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ADB:Uchatius, Franz Freiherr von

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Artikel „Uchatius, Franz Freiherr von“ von Julian Pallua-Gall in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 122–123, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Uchatius,_Franz_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 21. Dezember 2024, 17:15 Uhr UTC)
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Uchatius: Franz Freiherr v. U., k. k. Feldmarschalllieutenant, geboren zu Theresienfeld in Niederösterreich am 20. October 1811, † zu Wien am 4. Juni 1881. Als Sohn eines k. k. Straßenbaucommissärs trat U. im J. 1829 aus dem Gymnasium zu Wiener-Neustadt als Cadetunterkanonier in das 2. Artillerieregiment und erhielt seine mathematisch-technische Ausbildung in der Schule des Bombardiercorps; nach Beendigung dieses Curses versah er in der chemisch-physikalischen Lehranstalt durch zwei Jahre behufs praktischer Ausbildung die Stelle als Laborant und fungirte hierauf noch durch 4 Jahre als Adlatus des Professors. Seit dem Jahre 1837 Feuerwerker, wurde U. 1841 in die k. k. Geschützgießerei übersetzt und beschäftigte sich vornehmlich mit Lösung von Problemen, die sich auf Erzeugung und Prüfung von Geschützmetallen und Schießmitteln bezogen; so legte er hier den ersten Grund zu seiner später so bedeutenden Erfindung.

Am 11. Juli 1843 zum Lieutenant in der Stuckgießerei in Wien, 1848 zum Oberlieutenant im 3. Feldartillerieregiment befördert, machte er den Feldzug 1848–1849 in Italien mit. Im Jahre 1851 ward er zur Zeugsartillerie übersetzt und blieb fortan in der Geschützgießerei in Verwendung, wo er am 1. Mai 1851 zum Hauptmann, am 11. December 1860 zum Major, am 13. August 1863 zum Oberstlieutenant, und am 8. Februar 1867 zum Obersten befördert und am 1. Juli 1871 zum Commandanten der Artilleriezeugsfabrik ernannt wurde, welche Stellung er bis zu seinem Tode inne hatte, und in derselben am 1. November 1874 zum Generalmajor, am 1. Mai 1879 zum Feldmarschalllieutenant vorrückte. Die rastlosen Studien, welche U. auf dem Gebiete der Chemie betrieb, führten ihn zu vielen Erfindungen und Verbesserungen im Artilleriematerial. Schon als Feuerwerker war er im J. 1838 einer der Ersten, welcher Daguerreotypien und Papierlichtbilder erzeugte. Im J. 1844 projectirte er die ersten Frictionszünder und richtete eine neue Methode der quantitativen Bestimmung des Kohlenstoffes im Roheisen ein, was eine bedeutende Verbesserung in der Erzeugung eiserner Kanonen zur Folge hatte. Bei der Belagerung Venedigs 1849 construirte U. zum Bombenwerfen auf große Distanzen papierene Ballons, welche sich außerordentlich bewährten. Nach dem Feldzuge bereiste U. in den Jahren 1850 und 1851 zur Vervollständigung seiner technischen Kenntnisse das Ausland und verwerthete die gesammelten Erfahrungen beim Entwurf und der Einrichtung der Geschützgießerei sowie der übrigen Werkstätten im k. k. Arsenal. In diese Zeit fällt auch die Construction mehrerer Apparate zur Prüfung der Geschützmetalle. Im Jahre 1856 trat U. mit einer neuen Methode der Stahlerzeugung durch directe Bereitung des Gußstahls aus dem Roheisen auf, 1864 erzeugte er eine Pulverprobe und construirte einen ballistischen Apparat. Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien ernannte ihn in dieser Zeit zu ihrem correspondirenden Mitgliede. Die bedeutendste seiner Erfindungen jedoch, welche seinem Namen einen Weltruf verschaffte, ist die Verwendung der Stahlbronce als Geschützmaterial. Bei der geringen Stahlindustrie in Oesterreich war man bisher bei Erzeugung des schweren Artilleriematerials größtentheils an das Ausland gewiesen. Die Verwerthung der von U. im Beginne der 70er Jahre erfundenen Stahlbronce machte jedoch Oesterreich in dieser Beziehung [123] vom Auslande unabhängig. Das erste Geschütz aus Stahlbronce wurde im J. 1874 gegossen und schon zwei Jahre später war die Herstellung der neuen Geschütze vollendet; gleichzeitig wurden auch die Ringhohlgeschoße eingeführt. Die treffliche Eignung der Stahlbronce zum Guß der Feldgeschützrohre veranlaßte U., sein Material auch bei Erzeugung der 12 cm, 15 cm und 18 cm Belagerungskanonen zu verwerthen und wurde die Einführung derselben auch am 8. Mai 1881 sanctionirt; bei den Küstenkanonen hatten jedoch die angestellten Versuche nicht den von U. gehofften Erfolg und der kurz darauf erfolgte Tod des greisen Generals machte weiteren Versuchen ein Ende.

