien 1868; „Ueber die Wellen des Meeres“ in Virchow-Holtzendorff’s Vorträgen 1872; „Centralamerika und der internationale Kanal“, das. 1873; „Ueber fossile Phyllosomen von Solenhofen“ in Zeitschrift d. d. geol. Gesellsch. 1873, XXV, 340, letztere eine durch feine Beobachtungen ausgezeichnete Arbeit. Unermüdlich stürmte S. in seinem Arbeitsdrang vorwärts und gönnte sich dabei weder Ruhe noch Rast. Namentlich beschäftigten ihn die Vorbereitungen zu einem würdigen Empfang der Geologenversammlung in [559] Göttingen für das Jahr 1878 in so hohem Maaße, daß dabei seine ohnehin schon stark angestrengten Kräfte bedenklich Noth litten und er genöthigt war, sich eine Erholung zu gönnen. Diese suchte er im Winter 1878/79 im südlichen Portugal zu gewinnen, leider aber auch hier nicht mit der für seinen Gesundheitszustand nöthigen Ruhe. Auch hier konnte er sich nicht gänzlich von geologischen Arbeiten zurückhalten. Eine kleine Publication „Vorläufige Mittheilungen über Foyaït und die Sierra de Monchique“ in N. Jahrb. 1879 stammt aus dieser Aufenthaltszeit im Süden. Sie war die letzte seines Lebens, das sich rasch zu Ende neigte. S. kehrte zwar scheinbar wieder gesundet in die Heimath zurück, aber bald zeigte sich die tückische Krankheit aufs neue, der er endlich am 21. Jan. 1880 erlag. S. war eine ritterliche Gestalt, von edler, vornehmer Natur, zwar oft ungestüm und heftig, aber mit dieser anscheinenden Schroffheit söhnte man sich rasch wieder durch sein sonst liebenswürdiges und freundliches Wesen aus. So starb S. hochgeachtet als Gelehrter und unvergeßlich als Freund.
Seebach: Karl Albert Ludwig v. S., Professor der Geologie und Paläontologie an der Universität Göttingen, ein in jungen Jahren der Wissenschaft durch den Tod entrissener, außerordentlich begabter Gelehrter, war am 13. August 1839 als Sohn eines sächsisch-weimarischen Majors und Kammerherrn zu Weimar geboren. Derselbe erhielt von dem 9. Jahre an seine Erziehung in dem Fröbel’schen Institut zu Keilhau bei Rudolstadt, wo er nebst einer vortrefflich geistigen Bildung durch vielfache Ausflüge und größere Reisen auch körperlich erstarkte und zu einer stattlichen Gestalt heranwuchs. Schon damals zeigte sich eine entschiedene Neigung Seebach’s zu Naturbeobachtungen dadurch, daß er Versteinerungen aufsuchte und eine Sammlung derselben anzulegen begann. Mit dem 15. Lebensjahre bezog er dann das Gymnasium zu Weimar und setzte hier, ohne die classischen Studien zu vernachlässigen, mit großem Eifer das Einsammeln von Versteinerungen des dort vorkommenden Muschelkalkes fort. Außerdem gewann er durch den näheren Umgang mit hervorragenden Männern einen hohen Grad allgemeiner und allseitiger Bildung, welche das ganze Wesen des hochbegabten Jünglings durchdrang und ihm einen hervorragenden Charakter verlieh. Schon als Gymnasiast begann er seine wissenschaftliche Laufbahn mit einer ersten gelungenen Arbeit über die Entomostraceen aus der Trias Thüringens (Zeitschrift d. d. geol. Gesellsch. 1857, IX, 198) einzuleiten. Nach vollendeten Gymnasialstudien (Ostern 1858) begab sich S. in der Absicht, dem Bergfach sich zu widmen, zunächst nach Kamsdorf, um in den dortigen Bergwerken während der sog. Vorlehre den Bergbau praktisch kennen zu lernen. Aus dieser Zeit stammt eine zweite Publication: „Ueber den wahren Ursprung des sog. tellurischen Eisens von Kamsdorf“ 1860. Nach diesen vorbereitenden Studien faßte S. den Entschluß, sich ausschließlich dem Fache der Geologie und Paläontologie zu widmen und begab sich zu diesem Zwecke nach Breslau, wo er unter- Neues Jahrbuch für Min., Geol. und Petref. 1880, I.