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ADB:Steinau, Adam Heinrich Graf

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Artikel „Steinau, Adam Heinrich Graf“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 682–684, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Steinau,_Adam_Heinrich_Graf&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 05:19 Uhr UTC)
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Steinau: Adam Heinrich Graf St., kurfürstlich-sächsischer und königlich-polnischer Generalfeldmarschall, demnächst venetianischer General, einem fränkischen Geschlechte entsprossen, dessen Stammhaus im Hennebergischen stand. St., kurz vor dem Jahre 1693 vom Kaiser in den Freiherren-, 1704 in den Grafenstand erhoben, trat zuerst in kurbaierische Dienste und befehligte in den Türkenkriegen [683] von 1685 bis 1688 eine Brigade. 1685 befand er sich bei der Belagerung von Neuhäusel, welche Herzog Karl von Lothringen am 7. Juli 1685 begann, dann bei dem Treffen von Gran, in welchem der Herzog am 16. August ein feindliches Entsatzheer schlug, und endlich am 19. August bei der Erstürmung von Neuhäusel. 1688 war er unter Kurfürst Max Emanuel von Baiern am 17. Mai bei der Eroberung von Stuhlweißenburg. 1689 gehörte er zu dem Heere des Herzogs Karl von Lothringen, welches Mainz belagerte und am 11. September durch Capitulation einnahm. 1693 trat St. in die Dienste des Freistaates Venedig. Im folgenden Jahre kämpfte er wiederum gegen die Türken; bei der im September ausgeführten Eroberung der Insel Chios befehligte er unter dem Generalcapitän Antonio Zeno den größten Theil der Truppen. Nachdem Chios 1695 wieder aufgegeben war, schlug St. auf dem festen Lande eine im Meerbusen von Napoli di Romania gelandete und bis Argos vorgedrungene türkische Heeresabtheilung; als er diese auf dem Meere verfolgte, brach auf dem Schiffe, welches er bestiegen hatte, Feuer aus; nachdem er sich auf ein anderes gerettet hatte, flog jenes in die Luft. – 1699 vertauschte er den venetianischen mit dem sächsisch-polnischen Dienste. Er ward zum Generalfeldmarschall und zum Chef des erledigten Lubomirsky’schen Cürassier-, sowie des Baireuthischen Infanterieregiments ernannt. Seine Thätigkeit hatte sich zunächst auf die Neuorganisation der Truppen zu richten, deren Zahl bedeutend vermehrt wurde, aber schon im J. 1700 ging es in den Nordischen Krieg. St. führte die sächsischen Truppen nach Livland gegen die Schweden; er befehligte hier 14 000 Mann mit 8000 Pferden, belagerte vergeblich Riga, nahm aber durch Capitulation Dünamünde und übergab am 15. Juli den Oberbefehl dem persönlich anlangenden König-Kurfürsten August II., unter welchem er sodann commandirte. Das Heer zählte 16 000 Sachsen und 6000 Lithauer. Dann wurden Winterquartiere bezogen. Am 19. Juli 1701 kam es an der Düna zum Kampfe. Steinau’s Vortruppen wurden überraschend angegriffen und geworfen, St. eilte ihnen mit dem Gros zu Hülfe, wurde aber, obgleich er persönlich mit ausgezeichneter Tapferkeit focht und mit seinen Cürassieren dreimal in die Garde des Königs eindrang, ebenfalls zum Rückzuge genöthigt und vor der Vernichtung nur dadurch bewahrt, daß König Karl XII. nicht verfolgte. St. war durch einen Schlag mit einer Muskete vom Pferde geworfen, so daß er aus dem Gefechte gebracht werden mußte. August II. ließ ihn nun nach Sachsen zurückkehren, im folgenden Jahre aber rückte er mit den sächsischen Truppen von neuem nach Polen. Am 19. Juli kam es zur Schlacht bei Klissowa. St. befehligte den linken Flügel des vom König-Kurfürsten persönlich commandirten sächsisch-polnischen Heeres. Der rechte unter General von Flemming, bei welchem August II. selbst sich befand, wurde geschlagen; St. aber drang mittelst eingeworfener Faschinen über einen von den Gegnern für unzugänglich gehaltenen Morast in den Rücken der Schweden und bedrängte sie hart, bis König Karl mit den siegreichen Truppen seines linken Flügels herankam und ihn nöthigte, dem geschlagenen Flemming zu folgen. Den Winter von 1702 auf 1703 blieb er mit den sächsischen Truppen in Polen; im März 1703 versammelte er dieselben bei Pultusk. Hier ließ er sich am 1. Mai von den Schweden derart überraschen, daß es zu keinem rangirten Gefechte kam, sondern daß schleunigst der Rückzug angetreten werden mußte. Bei Ostrolenka sammelte er die Seinen wieder, welche 1500 Mann und 16 Geschütze verloren hatten. Der König beurlaubte ihn jetzt nach Sachsen. Als hier im J. 1704 die Truppen zur Abwehr eines befürchteten (schwedischen) Einfalles in zwei Lagern bei Guben und bei Görlitz zusammengezogen wurden, befehligte St. jenes, in welchem 10 000 Mann standen und führte diese dann auf das Geheiß des König-Kurfürsten nach Polen. Hier berief ihn Letzterer zu sich nach Warschau. [684] Das Commando der von ihm befehligt gewesenen Truppen übernahm General von der Schulenburg (s. A. D. B. XXXII, 667), welcher später mit ihnen den berühmt gewordenen Rückzug nach Sachsen ausführte. Ein Jahr darauf kehrte St. dahin zurück, von wo er gekommen war, in den venetianischen Dienst; der Oberbefehl der sächsischen Truppen ward am 16. Januar 1706 dem ebengenannten Schulenburg übertragen. St. blieb nur kurze Zeit, während welcher er auf dem italienischen Festlande commandirte, im Dienste Venedigs, nahm dann seines hohen Alters wegen den Abschied, zog sich auf seine im Kreise Pilsen in Böhmen belegenen Güter zurück und starb dort im J. 1712 mit Hinterlassung eines Sohnes, welcher in venetianischen Kriegsdiensten stand. Seine Gemahlin war eine Gräfin Tauffkirchen; er besaß auch Güter bei Striegau und bei Bolkenhain in Schlesien.

Zedler’s Universal-Lexikon XXXIX. Leipzig und Halle 1744. – Geschichte der Sächsischen Armee von Schuster und Francke I, 140–166. Leipzig 1885.