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ADB:Trautson, Johann Joseph Graf

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Artikel „Trautson v. Falkenstein, Johann Joseph Graf“ von Cölestin Wolfsgruber in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 520–522, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Trautson,_Johann_Joseph_Graf&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 20:10 Uhr UTC)
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Trautson: Johann Joseph Graf T. v. Falkenstein, Cardinal und Fürsterzbischof in Wien, Neffe des dortigen Fürstbischofs Ernst Grafen Trautson († 1702), wurde am 17. Juli 1707 geboren. Nachdem er sich aus Neigung den Priesterstand erwählt, wurde er rasch Domherr von Salzburg, Passau und Breslau, Propst zu Ardagger und Abt zu Sexard. 1743 ernannte ihn der Fürstbischof von Passau zu seinem Official in Niederösterreich, 1750 nahm ihn Cardinal Sigismund Graf Kollonitz zum Coadjutor mit dem Rechte der Nachfolge. Schon im nächsten Jahre folgte T. wirklich als Fürsterzbischof von Wien. Da das Bisthum unzureichend ausgestattet war, genoß er auch noch die Einkünfte der Propsteien Sexard und Ardagger nebst 6000 fl. Pension.

Gleich nach seinem Regierungsantritte gab er dem Clerus strenge Vorschriften über das clericale Leben und verbot seinen Geistlichen insbesondere, „ohne Mäntl und Collarien, mit Halstüchern und eingepulverten Haaren und Peruquen, mit Ringen an den Fingern, ganz abgekürzten offenen Westen und Röcken und zwar von verschiedenen Farben herumzugehen“. Am 1. Januar 1752 erließ er einen vielgenannten Hirtenbrief. In demselben werden für die Verwaltung des Predigtamtes allerdings gedeihliche Mahnungen gegeben; doch einzelne davon waren, zumal in aufgeregter Zeit, einer Mißdeutung nicht ungünstig. So wenn es heißt: „In jenen unseligen Zeiten, als die Kirche Gottes [521] in unserm Deutschlande greulich getrennt war, verargte man es den geistlichen Rednern, daß sie von Heiligen, von Ablässen und Rosenkränzen, von Bildern, von Processionen und derley gleichgültigen Dingen weitschweifig predigten, von Christus hingegen und den Glaubenswahrheiten schier keine Meldung machten. Wir vernehmen, daß dieser Fehler durch einige Prediger aufs neue hervorsprosse, welche von den Heiligen beredsam sind, dahingegen von dem Heiligen der Heiligen verstummen, welche die Verehrung der entweder wirklich oder vermeintlich wunderthätigen Gnadenbilder aus allen Kräften empfehlen und Christum, die Quelle aller Gnaden, die einzige Ursache unserer Rechtfertigung und unseres Heiles hintansetzen. Wir hören ferner, daß einige Prediger von einem unbescheidenen Eifer hingerissen, wider die höchsten Obrigkeiten, wider die dermalige Regierungsverfassung, wider die öffentlichen Verordnungen und Einrichtungen, wider die beschwerlichen Auflagen des gemeinen Wesens, sehr hitzig losziehen und poltern. Ja das Volk läuft sich aus dem Athem, um das Wort Gottes zu vernehmen. Aber wie entspricht der Erwartung so vieler Seelen ein Prediger, aus dessen Munde nichts als eitle und gedankenlose Spitzfindigkeiten, kurzweilige oder gar anstößige Dichtereinfälle, kühne und abgeschmackte Verblümeleien hervorgehen? Wie, wenn die Prediger in ihrer Vermessenheit so weit giengen, daß sie damit prahlten, daß sie von anderen apostolischeren Verkündigern des göttlichen Wortes das Volk abwendig machen, zu ihrem Gaukelspiele eine größere Horde versammeln und den muthwilligsten niedrigen Pöbel zu einem lauten Gelächter bringen. Diese Leute sollte man nicht allein von der Kanzel verjagen, sondern auch eines nicht kleinen Verbrechens belangen.“ Dieser Hirtenbrief machte viel von sich reden, wurde ins Deutsche übersetzt, Joseph II. befahl „zur Hintanhaltung sträflicher Anstößigkeiten“ dem Consistorium 1782 die Republicirung desselben. (Migazzi, Saulgau 1890. S. 616 ff.) Auch aus dem Grunde wurde T. vielseits „als geheimer Protestant“ angegriffen, weil er nicht gegen die Abschaffung einiger Feiertage Stellung nahm und den Eid beseitigte, durch welchen die Protestanten im Falle des Uebertrittes ihre bisherige Confession förmlich abzuschwören genöthigt waren; obwohl die Abschaffung dieses Eides gerade den Uebertritt erleichtern sollte.

