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ADB:Splittegarb, Karl Friedrich

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Artikel „Splittegarb, Karl Friedrich“ von Heinrich Fechner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 235–237, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Splittegarb,_Karl_Friedrich&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 00:30 Uhr UTC)
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Splittegarb: Karl Friedrich S., geb. am 27. März 1753 zu Mittel-Steinkirch bei Lauban in Schlesien, † am 18. November 1802 zu Berlin. Wie mehreren hundert evangelischen Gemeinden Schlesiens, war auch der Gemeinde Steinkirch im Jahre 1654 durch die böhmische Remotionscommission die Kirche weggenommen worden. Als im Jahre 1742 Friedrich der Große den Wiederaufbau einer Kirche und die Anstellung eines evangelischen Geistlichen gestattet hatte, war Johann Bernhard S. (1715–65) durch das Loos das Pfarramt zu Steinkirch zugefallen. Seiner ersten Ehe mit Christiane Elisabeth Thiemann entstammte u. a. unser Karl Friedrich Splittegarb. Dieser studirte (wahrscheinlich zu Frankfurt a. O.) Theologie, kam zu Anfang des Jahres 1776 als Candidat nach Berlin und gründete hier zu Ostern desselben Jahres eine Schulanstalt für Knaben vom fünften bis zum zwölften Lebensjahre, „die höhere Knabenschule der St. Petriparochie“, welche sich bis 1820 in der Brüderstraße, hernach in der Scharrenstraße, von 1863 in der Neuen Grünstraße, also immer im Herzen der Stadt und kaum fünf Minuten vom königlichen Schlosse befand, ihre größte Schülerzahl (241) im Jahre 1849 erreichte und bis Ostern 1886 bestand. Daß die Schulverhältnisse Berlins zur Zeit der Gründung der genannten Anstalt sehr im Argen lagen, ist durch zahlreiche sichere Nachrichten bezeugt. Die vier Gymnasien, das „Berlinisch-Köllnische“, das „Joachimsthal’sche“, das „Französische“ und das „Friedrichswerdersche“ befanden sich damals trotz zum Theil hervorragender Directoren weder hinsichtlich ihrer Frequenz, noch der Tüchtigkeit ihres Lehrpersonals, der Leistungen der Schüler, sowie des sittlichen Verhaltens derselben in befriedigendem Zustande; auch die königliche Realschule hatte erst durch Esaias Silberschlag (1768) wieder auf ihre frühere Höhe zurückgeführt werden müssen. Mit dem Elementarschulwesen war es um kein Haar besser bestellt. Wie das ganze Land, so litt auch die Hauptstadt vor allem unter dem Mangel tüchtiger, für ihr Amt ausreichend vorgebildeter Elementarlehrer. Das beste Material waren noch mit Mutterwitz begabte Autodidakten, welche sich nach dem Vorbilde eines älteren Collegen oder den Anweisungen ihres Pastors das Handwerksmäßige des Unterrichts zu eigen gemacht hatten, den sie dann allerdings jahrein, jahraus im gedankenlosesten Einerlei betrieben. Wohl waren 1738 und 1760/61 Verordnungen ergangen, welche ein Examen für das Lehramt festgesetzt hatten, auch hatte man die Schulen der Aufsicht des Oberconsistoriums unterstellt, aber die Prüfungen waren nur auf dem Papiere vorhanden, und in Berlin fehlte es nicht an „Schulhaltern“, denen jede Qualification für ihr Amt gebrach, und die ohne irgendwelche Concession ihre Winkelschulen hielten und damit ihre, wenn auch zumeist nur kümmerliche Existenz fristeten. Im Jahre 1786 kamen in Berlin auf 75 unter Aufsicht der Behörde stehende deutsche und 66 