ADB:Waldenstein, Georg von
Waldenstein: Georg von W. (Wallenstein), Domherr zu Fritzlar in Hessen. Die Grafenfamilie von Schauenburg, welche ihren Namen führte von einer längst in Trümmern liegenden Burg westl. von Kassel, und deren erstes Glied Adalbert im J. 1089 vorkommt, veräußerte zu Anfang des 13. Jahrhunderts den größten Theil ihrer Besitzungen in Niederhessen und erwarb, wahrscheinlich durch Pfandschaft, vom Stift Hersfeld die Burg Wallenstein (drei Stunden S. O. von Homberg in Niederhessen), nach der sie sich von nun an nannte. Nachdem die Familie seit ca. 1290 den Grafentitel abgelegt, erscheint sie später unter dem Niederadel und spaltete sich um 1360 in zwei Zweige, die Albert- und Werner-Linie. Der Enkel des genannten Albert war Curt von Wallenstein (1400–1427 urk. erwähnt), welcher sich mit Anna, einer Erbtochter des bekannten mächtigen Ritters Eberhard von Buchenau, zubenannt „die alte Gans“, vermählte. Die dieser Ehe entsprossenen Kinder waren Simon, Eberhard, Georg und Margarethe. Georg, als dritter Sohn, muß zwischen den Jahren 1403 und 1427 geboren sein, da einerseits sein älterer Bruder Eberhard 1403 das Licht der Welt erblickt hat, andererseits der Vater schon vor 1427 todt war; er trat in den geistlichen Stand und findet sich seit dem Jahre 1446 als Domherr des Stiftes zu St. Peter in Fritzlar.
In der mainzischen Stiftsfehde, in welcher Erzbischof Adolf mit Hülfe Kurfürst Friedrich des Siegreichen von der Pfalz und Landgraf Ludwig II. von Hessen gegen den vom Papst entsetzten Erzbischof Diether (von Isenburg-Büdingen) und Landgraf Heinrich III. von Hessen kämpfte, stand Fritzlar auf Seiten Diether’s, der von 1434–1457 dem Stift, zuletzt als Propst angehört hatte. Auch der Domherr Georg von Wallenstein zog dem Erzbischof mit vier gerüsteten Pferden zu Hülfe; wenn selbst höhere Geistliche, wie die Geschichte und der ebenerwähnte Kampf zwischen zwei Erzbischöfen lehrt, kein Bedenken trugen, mitunter zu den Waffen zu greifen, so wird man dies bei einem Stiftsherrn, der einem ritterlichen Geschlecht entsprossen war, nicht besonders auffällig finden, zudem fand Georg mehr Geschmack an kriegerischer Thätigkeit, als an dem unthätigen Leben eines Geistlichen, „dann er war seiner handt ein heldt, küne und weidlich manhafftigk“. Zu Anfang Juli des Jahres 1460 belagerte Kurfürst [693] Friedrich und Landgraf Ludwig Klein-Bockenheim, ein Dorf westl. v. Worms, dicht an der jetzigen bairisch-pfälzischen Grenze; zum Entsatz dieses Ortes rückte Erzbischof Diether, in seinem Gefolge war der Domherr Georg – in der Frühe des 4. Juli aus Pfeddersheim, und es kam dort zum Treffen, in welchem Diether geschlagen wurde. Wie der Chronist berichtet, machte im Verlaufe des Kampfes Georg einen der Feinde, gehüllt in einen grauen Rock, zum Gefangenen; es war der Kurfürst Friedrich. Kaum aber war dies geschehen, so wurde auch der von Waldenstein von einer Schar Feinde, welche hinzukam, niedergeworfen und gefangen. Als aber Georg seinen Harnisch „ausgeschüttelt“ hatte und dann tröstend, mit Beziehung auf den Kurfürst Friedrich, seinen mitgefangenen Freunden zurief: „Seid unverzagt! Ich habe einen Gefangenen, der soll uns alhir ledigk machen“, war es um sein Leben geschehen; wehrlos wurde er von einem der Feinde erstochen, der hierdurch Kurfürst Friedrich seines Gelübdes entledigen wollte.
- Quellen: Chronica vnd Altes Herkommen. Dero Lantgraffen zu Doringen vnd Hessen. Auch der Herren von Hennenbergk vnd der Fursten von Anhaltt. 1581. (Ms. Hass. 4°. 158 in Bibl. Cassellan. Fol. 100.) – Litteratur: Landau, Hessische Ritterburgen II, 398. – Landau und Schmincke, Collectanea i. Bibl. Cassellan.