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ADB:Sigmair, Peter

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Artikel „Sigmair, Peter“ von Karl Sommeregger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 343–344, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sigmair,_Peter&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 08:28 Uhr UTC)
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Sigmair: Peter S., Tiroler Landesschützen-Oberlieutenant, geboren am 5. Februar 1775 zu Mitterolang als Sohn des Tharerwirths Georg Sigmair, hatte, als in den drangvollen Augusttagen des Jahres 1809 das Vaterland rief, sein ihm im gleichen Jahre angetrautes Weib verlassen und war als Oberlieutenant der Niederrasener Compagnie in die Luggau und dann auf den Kreuzberg gezogen. Im September und October war er im Ampezzo gestanden und hatte seine Pflicht gleich anderen braven Männern gethan, von denen kein Lied und keine Geschichte einzelne Züge melden. Und als in den traurigen Tagen der ersten Decemberwoche die Flamme des Aufruhrs noch einmal im Pusterthal und im Eisackthal emporschlug, da war es der junge Tharer, welchen die Führer zum Wegboten zwischen den Reiterscharen [344] um Brixen und denen in der Gegend von Brunneck ausersahen. Dadurch geschah es, daß sein Name bei Freund und Feind viel genannt wurde, was ihn in den Verdacht der Führerschaft brachte. Nach der endlichen Niederwerfung des Aufstandes übten die Franzosen fürchterliche Rache; sie ließen die Anführer des Landsturms, die sich nicht geflüchtet hatten, und auch Andere, welche ihnen gefährlich schienen, ergreifen, ihnen den Proceß machen, der gewöhnlich mit einem Todesurtheil endete, das auch vollzogen wurde. Peter S. hatte sich, Schlimmes ahnend, vor dem französischen General Broussier, dessen Rachedurst einundzwanzig Todesopfer im Pusterthale allein forderte, auf den Geiselsberg ober Olang geflüchtet. Sein 61jähriger Vater und seine junge Frau glaubten ihn schon gerettet, als die Häscher des Generals ihn nicht fanden, doch der Franzose ersann einen ebenso heimtückischen als verfänglichen Plan. Am Thomastag (21. December) erschien ein Trupp Franzosen im Tharerwirthshause und verhafteten den alten, blinden Vater, dem der Tod angekündigt wurde, falls sich der Sohn binnen drei Tagen nicht stellen würde. Kaum hatte Peter von dem unmenschlichen Ausspruch Kunde erhalten, als er augenblicklich sein sicheres Versteck verließ und von den Schwingen der Kindesliebe getragen nach Brunneck eilte, um sich dem blutigen Machthaber zu stellen. Der Vater wurde in Freiheit gesetzt, der Sohn in Ketten geschlagen. Anfänglich nach Bozen eingeliefert, wurde S. in den ersten Tagen des Januar 1810 wieder nach Brunneck zurückgebracht und schmachtete einige Zeit im Gefängnis des Schlosses. Man hätte erwarten können, der Tyrann werde seines Lebens schonen, da seine Führerschaft so unerheblich, sein thatsächliches Verschulden so gering, seine Selbststellung so entlastend und seine Kindesliebe so rührend gewesen. Allein Broussier hatte sich nach seinen eigenen Worten vorgenommen, den Tirolern die Landesvertheidigung auf hundert Jahre zu verleiden. Das Blutgericht erkannte auf Tod; vor dem eigenen Hause sollte S. erschossen und sein entseelter Körper zum abschreckenden Beispiel an einen Galgen gehängt werden, und Bauern mußten den Leichnam am Galgen durch 48 Stunden bewachen. Zu Tode beklommen, ging Sigmair’s Gattin zu Broussier und flehte um Gnade für ihren Mann; unerweicht von ihren Bitten und Thränen befahl er den Vollzug des Urtheils. Am 14. Januar früh wurde S. auf einem Protzwagen, begleitet von einer Compagnie Soldaten, nach Mitterolang gebracht. Trotz der furchtbaren Kälte mußte er die Hände während der ganzen Fahrt ausgespannt halten. Da sich im Dorfe und vor seinem Hause kein Platz fand, wo das Urtheil hätte vollstreckt werden können, führte man S. zu dem außerhalb des Dorfes gelegenen Baumgartnerhaus, vor dessen Bildstöckl fünf Soldaten ihre Gewehre auf seine Brust entluden. Sein entseelter Leib wurde an einem am Wege stehenden Feldkreuze aufgehangen. An der Stelle, wo diese Unthat geschah, erhebt sich nun eine Capelle, an deren Mauer diese Gewaltthat der Franzosen zu bleibendem Gedächtnis an die an der Spitze der Civilisation schreitenden Franzmänner dargestellt ist. – Nicht auf dem Kampfplatze, wo der Tod nur Ehrenvolles, nichts Abschreckendes an sich hat, mußte er sein Leben lassen, sondern er empfing den qualvollen und bitteren Tod durch feindliche Kugeln auf dem Richtplatze. Dieses Märtyrerthum eines Sohnesherzens verdient der Vergessenheit entrissen zu werden.

K. u. k. Kriegs-Archiv. – Teuffenbach, Vaterländisches Ehrenbuch. – Schmölzer, Andreas Hofer und seine Kampfgenossen. – Wurzbach, Biogr. Lexikon.