Uchatius’ für die Artilleriewaffe so hervorragendes Wirken wurde von Kaiser Franz Josef wiederholt anerkannt; so erhielt U. im J. 1856 gelegentlich des Artilleriearsenalbaues den Orden der eisernen Krone 3. Classe, infolgedessen er in den Ritterstand erhoben wurde, im J. 1864 wurde ihm „in Anerkennung des sehr verdienstvollen Wirkens und der besonderen Thätigkeit auf dem Gebiete der Artilleriewaffe überhaupt, dann insbesondere bei Zustandebringung des neuen Geschützsystems und Beschaffung des hiezu erforderlichen Materials“ der Ausdruck der Allerh. Zufriedenheit bekannt gegeben, 1875 „in huldvollster Anerkennung der bei Beschaffung des neuen Feldartilleriematerials erworbenen großen Verdienste um Staat und Heer“ das Commandeurkreuz des St. Stefanordens und kurz darauf die geheime Rathswürde verliehen; auch wurde ihm eine lebenslängliche jährliche Personalzulage von 2000 fl. angewiesen und als Commandeur des St. Stefanordens ihm der Freiherrenstand zuerkannt. Im Jahre 1877 erhielt er gelegentlich seines 50jährigen Dienstjubiläums den Orden der eisernen Krone 2. Classe.

U., der hervorragende Artilleriegeneral, endigte sein thaten- und erfolgreiches Leben vorzeitig, indem er am 4. Juni 1881 selbst Hand an sich legte. An diese so unerwartet eingetretene Katastrophe knüpften sich eine ganze Menge von Gerüchten und Vermuthungen über die Gründe, welche den verdienten General zum Selbstmord getrieben haben sollten; über die Motive seiner That hinterließ U. keinerlei Andeutungen oder Aufzeichnungen. Die Obduction der Leiche ergab vernarbte akute Magengeschwüre, die sich zu einem Magenkrebs auszubilden drohten. Die Kenntniß dieses unheilbaren Leidens mag wohl dem greisen Mann die Todeswaffe in die Hand gedrückt haben; sicherlich aber hat Entmuthigung darüber, daß die unternommene Aufgabe aus Stahlbronce auch die schweren Küstengeschütze zu erzeugen, da die wenige Tage vor seinem Tode vorgenommenen Versuche geringe Aussicht auf Realisirung boten, zu dem unheilvollen Entschlusse beigetragen. Die sterbliche Hülle wurde mit allen militärischen Ehren vom Arsenale, der Stätte seines erfolgreichen Wirkens, am 7. Juni 1881 auf den Centralfriedhof gebracht, und dort zur ewigen Ruhe gebettet. FML. U. war seit dem Jahre 1842 mit der Hauptmannstochter Anna Brandl vermählt und hinterließ einen Sohn und zwei Töchter. Von der Armee und seiner Waffe aufrichtig betrauert, hat deren Pietät ihm ein schönes Denkmal gesetzt. In der ungeheuern Nekropole der Residenz erhebt sich unter den Ehrengräbern ein schlank aufsteigender Obelisk mit dem wohlgetroffenen Reliefbilde des Verstorbenen.

Acten des k. u. k. Kriegsarchivs. – Wurzbach, Biogr. Lexikon 48. Bd. – Wiener Zeitung und Abendpost 1881. – Militär-Zeitung 1881. – Wehr-Zeitung 1881.