T. war ein sehr gelehrter Prälat, Doctor der heiligen Schrift, der hebräischen und der griechischen Sprache kundig. Seine Bibliothek, welche bei der Verlassenschaftsabhandlung auf 6000 fl. geschätzt wurde, bildet einen schönen Theil der Bibliothek des Wiener Bisthums. Als Maria Theresia die würdigere Unterbringung der Universität befahl, übertrug sie die Ausführung dieser Angelegenheit dem Fürsterzbischof T. Er entledigte sich des Auftrages zur vollen Zufriedenheit der Kaiserin (Arneth, Maria Theresia IV, 119. 518). Gerhard van Swieten sollte nur einen Plan zur Hebung des medicinischen Studiums ausarbeiten, machte aber bald Vorschläge zur Reformirung des ganzen Universitätswesens in den habsburgischen Ländern. 1752 erschienen für die philosophische und theologische Facultät neue Studienpläne, auch sollte von nun an die Regierung die Directoren der einzelnen Facultäten ernennen, was dazu gebraucht wurde, daß schon 1759 die Directoren der philosophischen und theologischen Facultät, welche Jesuiten waren, durch Weltpriester ersetzt wurden (Cardin. Migazzi l. c. 290 f.). Die vier Studiendirectoren unterstellte die Kaiserin dem Fürsterzbischof T. als Protector, „in Ansehung seiner stattlichen Gelehrsamkeit, gründlichen Einsicht und des für die Aufnahme der Wissenschaften vielfach bezeugten ruhmwürdigen Eifers“. Der Fürsterzbischof war es auch, der die Instruction für den Director der theologischen wie der philosophischen Facultät entwarf und dringend rieth, an die juridische Facultät auswärtige Gelehrte zu berufen, indem durch einen berühmten Lehrer mehr als 10 000 fl., falls man [522] ihm einen so großen Gehalt geben müßte, durch die Fremden, welche kommen würden, ihn zu hören, ins Land gezogen würden. Es sei auch das einer der Vortheile, die das Aufblühen der Wissenschaften überall mit sich bringe. Maria Theresia resolvirte: „Ich muß bekennen, daß ich völlig dem Erzbischofe beifalle“ (Arneth, l. c. 121). Der Würde eines Cardinals, zu welcher der gelehrte Papst Benedict XIV. T. am 5. April 1756 erhob, sollte sich dieser nicht lange freuen. Er wurde noch im selben Jahre vom Schlage gerührt und starb nach viermonatlichem Krankenlager am 10. März 1757. Sein Leib ruht neben dem seines Vetters Ernst im Presbyterium der Stephanskirche. Wegen der Erbschaft Trautson’s hatte sein Nachfolger im Amte, Migazzi, lange Verhandlungen zu führen mit dem Erben Johann Wilhelm Fürsten v. T. Migazzi l. c. 84.

Vgl. Jos. Maurer, Regesten zur Geschichte des Cardinals und Fürsterzbischofs Joh. Jos. Trautson im Wiener Diöcesanblatt 1892. S. 73–83.