Zum Inhalt springen

ADB:Spehr, Friedrich Wilhelm

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Spehr, Friedrich Wilhelm“ von Moritz Cantor in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 96, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Spehr,_Friedrich_Wilhelm&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 00:53 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 35 (1893), S. 96 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Friedrich Wilhelm Spehr in der Wikipedia
Friedrich Wilhelm Spehr in Wikidata
GND-Nummer 117482560
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|35|96|96|Spehr, Friedrich Wilhelm|Moritz Cantor|ADB:Spehr, Friedrich Wilhelm}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117482560}}    

Spehr: Friedrich Wilhelm S., Mathematiker, geboren am 2. November 1799 zu Braunschweig, † am 24. April 1833 ebendaselbst. Er führte ein ziemlich unruhig bewegtes Leben. Schon als Kind zeigte er ausgesprochene Neigung zum Baufache, der er aber nicht folgen durfte, weil sein Vater, der Inhaber einer großen Musikalienhandlung, ihn zum Kaufmannsstande bestimmte. In einem Tuchgeschäfte, in welchem S. die Handlung erlernen sollte, wußte er sich so unausstehlich zu machen, daß man ihn fortschickte. Nun nahm der Vater ihn in das eigene Geschäft und suchte durch Strenge den Widerwilligen zu zwingen. S. entfloh heimlich nach Hamburg. Schon hatte er auf einem Schiffe, welches nach Amerika abzugehen im Begriffe war, Unterkunft gefunden, als der Capitän die Wahrheit aus ihm herauslockte und ihn bestimmte, reuig nach Hause zurückzukehren. Dort hatte die Flucht den Vater zwar erzürnt, aber auch überzeugt, daß es nothwendig sei, S. seinen Willen zu lassen, wenn Tüchtiges aus ihm werden sollte. Unter tüchtiger Leitung bereitete S. von 1816 bis 1817 sich so weit vor, daß er in das Braunschweiger Collegium Carolinum eintreten konnte, in welchem er anderthalb Jahre verblieb. Seine Lust zum Baufache hatte inzwischen mehr theoretischen Neigungen Platz gemacht. Er bereitete sich ein weiteres halbes Jahr mathematisch vor und ging dann Ostern 1819 auf drei Jahre nach Göttingen, wo Gauß, Harding, Tobias Mayer, Thibaut seine Lehrer waren. Neben kleineren Schriften verfaßte er alsdann den „Vollständigen Lehrbegriff der reinen Combinationslehre mit Anwendungen derselben auf Analysis und Wahrscheinlichkeitsrechnung“ (Braunschweig 1824), welcher 1840 in zweiter Auflage gedruckt wurde. Dieses Buch stellte S. in die erste Reihe der damaligen Combinatoriker und bewirkte, daß ihm schon 1825 eine neu gegründete dritte Lehrerstelle am Collegium Carolinum übertragen wurde. 1827 schloß er eine Neigungsheirath, in welcher aber bald beide Ehetheile sich so unglücklich fühlten, daß 1832 durch landesherrliche Machtvollkommenheit die Ehe wieder aufgelöst wurde. Spehr’s Gesundheit war durch häuslichen Unfrieden beeinträchtigt; Strapazen, welchen er als Leiter der braunschweigischen Triangulation, die damals im Anschlusse an die hannöverische vollzogen wurde, unterworfen war, thaten das ihrige; er starb in seinem 34. Lebensjahre. Die schon genannte Combinationslehre ist unzweifelhaft das Beste, was er geschrieben hat.

Neuer Nekrolog der Deutschen, Jahrgang 1833, S. 311–318.