französische Schulen nicht weniger als 102 Winkelschulen. Außer den Armenschulen, den Soldaten- (oder Regiments-) Schulen, der Garnisonschule, den von der Kirche abhängigen Parochialschulen, welche als öffentliche galten, bestand noch eine große Anzahl staatlich genehmigter Privatschulen von der Kleinkinderschule bis zur höheren Knaben- und Mädchenschule und den Pensionaten [236] für Halberwachsene mit Hut und Degen. Zu den Privatschulen, welche höhere Zwecke als die gewöhnlichen Elementarschulen verfolgten, den Unterricht in fremden Sprachen, Mathematik, Geographie und Geschichte in ihren Lehrplan aufnahmen, von vielen gebildeten Familien als die besten Vorbereitungsanstalten ihrer Söhne, die das Gymnasium besuchen sollten, angesehen wurden, gehörte auch die Splittegarb’sche Anstalt. Viele im Centrum der Stadt wohnende Familien haben in mehreren aufeinander folgenden Generationen ihre Kinder jener Schule zugeführt, eine Reihe hochgestellter Beamten, tüchtiger Kaufleute und Gewerbtreibenden verdankte ihre Elementarbildung der genannten Anstalt. – S. war der Verfasser einer größeren Anzahl von Schulbüchern, welche, in erster Reihe für den Bedarf seiner eigenen Anstalt berechnet, doch auch in weiteren Kreisen Verbreitung fanden. Der Werth dieser Schriften ist ungleich; einige haben sich Jahrzehnte in Gebrauch erhalten, ja geradezu neue Bahnen eröffnet, andere sind schnell der Vergessenheit anheimgefallen. Dem Unterricht im Lesen und in der deutschen Grammatik dienten folgende Schriften: „Deutsches Lesebuch für die ersten Anfänger“ (1784), „Verbessertes ABC-Spiel oder Bemerkungen für Eltern und Lehrer über das Lesenlehren und den Gebrauch des deutschen Lesebuches“ (1788), „Deutsches Lesebuch für die Jugend, I, II“ (1787–89; 5. Aufl. 1798), „Neue Bemerkungen über das Lesenlehren, die deutsche Rechtschreibung u. s. w.“ (1788). „ABC- oder erstes Schulbuch“ (1799; 3. Aufl. 1808), „Deutsche Sprachlehre für Anfänger mit Aufgaben“ (1800; 12. Aufl. 1840). An der Wende zweier Jahrhunderte erschienen, bezeichnet das letztgenannte Büchlein zugleich den Beginn einer neuen Aera für die Methodik des grammatischen Unterrichts. Allerdings hat man erst nach Jahrzehnten an S. wieder angeknüpft, ohne dabei seinen Namen zu nennen; um so nöthiger scheint es, ihn kennen zu lernen. S. beklagt sich in der Vorrede, für den ersten Unterricht in der Sprachlehre keinen Leitfaden gefunden zu haben, welcher in der Auswahl des Stoffes das richtige Maß inne hielte und im übrigen etwas anderes als ein „bloßes trockenes Skelett von Redetheilen und Regeln wäre“. Die Abstufung der Schwierigkeiten wäre mangelhaft, und „die meisten Erklärungen wären zu philosophisch für Anfänger im Denken“. Für sein Buch wählte S. „die Gesprächsform, um den trocknen Lehrton zu vermeiden, der Kinder so leicht ermüdet“. Die erste Unterhaltung wird an die bekannte Fabel „Der kluge Staar“ angeknüpft, und es ergeben sich dabei Belehrungen über die Hauptwörter und über „das dreifache Geschlecht“ derselben. Jede folgende Unterhaltung erweitert das Wissen des Schülers, und die beigefügten Uebungsstoffe dienen dazu, ihn in der Anwendung dessen zu üben und sicher zu machen, was er im Unterrichte kennen gelernt hat. Nur die Durchsicht einer Anzahl gleichzeitig erschienener, demselben Zweck bestimmter Schulbücher, die nichts anderes bieten als strohdürre Abrisse der Grammatik läßt erkennen, wie weit S. hinsichtlich der Methode des deutschsprachlichen Unterrichts seiner Zeit vorausgeeilt war. – Für den Unterricht im Französischen waren bestimmt: „Französisches ABC-Spiel oder Vorschläge, wie man das Französischlernen erleichtern könne“ (1785), „Wie lehrt man Kindern am leichtesten die französische Sprache?