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ADB:Seyfert, Bernhard

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Artikel „Seyfert, Bernhard“ von Franz von Winckel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 105–106, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Seyfert,_Bernhard&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 23:24 Uhr UTC)
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Band 34 (1892), S. 105–106 (Quelle).
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Seyfert: Bernhard S., in Drum, einem Dorfe Nordböhmens geboren, studirte in Prag, wo er auch im J. 1844 promovirt wurde. Dann war er mehrere Jahre hindurch Secundärarzt am Prager allgemeinen Krankenhause, trat 1847 als Hilfsarzt an der Prager Gebäranstalt ein, wo er zuerst unter Jungmann mit Scanzoni zusammen Assistent war, später 1850 und 1851 unter Kiwisch, während Scanzoni nach Würzburg berufen wurde. Als Kiwisch 1851 starb, wurde er interimistischer Director und leitete die geburtshülfliche und gynäkologische Klinik bis zur Berufung von Chiari nach Prag im J. 1858; im Jahr darauf, nachdem Chiari nach Wien berufen worden, wurde er zuerst nochmals interimistischer und dann definitiver Director jener Abtheilungen, indem er zugleich zum professor ordinarius avancirte. Das große geburtshülfliche Material und die zahlreichen instructiven Fälle der gynäkologischen Abtheilung zogen immer eine große Reihe junger in- und ausländischer Aerzte nach Prag, und S. wußte dieselben durch eine Reihe trefflicher Eigenschaften zu fesseln. Er war sehr redegewandt, hatte viel Humor, kritisirte scharf und treffend und wußte manche überflüssige Doctrinen mit ein paar Worten lächerlich zu machen und abzuthun. Daß er der Beobachtung des natürlichen Geburtsverlaufes sehr viel Sorgfalt widmete, die operativen Indicationen einengte, ebenso wie unnöthige Instrumente verwarf, wird mit Recht als ein Vorzug von ihm gerühmt. Wenn aber gesagt wird, seine hohe Bedeutung als Lehrer habe in der scharfen, treffenden Kritik seiner klinischen Zeitgenossen – darunter sind namentlich C. v. Braun und Scanzoni gemeint – gelegen, so darf doch nicht vergessen werden, daß S. in vieler Beziehung verbittert war, weil er erst später als die von ihm als mindergültig Betrachteten in seine Stellung kam und weil er in Prag trotz seiner großen Erfahrungen private Praxis gar nicht erlangte. Man sagte, es [106] sei von ihm das Gerücht verbreitet worden, er verschleppe das Puerperalfieber aus der Klinik in die Stadt und durch dasselbe sei ihm jede Privatpraxis entzogen worden. So viel steht fest, daß zu seiner Zeit das Puerperalfieber allerdings fast ununterbrochen in furchtbarer Weise in der Prager Gebärklinik herrschte, ferner das S. sich gegen die Semmelweis’schen Lehren erklärte, daß er „die Anaemie als die Mutter der Pyaemie“ erklärte, und die Prognose bei einer am Puerperalfieber Erkrankten um so besser stellte, je mehr Darmausleerungen sie an einem Tage hatte. Seyfert’s schriftstellerische Thätigkeit war durchaus keine hervorragende, seine wesentlichsten Schriften sind folgende: „Ein querverengtes Becken, Beendigung der Geburt durch den Beckenkanal. Verhandlungen der Phys.-med- Ges. zu Würzburg“, III, 340. 1852; „Der aufsitzende Mutterkuchen, seine Behandlung etc.“ Prag 1852, 2 Hefte; „Ueber Prolaps des Uterus, geheilt durch Retroflection.“ Prager Vierteljahrsschrift 1853, I, 156; „Klinische Bemerkungen über chronischen Uterusinfarct“. Spitalszeitung 1862, Nr. 38. Bahnbrechende Arbeiten sind nicht unter denselben zu verzeichnen und mancher seiner Zuhörer, dem seine stets wiederholten abfälligen Kritiken über andere Collegen anfangs imponirt hatten, hat später denn doch die schöne Zeit bedauert, welche in dieser Weise vergeudet wurde und es beklagt, daß eine so gut veranlagte Persönlichkeit so wenig positive Leistungen aufzuweisen vermochte. So sind denn auch von einzelnen seiner Collegen wie Hohl (Blicke auf Irrlichter. Deutsche Klinik 1853, Nr. 17) einzelne seiner Vorschläge sehr scharf gegeißelt worden. S. starb am 7. Mai 1870 an einem Magenleiden.

Kleinwächter, Prager Vierteljahrsschrift CIX, 1874, Misc. S. 4. – Gurlt-Hirsch, Biographisches Lexicon V, 379.