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ADB:Tschirschnitz, Wilhelm von

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Artikel „Tschirschnitz, Wilhelm von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 725–726, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tschirschnitz,_Wilhelm_von&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 19:13 Uhr UTC)
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Tschirschnitz: Ernst Heinrich Wilhelm v. T., königlich hannover’scher General der Infanterie, am 16. Mai 1796 zu Fraustadt im Posen’schen als der Sohn eines Geistlichen geboren, wollte sich dem Stande seines Vaters widmen, als die in Aussicht stehenden Befreiungskriege ihn zum Soldaten machten. Er ging zu Dörnberg, welcher damals an der Niederelbe stand, ward im April 1813 als Kadet in dem neuerrichteten Infanteriebataillone der Bremen und Verden’schen Legion, welches bald die Benennung „Leichtes Bataillon Bremen und Verden“ erhielt, angestellt und nahm mit diesem, bald zum Fähnrich und schon am 13. August zum Premierlieutenant befördert, an dem Feldzuge des Wallmoden’schen Corps in Mecklenburg und demnächst in Holstein theil. Im Gefechte von Groß-Boden wurde er am 4. Dec. 1813 durch einen Schuß in den Arm verwundet. Nachdem er bei Waterloo mitgefochten hatte, kam er bei der nach Abschluß des zweiten Pariser Friedens und der Verschmelzung der englisch-deutschen Legion mit den hannoverschen Truppen vorgenommenen Neugestaltung der Armee in das 7. Infanterieregiment, ward am 26. September 1826 Kapitän und 1831 zum Brigade-, 1833 zum Divisionsadjutanten ernannt. In der [726] Adjutantenlaufbahn, für welche ihn Fleiß und Ordnungssinn befähigten, ist er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienste geblieben, indem er am 1. Mai 1838 zur Generaladjutantur versetzt wurde, im October 1850, als General Jacobi (A. D. B. XIII, 596) Kriegsminister geworden war, die Führung der Geschäfte jener Behörde übernahm und am 28. Mai 1853 zum wirklichen Generaladjutanten und zugleich zum Obersten ernannt wurde. In dieser Stellung, welche ihn zur Oberleitung aller Commando- und persönlichen Angelegenheiten berief und nur in Verwaltungssachen dem Kriegsminister eine Theilnahme an den das Heerwesen betreffenden Fragen überließ, hat er vielfach sehr ungünstige Beurtheilung erfahren. Am lautesten und in wenig würdiger Weise geschah es durch einen überspannten früheren Officier, den Premierlieutenant a. D. Staats Nanne, welcher deshalb in Untersuchung gezogen, seinem Leben im Gefängnisse ein Ende machte, in zwei von diesem veröffentlichten Druckschriften „Oeffentliche Begründung der Klage bei dem Hannoverschen General-Kriegsgericht gegen den Generallieutenant und Generaladjutanten v. Tschirschnitz“, gr. 8°, Berlin 1864 (Fernbach) und „Briefe aus den Welfischen Landen im 19. Jahrhundert. Ein Ruf an die öffentliche Meinung für Sittlichkeit und Gemeinwohl“. 8°. Berlin 1864 (Fernbach). Daß die vielfach gehegten Zweifel an Tschirschnitz’s Befähigung für sein Amt der Begründung nicht entbehrten und daß die sehr verbreitete Ansicht, er sei ein fleißiger und gewissenhafter Bureauarbeiter, es fehlen ihm aber militärische Einsicht und Verständniß für die Ansprüche der Zeit an kriegsgemäße Gestaltung des Heerwesens berechtigt war, haben manche ganz unzweckmäßige Einrichtungen und der wenig schlagfertige Zustand bewiesen, in welchem die hannoverschen Truppen 1863 aus Anlaß der Bundesexecution in Holstein und namentlich 1866 zum Kriege gegen Preußen ausrückten. Auch ging ihm der Mannesmuth ab gegenüber seinem Kriegsherrn, dem Könige Georg V., der trotz seiner Blindheit auch in militärischen Dingen ein unfehlbar richtiges Urtheil zu haben glaubte, eine abweichende Meinung zu äußern oder eine selbständige Ansicht zu vertreten. Beim Könige stand er in hohen Gnaden, was ihm dieser unter anderem dadurch bewies, daß er ihm im Mai 1856 den Adel verlieh, eine in Hannover sehr seltene Gunstbezeigung. – Das Jahr 1866 brachte einen jähen Wechsel. Als über Nacht Krieg geworden war, sollte eine Erneuerung und Verjüngung der in den höchsten Stellen der Armee thätigen Persönlichkeiten helfen. Eine ganze Reihe der älteren Generale wurde, als der König am 17. Juni 1866 in Göttingen angelangt war, in den Ruhestand versetzt. Unter ihnen befand sich der Generallieutenant v. T.; es geschah „in Anerkennung der ausgezeichneten in seiner Eigenschaft als Generaladjutant geleisteten treuen Dienste“ unter Ernennung zum General der Infanterie; die Dienstentlassung wurde außerdem bewilligt, „weil sie aus Gesundheitsrücksichten wiederholt erbeten sei“. Nach dem Aufhören der Selbständigkeit des Königreichs Hannover nahm General V. T. seinen Wohnsitz in Dresden, wo er am 22. Juni 1873 gestorben ist. – Von ihm rührt die ohne Nennung seines Namens zu Hannover am 9. August 1856 (Schrift und Druck von Fr. Culemann) erschienene Schrift „Einige Worte über die exorbitanten Forderungen, welche von Seiten der königlich hannoverschen Regierung bezüglich des Militairs in den Vorlagen an die jetzt tagende allgemeine Ständeversammlung gerichtet worden sind“.