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ADB:Vest, Lorenz Chrysanth Edler von

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Artikel „Vest, Lorenz Chrysanth Edler von“ von Anton Schlossar in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 651–653, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vest,_Lorenz_Chrysanth_Edler_von&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 19:12 Uhr UTC)
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Vest: Lorenz Chrysanth Edler v. V., Botaniker, Arzt und Dichter, wurde am 18. November 1776 zu Klagenfurt als Sohn eines ausgezeichneten Arztes, der wegen seiner Verdienste in den Adelstand erhoben worden war, geboren, zuerst in seiner Vaterstadt und sodann im Gymnasium der Graf Rupertinisch-Lodronischen Stiftung zu Salzburg erzogen, woselbst er schon ausgezeichnete Befähigung sowie auch die Anlage zur Poesie zeigte. In Klagenfurt vollendete V. die sog. philosophischen und begann in Wien medicinische Studien, die er später auf der Hochschule zu Freiburg i. B. fortsetzte und 1798 daselbst zum [652] Doctor promovirt wurde. Die eigenthümlichen politischen Verhältnisse jener Zeit und die lächerlich strengen polizeilichen Anschauungen legten aber dem Fortkommen des jungen Mannes, welcher mehrere begeisterte Freiheitsgedichte verfaßt hatte, als dieser nach Wien zurückkehrte, ganz seltsame Hindernisse in den Weg. Er wurde jener Gedichte und wahrscheinlich verschiedener Verdächtigungen wegen daselbst plötzlich polizeilich verhaftet und auf lebenslang zum Militär abgestellt. Auf diese Weise kam er 1799 nach Italien, machte die Schlacht bei Magnano und die Belagerung von Mantua mit, wobei er allerdings als Arzt verwendet wurde und blieb zuletzt krank in Venedig. Zum Glück gelang es dem Einwirken von Verwandten im J. 1800 bei Kaiser Franz die Entlassung Vest’s aus dem Militärdienst zu erlangen. Dieser legte den Weg von Venedig bis Klagenfurt zu Fuß zurück, ließ sich in seiner Vaterstadt als Arzt nieder und erlangte als Augenarzt einen besondern Ruf. V. erhielt bald darauf auch das Diplom als Magister der Chirurgie und Geburtshülfe, später benutzte er aber die sommerliche Zeit häufig zu Ausflügen, auf denen er sein Lieblingsstudium, die Botanik praktisch betrieb. Nachdem er sich im J. 1804 vermählt hatte, wurde V. in demselben Jahre als Professor der theoretischen und praktischen Medicin an der medicinisch-chirurgischen Lehranstalt des Klagenfurter Lyceums, 1812 aber nach Errichtung des von Erzherzog Johann in Graz gegründeten Joanneums als Professor der Botanik und Chemie daselbst nach des Erzherzogs eigenem Wunsche angestellt, welcher den trefflichen Arzt und Gelehrten überaus hoch schätzte, wie zahlreich Briefe des Fürsten, darunter auch verschiedene an V. selbst gerichtete erweisen. Professor V. nützte dem Institut ungemein, richtete den botanischen Garten für dasselbe nach einem eigenen Systeme ein, leistete in der Chemie Vorzügliches und lenkte sein Augenmerk auch auf die Rebenpflege im Lande, deren Hebung ihm viel zu verdanken hatte, sowie er auch zuerst eine genauere Untersuchung der steiermärkischen Heilwässer vornahm. Auch auf vielen anderen Gebieten des öffentlichen Lebens insbesondere bei künstlerischen und humanen Bestrebungen war V. erfolgreich thätig. Im J. 1829 wurde er zum Gubernialrath und Landesprotomedicus von Steiermark ernannt und hatte das Sanitätswesen im Lande zu leiten sowie zugleich die Direction der medicinisch-chirurgischen Lehranstalt in Graz zu führen, wobei er sich auch um die neu begründete Bibliothek jener Anstalt bedeutende Verdienste erwarb. V. war auch anläßlich des Auftretens der Cholera im J. 1830 und 1831 als Bekämpfer der schrecklichen Krankheit unermüdlich thätig. Er veröffentlichte selbst 1831 einen zweckmäßigen Leitfaden zur Pflege der Cholerakranken. Durch Auszeichnungen von Seite des Monarchen und verschiedener wissenschaftlicher Vereine, die ihn zum Ehrenmitglied ernannten, vielfach geehrt, starb V. am 15. September 1840 zu Graz an einer Herzbeutelwassersucht.

Als Schriftsteller ist V. mit größeren selbständigen Werken hauptsächlich auf dem Gebiete der Botanik hervorgetreten und zwar mit einem „Manuale botanicum“ (1805) und mit einer „Anleitung zum gründlichen Studium der Botanik. Mit einer Uebersicht über den Bau naturhistorischer Classificationssysteme“ (1819). Zahlreiche Arbeiten und Abhandlungen medicinischen, botanischen und chemischen Inhaltes veröffentlichte er in den „Medicinischen Jahrbüchern des österr. Kaiserstaates“ von 1817 an, in Gilbert’s „Annalen der Physik“, in der „Steiermärkischen Zeitschrift“ (seit 1821), deren Mitredacteur er war, in den Publicationen der unter dem besonderen Patronate des Erzherzogs Johann stehenden steiermärkischen Landwirthschaftsgesellschaft und auch wol in kleineren Zeitschriften, wodurch er viel zur allgemeinen Belehrung beitrug. – V. besaß auch eine bedeutende poetische Anlage, er hatte im Tone Schiller’s verschiedene freiheitdurchwehte Poesien verfaßt, die ihm, wie früher schon bemerkt, [653] verhängnißvoll werden sollten, welche aber ein bemerkenswerthes dichterisches Talent bekundeten, wie auch später ein in der Zeitschrift „Carinthia“ erschienener Epilog zur Vorstellung der Ariadne auf Naxos und eine Zahl von Gelegenheitsgedichten in verschiedenen Jahrgängen derselben Zeitschrift von 1811 an; zahlreiche andere Gedichte in den verschiedensten Formen der Poesie rühren aus noch früherer Zeit her. Eine Sammlung dieser Dichtungen ist übrigens nicht erschienen.

Die ausführlichste Biographie Vest’s hat Dr. Mathias Macher im vierten Jahresbericht des Vereins der Aerzte in Steiermark (Graz 1867, S. 17 bis 48) mitgetheilt. – Zu vgl. Wurzbach, Biogr. Lexikon, Bd. 50 (1884). – Poggendorff, Biogr.-literar. Handwörterbuch zur Gesch. der exacten Wissenschaften (1863), Bd. 2. – Ueber Vest’s Verhältniß zu Erzherzog Johann geben die von F. Ilwof hrsg. Briefe des Erzherzogs in den Mitth. d. hist. Vereins für Steiermark, XLII. Heft. Graz 1894, S. 71 ff. Auskunft. – Auch meine Sammlung von Briefen in dem Werke: Erzherzog Johann u. s. Einfluß auf d. Culturleben der Steiermark (Wien 1879) enthält viele Angaben über den gelehrten Botaniker, zum Theile in des Erzherzogs eigenen Briefstellen.