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ADB:Stahl, Heinrich

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Artikel „Stahl, Heinrich“ von Georg von Hertling in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 401, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stahl,_Heinrich&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 21:52 Uhr UTC)
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Stahl: Mag. Heinrich St., ein Sohn des Aeltermanns der Großen Gilde zu Reval, Heinrich St., in Reval geboren, wo er auch die Schule besuchte, studirte in Rostock, Greifswalde und Wittenberg wahrscheinlich von 1620–1623, wurde Magister und ist nach seiner Rückkehr sogleich als Pastor nach St. Matthäi in Jerwen (Esthland zerfällt in die Kreise Harrien, Wiek, Jerwen, Wirland und Allentacken) berufen und zwar von dem königlichen Commissar Adam Schrapfer, nachdem dieser die verwüstete Kirche wieder hatte herstellen lassen, und ward im Spätsommer 1623 ordinirt. Er verwaltete neben Matthäi gleichzeitig auch das benachbarte Kirchspiel St. Petri und wurde 1627 Propst in Jerwen. Von hier wurde er 1633 nach St. Katharinen in Wirland berufen und fünf Jahre darauf Dompropst in Reval und Assessor Consistorii primarius des vom Bischof Jhering restaurirten Provinzial-Consistoriums und unterschrieb sich seit 1638 „Praepositus Harriae utriusque, Assessor primarius et publicus poenitentiarius“. 1641 zum Superintendenten über Ingermanland, Karelien und Allentacken nach Narwa vocirt, richtete er unter Auspicien der Königin Christina das dasige Consistorium und die schwedische Schule ein. Später wurde er Landkirchen-Visitator in Esthland und wiederum Dompropst in Reval, starb, geadelt, am 7. Juni 1657. – Unter seinen vielen Schriften sind hervorzuheben: Dissert. de quaestione, an Moskowitae Christiani dicendi sint? Vier Theile seines Hand- und Hausbuchs für die Pfarrherren, gedruckt in Reval. Von 1641–49 erschienen drei Theile seines Laienspiegels, dessen Kosten die Königin Christina trug. Am 8. März 1641 hielt er zum Ehrengedächtniß des Grafen Mathias v. Thurn und dessen Enkel in der revalschen Domkirche die Leichenpredigt, die gedruckt worden ist. – Großer Berühmtheit erfreute er sich lange als esthnischer Schriftsteller. Sein Katechismus Lutheri war das erste esthnische Buch, das gedruckt worden war (1632). In Katharinen ließ er die erste esthnische Grammatik „Anführung zu der Esthnischen Sprach“ 1637 erscheinen und gab ein esthnisches Gesangbuch heraus, in dem er die handschriftlich vorhandenen Lieder abdruckte. Bisher galt St. als Schöpfer der esthnischen Schriftsprache, doch seit der Auffindung der 39 Predigten des Pastors zum heil. Geiste in Reval, Georg Müller, der diese zu Beginn des 17. Jahrhunderts hielt, gebührt Letzterem die Ehre. Bis in die jüngste Vergangenheit wurde auf St. als den Mann hingewiesen, der den ganzen Apparat theologischer Begriffsbildung rein entdeckt habe, aber in den Revaler Predigten des Georg Müller steht der ganze complicirte Bau schon fertig vor uns da.

(Aus Acten des Revaler Stadtarchivs und Paucker’s: Esthlands Geistlichkeit. Reval 1849.)