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ADB:Wagner, Rudolf von

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Artikel „Wagner, Rudolf von“ von Egbert Ritter von Hoyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 574–575, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wagner,_Rudolf_von&oldid=- (Version vom 16. November 2024, 04:08 Uhr UTC)
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Wagner: Rudolf v. W., chemischer Technologe, wurde am 13. Februar 1822 als zweites Kind des Hofbuchhändlers J. G. Wagner und der Frau Karoline geb. Bromme (Schwester des Admirals Bromme) zu Leipzig geboren, wo er auch den ersten gewöhnlichen Schulunterricht genoß. Nach der Uebersiedlung seiner Eltern nach Dresden besuchte er die dortige unter dem Director Böttcher stehende Realschule und empfing hier eine solche Anregung zum Studium der Naturwissenschaften insbesondere der Chemie, daß er den Entschluß faßte, sich letzterer zu widmen. Der damaligen Gepflogenheit gemäß ergriff er zu diesem Zwecke 1836 die Apothekerlaufbahn, indem er erst in Moritzburg bei Dresden in die Lehre trat und sodann in Zwickau, Zeitz, Erfurt und Aachen sich weiter ausbildete. Von Aachen begab er sich zugleich Belgien durchreisend nach Paris, um dort in den Jahren 1844–46 in der Sorbonne Vorlesungen über Chemie zu hören und praktisch im Laboratorium zu arbeiten. Nach Abschluß dieser Studien fand W. sofort 1846 eine Anstellung als Assistent bei Prof. Erdmann im chemischen Laboratorium der Universität Leipzig und als Mitarbeiter an dessen „Journal für praktische Chemie“. Von dem Werthe humanistischer Schulbildung durchdrungen erwarb er sich 1847 zu Dresden das Gymnasialabsolutorium, löste in gleichem Jahre die von der philosophischen Facultät in Leipzig gestellte Preisfrage „de faecis natura“, promovirte sodann und erwarb sich 1851 die venia legendi für Chemie und Technologie an der Universität Leipzig. In dieselbe Zeit (1849) fällt auch das Erscheinen seiner Lehrbücher der „Chemie“ und der „chemischen Technologie“. Das erstere wurde in 4 Auflagen verbreitet. Das letztere dahingegen erschien, später zum „Handbuch der chemischen Technologie“ erweitert, von W. selbst herausgegeben in 11 Auflagen und in Uebersetzungen ins französische, englische, holländische und polnische (die letzten, 12. bis 14., Auflagen sind von Dr. F. Fischer edirt). Außerdem verfaßte er eine kurze „Geschichte der Chemie“ (1853) und bearbeitete das Lehrbuch der organischen Chemie von Gerhardt (1856).

Das genannte Handbuch und die Lehrthätigkeit Wagner’s in Leipzig kennzeichnen jedoch die Richtung, welche dieser Mann verfolgte und auch stets weiter bekundet, nämlich die Richtung auf das Praktische, indem er die wissenschaftlichen Lehren der Chemie der Industrie zuführte, dadurch die Entwicklung der chemischen Industrie wesentlich förderte und Mitbegründer der wissenschaftlichen chemischen [575] Technologie wurde. Demselben Bestreben sind weitere zahlreiche Arbeiten Wagner’s entsprungen, namentlich 25 Jahrgänge (1855–1879) Jahresberichte über die Leistungen der chemischen Technologie, sein „Handbuch der chemischen Fabrikindustrie“ (1856 und 1869), „Grundriß der chemischen Technologie“ (1870) und Abhandlungen in betreffenden Zeitschriften, vor allem aber Berichte über Ausstellungen.

Das Jahr 1851 brachte W. nach Baiern, indem er als Lycealprofessor an die K. Gewerbeschule nach Nürnberg berufen wurde. In dieser Stellung trat er mit den verschiedensten industriellen Kreisen in innige Beziehungen und entfaltete eine einflußreiche Thätigkeit nach außen durch Vorlesungen aus dem Gebiete der chemischen Technologie, die er jeden Winter abzuhalten pflegte. Eine Folge dieser Thätigkeit war seine Wahl zum Mitglied der Ausstellungscommission und der Jury der 1854 in München stattgefundenen Industrieausstellung und dadurch die Einführung in einen Wirkungskreis, in dem er sich später hervorragende Verdienste und einen außerordentlichen Schatz von Kenntnissen erwarb, die er wieder in fruchtbringendster Weise verwerthete. Auf den Ausstellungen zu London (1862), Paris (1867), Wien (1873) und Philadelphia (1878) fungirte er theils als Regierungscommissär theils als Preisrichter und wußte dort der vaterländischen Industrie gebührende Geltung zu verschaffen, sowie die neuen Errungenschaften auf dem Gebiete der chemischen Technologie zugängig zu machen.

Im J. 1856 folgte W. nach dem Tode des Professors Herberger einem Rufe als außerordentlicher Professor der Agriculturchemie und Technologie an die Universität Würzburg, der er, von 1858 an als Ordinarius, trotz mehrfacher an ihn ergangener ehrenvoller Berufungen (1867 nach Wien, 1868 nach Aachen, 1870 nach Zürich) bis zu seinem Tode angehörte. Von der bairischen Staatsregierung 1857 zum Mitglied der Prüfungscommission für Apotheker und wiederholt zum Ministerialprüfungscommissär für die technischen Schulen ernannt, gewann W. zugleich einen Einfluß auf das Apotheken- und Mittelschulwesen, der als sehr fruchtbringend bezeichnet werden muß und viel zur Hebung der bairischen technischen Schulen beigetragen hat. – Besonders thätig blieb er aber auf dem Gebiete des Ausstellungswesens und der Vermittlung zwischen Theorie und Praxis, treu der vorgezeichneten Richtung und mit großem Erfolg, bis ein Herzschlag am 4. October 1880 ein rastlos thätiges Leben abschloß, das sich hervorragende Verdienste um die Entwicklung der deutschen chemischen Industrie erworben hat. Aeußerlich fanden diese Verdienste gebührende Anerkennung durch Verleihung des Doctordiploms honoris causa von der Universität Würzburg (1860), des bair. Verdienstordens vom heil. Michael I, des württembergischen Friedrichsordens, des österreich. Franz Josephsordens, des russischen Sct. Annenordens II, des preußischen Kronenordens III, des badischen Zähringer Löwenordens I, des Comturkreuzes des Franz Josephsordens, des Titels und Ranges eines K. bairischen Hofrathes (1869) und des Verdienstordens der bairischen Krone in Verbindung mit dem persönlichen Adel.