Zum Inhalt springen

ADB:Taxis, Leonard II. Graf von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Taxis, Leonard II. Graf von“ von Josef Rübsam in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 516–517, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Taxis,_Leonard_II._Graf_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 11:48 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 37 (1894), S. 516–517 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Leonhard II. von Taxis in der Wikipedia
Leonhard II. von Taxis in Wikidata
GND-Nummer 117615161
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|37|516|517|Taxis, Leonard II. Graf von|Josef Rübsam|ADB:Taxis, Leonard II. Graf von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117615161}}    

Taxis: Leonard II., Graf von T., Sohn des Lamoral (S. 508), geboren zu Brüssel am 5. Juli 1594, zeigte hervorragende Anlagen, welche durch seinen Fleiß sich rasch entfalteten. Schon als Jüngling beherrschte er die wichtigsten europäischen Sprachen in Rede und Schrift und zeigte eine seltene Reife des Urtheils. Sein hochgebildeter Großvater Leonard I. (S. 514), der trotz seiner vielgestaltigen Geschäfte Zeit und Muße fand, seinen Sinn für Kunst und Wissenschaft zu bethätigen, leitete seine Erziehung, während sein Vater das Hofpostamt in Prag bekleidete. Schon vor dem Tode seines Vaters nahm sich Leonard II. mit der Kraft und dem Eifer eines zielbewußten von edlem Pflichtgefühl durchdrungenen Mannes der von Lamoral vernachlässigten Geschäfte an. Das Generalat über die Reichsposten festigte er durch Auflösung der Postämter zu Köln und Frankfurt a. M., welche der Familie Hennot verfallen waren. Das niederländische Generalat gewann durch die unmittelbare Verbindung des zuvor von einer Nebenlinie des Taxis’schen Hauses verwalteten Postamtes zu Antwerpen mit demselben ganz beträchtlich an Einkünften.

Mit dem Freiherrn v. Paar als dem Obersthofpostmeister in den Erblanden des Kaisers wurde nach langem Streite ein Abkommen getroffen. Auf die Erweiterung des Generalates im Reiche, dessen Umfang von der Nordsee bis zur Adria reichend, damals die Hauptpostämter Augsburg, Rheinhausen, Frankfurt a. M., Köln, Hamburg, Leipzig, Nürnberg und Venedig umschloß, war Leonard II. unablässig bedacht. Voll großer Entwürfe für die Ausbreitung des Postregals, wozu namentlich auch die Erfolge der kaiserlichen Waffen lockten, wurde Leonard II., der vom Kaiser Ferdinand II. sehr hochgeschätzt und zum Kämmerer ernannt worden war, mitten in seinem rastlosen Wirken am 23. Mai 1628 zu Prag vom Fieber hinweggerafft, als sein einziger Sohn Lamoral Claudius Franz (S. 510) erst im achten Lebensjahre stand.

Kurz vor seinem Tode erklärte sich Leonard II. bereit, „zum Besten des Kaisers und des Königs von Spanien und des ganzen gemeinen Wesens“, von Augsburg aus über Lindau bis nach Mailand einen neuen Postkurs anzulegen, da die Posten von Trient nach Italien wegen der dort entstandenen Unruhen in Gefahr seien. Leonard II. erlebte noch die Freude, vom Kaiser an diejenigen Reichsstände Promotorialschreiben zu erlangen, durch deren Territorium diese Route gehen sollte.

Am 1. August 1628 bestätigte Kaiser Ferdinand II. „als aller Wittib und Waisen im heiligen Reich obrister Vormünder“ die Wittwe Leonard’s II., Alexandrine de Rye, als Vormünderin über ihren Sohn und übertrug derselben die Administration des deutschen Generalates. Auch König Philipp IV. von Spanien überließ der umsichtigen und thatkräftigen Wittwe die oberste Leitung [517] der Posten in den Niederlanden, Burgund und Lothringen. Ihr Bestreben war naturgemäß mehr darauf gerichtet, das durch Leonard II. zu hoher Blüthe gediehene Werk zu erhalten, als die Generalate durch neue Anlagen zu erweitern. Das siegreiche Vorbringen der Schweden wurde für die kaiserlichen Posten verhängnißvoll. Ueberall wurden die Taxis’schen Postmeister vertrieben, so Sieber in Leipzig und Vrintz in Frankfurt a. M. Die Verbindung zwischen den Niederlanden und Italien war zeitweise ganz unterbrochen oder mußte auf großen Umwegen aufrecht erhalten werden. Die infolge des großen Krieges nothwendigen Aenderungen des Postenlaufes hatten bis zum Jahre 1634 einen Mehraufwand von über 100 000 Gulden verursacht. Trotz aller Stürme, welche das Generalat umtobten, gelang es der weisen Mäßigung der Vormünderin Alexandrine de Rye, die Taxis’sche Postanstalt ihrem vielversprechenden Sohne Lamoral Claudius Franz (S. 510) zu erhalten, welcher mit seinem fünfundzwanzigsten Jahre (1646) das Erbe seines Vaters in Deutschland, den Niederlanden, Burgund und Lothringen antrat. Noch unter den Auspicien der segensreichen Vormundschaft erschien das monumentale Prachtwerk: „Les marques d’honneur de la maison de Tassis. Anvers 1645“, welches den Kanonikus der Metropolitankirche zu Besançon, Julius Chifletius, zum Verfasser hatte, den Philipp IV. im J. 1648 zum Kanzler des goldenen Vließes erhob.

Chifletius, 158 ss.Lünig, Teutsches Reichs-Archiv. Pars generalis I, 448 ff. – G. Schäfer, Geschichte des Sächsischen Postwesens, S. 66 ff. Dresden 1879. – B. Faulhaber, Geschichte der Post in Frankfurt a. M. Im Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst X, 42 ff. Frankfurt a. M. 1883. – Rübsam, Zur Geschichte des Verkehrs im Elsaß und in Lothringen. Im Archiv für Post und Telegraphie. Jahrg. 1893, S. 458 ff. Berlin 1893.