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ADB:Steinhäuser, Carl

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Artikel „Steinhäuser, Karl“ von Leopold von Pezold in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 716–717, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Steinh%C3%A4user,_Carl&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 04:01 Uhr UTC)
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Steinhäuser: Karl St. wurde 1813 in Bremen als der Sohn eines Holzschnitzers geboren. Das Gewerbe des Vaters fand vor der Zeit der Dampf- und Eisenschiffe weit höhere Würdigung, als jetzt. Der Bildschnitzer fühlte sich dem Bildhauer verwandt und empfand in dem engeren und niederen Kreise seines eigenen Schaffens oft schmerzlich den Mangel an künstlerischer Vorbildung. Aus der Werkstatt eines Holz- oder Bildschnitzers in Kopenhagen war ein neuer Stern der plastischen Kunst hervorgegangen, wie sollte nicht in dem Berufskreise der Holz- und Bildschnitzer überhaupt die Hoffnung wach werden, auch in ihren Söhnen berühmte Künstler erstehen zu sehen. Steinhäuser’s Vater hatte den Vater Thorwaldsen’s in Kopenhagen kennen gelernt, als dieser die freudige Nachricht vom ersten großen Triumph seines Sohnes in Rom empfangen hatte. Es war natürlich, daß auch in Steinhäuser sen. der Gedanke sich regte, auch der Sohn, der ihm wenige Jahre darauf geboren wurde, könne einst die Höhe des Bartel Thorwaldsen erreichen. So wurde der lebhafte und geschickte Knabe schon früh vom Vater zur Kunst erzogen und von einflußreichen Persönlichkeiten seiner Vaterstadt, die in ihm den künftigen Meister erwarteten, ermuthigt und gefördert. Er begann damit, Porträtbüsten zu modelliren, von denen eine – die des Astronomen Olbers – in Rauch’s Atelier in Marmor ausgeführt wurde. Hierdurch kam St. in Beziehung zu dem berühmtesten und meistbeschäftigsten [717] deutschen Bildhauer jener Zeit, in dessen Berliner Werkstatt er 1831 als Schüler eintrat. Er arbeitete als solcher an der Ausführung der Victorien für die Walhalla zu Regensburg mit, zeigte aber schon in selbständigen Werken seine größere Anlage zu genrehaften Darstellungen, als deren erste „Der krebsfischende Knabe“ (Petersburg) Beifall errang. 1835 ging er nach Rom, wo Thorwaldsen’s Bedeutung und Einfluß damals die Plastik, zumal die deutsche Plastik beherrschte. Man pries den Greis als den wiedergeborenen Griechen, als den Regenerator der echten Antike. Die Bildhauerei schien nur in der Mythologie, im Alterthum oder in den monumentalen Urgestalten des Christenthums ihre Stoffe finden zu können. St. aber folgte der Richtung, die seine Begabung ihm vorschrieb: er hielt sich – mit wenigen Ausnahmen – der Versuchung fern, dem Pathos und großen Stil Ausdruck zu geben. Schon die Gegenstände seines Schaffens bezeichnen das natürliche Gebiet seines Könnens, ebenso weist aber auch die Ausführung seiner einzelnen Werke auf die ihm zunächst liegenden Stoffe hin: „Ein Mädchen, dem geheimnißvollen Rauschen lauschend, das aus einer Muschel tönt“, „Ein Knabe, der mit Kugeln spielt“ (Berlin), „Ein Angler“ (Oldenburg), „David als Hirtenknabe“, eine „Psyche in Fesseln“ und „Pandora“ (alle drei in Bremen), „Hero und Leander“ (Schwerin), „Judith mit dem Haupte des Holofernes“, „Deborah“, „Mignon“, „Ein Blumenmädchen“, eine „Caritas“ – es sind alles Motive, welche der romantischen, leidenschaftlichen Anlage des Künstlers entsprechen, alle aber auch eine feine und gefällige Formgebung und zierliche Ausführung verlangen und unter seiner Hand sie finden. In der Technik der feinsten Marmorbehandlung hatte St. bald volle Meisterschaft erlangt. Die schönsten seiner Werke finden sich im großherzoglichen Schlosse zu Karlsruhe: der „Violinspieler“ und eine „Psyche“, Gestalten von außerordentlicher Grazie und vollendetster Behandlung des wechselnd matt und glänzend behandelten Steins. In Karlsruhe fand seine Thätigkeit auch als Lehre und Vorbild ein neues Feld. Steinhäuser wurde 1864 an die dortige Kunstschule als Professor der Bildnerei berufen und wirkte daselbst bis zu seinem Tode (1878). Dort finden sich auch zwei Gruppen aus seiner späteren Zeit, „Hermann und Dorothea“ im Schloßgarten und zwei Jünglinge im Gespräche, „Orest und Pylades“ bezeichnet, vor dem Gebäude der großherzoglichen Sammlungen, beides Arbeiten von minderem Werthe, doch noch trefflich in der Ausführung. Als kleinere Arbeiten sind Grabmäler und Karyatiden (Palais Douglas) zu nennen, welche zwar auch den bekannten Sinn Steinhäuser’s für körperliche Schönheit zeigen, doch nicht gerade geeignet gewesen wären, des Künstlers Ruf zu begründen. Aehnliches gilt von den Monumenten Olbers und Smidt in Bremen und Hahnemann in Leipzig. Endlich ist noch die große Gruppe Goethe’s mit der Psyche, wol auch als Mignon gedeutet (Weimar), zu erwähnen, die auf Anregung Bettinens zurückzuführen ist. Für die Darstellung religiöser Stoffe, welche St. versuchte, fehlte ihm als Convertiten der katholischen Kirche die Freiheit der persönlichen religiösen Vertiefung.