ADB:Stern, Sigismund
Hegel, Schelling, Schleiermacher u. A. seine Lehrer. Nach Absolvirung der Universitätsstudien übernahm er, als der jüdische Geschichtschreiber I. M. Jost am 1. Juli 1835 einem Rufe als Lehrer an die Realschule der israelitischen Gemeinde (Philanthropin) nach Frankfurt a. M. folgte, die von diesem bis dahin in Berlin geleitete „Höhere Schul- und Pensionsanstalt für Knaben“. Eine tiefeingreifende Bedeutung für die Entwicklungsgeschichte des Judenthums erlangte St. durch die im Winter 1844 in Berlin gehaltenen Vorlesungen über „die Aufgabe des Judenthums und seiner Bekenner“, durch welche der Impuls zur Gründung der „Genossenschaft für die Reform des Judenthums“ gegeben wurde, aus der sich später die „jüdische Reformgemeinde“ in Berlin entwickelte. Im J. 1844 erschien St. als Vertreter dieses Berliner Reformkreises auf der Rabbinerversammlung in Frankfurt a. M. Die jüdische Reformgemeinde in Berlin übertrug St. das Präsidium. In dieser Eigenschaft redigirte er das Gebetbuch, organisirte den Gottesdienst und war gleichzeitig nach Aufgabe seiner Pensionsanstalt Lehrer an der von der Reformgenossenschaft gegründeten Religionsschule. [110] Um den Ideen der Reform weitere Kreise zu gewinnen, hielt St. in Berlin „Vorlesungen über die Geschichte des Judenthums“ und über „die Religion des Judenthums“. Im J. 1855 folgte St. einem Rufe als Director an die Realschule der israelitischen Gemeinde in Frankfurt a. M., wo er eine anregende pädagogische, schriftstellerische und rednerische Thätigkeit entfaltete. Er wurde auch in Frankfurt a. M. in die gesetzgebende Versammlung berufen. Er betheiligte sich als hervorragendes Mitglied an der allgemeinen deutschen Lehrerversammlung, und seine gehaltvollen, glanzvollen Reden verfehlten nirgends ihren Eindruck. St. war zum Organisator geschaffen und wirkte in Wort und Schrift sehr anregend auf weitere Kreise. Er besaß ein ideales, sittliches Streben, unbeugsamen Muth, consequent das im Geiste Erschaute zur That zu gestalten, und die Gewandtheit, Klardurchdachtes in ansprechender Form einem großen Hörer- und Lehrerkreise zugänglich zu machen, und seine hervorragende Begabung bewährte sich in Wort und Schrift, wenn er Fragen der Erziehung, der Politik oder die nationale Geschichte behandelte.
Stern: Sigismund St., Pädagog und Schriftsteller, geboren am 2. Juli 1812 zu Karge, † am 9. Mai 1867 zu Frankfurt a. M. In seiner ersten Jugendzeit widmete er sich dem Studium des Talmud, besuchte das Gymnasium zu Groß-Glogau und später das Joachimsthal’sche Gymnasium zu Berlin, das er Ostern 1831 verließ. An der Universität in Berlin waren- Dem Andenken des Director Dr. Sigismund Stern. Einladungsschrift zu der öffentlichen Prüfung der Bürger- und Realschule der israelitischen Gemeinde Frankfurt a. M. 1868 von Dr. Jakob Auerbach. – Mittheilungen an die Mitglieder des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde in Frankfurt a. M. Band III, Nr. 3.