“ (1788), „Französisches Lesebuch für Anfänger“ (1788; 12. Aufl. 1841). In dem letztgenannten Buche, das im Laufe der Zeit stark umgearbeitet wurde, befolgte S. die sogenannte Interlinear-Methode, nur daß die Uebersetzung vom Lehrer mündlich gegeben wurde. Bezüglich seines „Lateinischen Lesebuches für Anfänger“ (1794) sagt S. ganz zutreffend: „Gewöhnlich meint man seine Sache recht schön anzufangen, wenn man mit Definitionen anfängt; diese aber machen die Begriffe wahrlich nicht deutlicher“. Leider hat er seine eigenen Worte hier so wenig befolgt wie in der ersten Ausgabe seiner „Anleitung zum Rechnen. Zwei Theile“ (1785; 10. Aufl. [237] 1837). In dem „Handbuch für Lehrer beim Unterricht im Rechnen. Zwei Theile“ (1784; 1830 u. 1835 zuletzt aufgelegt) wird das Bestreben Splittegarb’s wohl bemerkbar, den Forderungen Sulzer’s gerecht zu werden, „daß im Rechnen die Beispiele nicht aus der Luft zu greifen seien, sondern daß sie sich gleich durch wissenswerthe Angaben und Sachkenntnisse nützlich zu machen haben“. – Als „Jugendschriften“ sind anzusehen: „Taschenbuch für Kinder“ (1784; 2. Aufl. 1791) und „Neues Taschenbuch für die Jugend oder Anekdoten aus der Jugendgeschichte berühmter und guter Menschen, herausgegeben von Johann Georg Müchler (1724 bis 1819) und K. F. Splittegarb“ (1794). In Verbindung hiermit stehen die Schriften „Ueber den vortheilhaften Gebrauch des Berlinischen Taschenbuches für Kinder“ (1784) und „Fragen über den Inhalt des Berlinischen Taschenbuches für Kinder zur Beförderung einer nützlichen Selbstbeschäftigung, des eigenen Nachdenkens und der ersten Uebungen im Stil“ (1786). – Schließlich sei noch zweier Liedersammlungen gedacht: „Lieder der Weisheit und Tugend zur Bildung des Gesanges und des Herzens“ (1786; 2. Aufl. 1795) und „Heilige Lieder. Freunden der Andacht geweiht“ (1801). Die letztgenannte Sammlung, obwohl „die Frucht einer fast zwanzigjährigen Bemühung, etwas zu größerer Vollkommenheit des deutschen Kirchengesanges beizutragen“, ist völlig verfehlt. Wohl hatte der Bearbeiter nach Feinheit, Kürze, Wohlklang gestrebt, aber seine Veränderung der alten Kirchenlieder, sowie der modernen geistlichen Lieder können nur zum geringen Theile als wirkliche Verbesserungen gelten. – In demselben Jahre, in welchem S. diese seine letzte Schrift ausgehen ließ, verheirathete er sich mit Friederike Henriette Singer, der ältesten Tochter des Generalmünzmeisters Singer, aber schon im nächsten Jahre nahmen seine Kräfte merklich ab, und nach schwerem Leiden starb er an Nervenschwäche.

Dr. Heinrich Wohlthat, Die höhere Knabenschule der St. Petriparochie zu Berlin. (Festschrift 1876). – Neuestes gelehrtes Berlin II, Berlin 1795. – Dietrich Rittershausen, Beiträge zur Geschichte des Berliner Elementarschulwesens. Berlin 1865. – August Engelien, Geschichte der neuhochdeutschen Grammatik sowie der Methodik des grammatischen Unterrichts in der Volksschule (1886). – Ulrich, Bemerkungen eines Reisenden durch die Kgl. Preußischen Staaten, in Briefen. Altenburg 1779.