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ADB:Warnery, Charles de

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Artikel „Warnery, Charles de“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 175–177, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Warnery,_Charles_de&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 22:55 Uhr UTC)
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Warnery: Charles Emanuel de W., königlich preußischer Oberst, später königlich polnischer Generalmajor, im März 1720 zu Morges am Genfer See geboren, trat ganz jung beim Regimente Desportes in sardinische Dienste und nahm im polnischen Thronfolgekriege an den Kämpfen in Oberitalien gegen Oesterreich theil, namentlich wohnte er den Schlachten bei Parma am 29. Juni und bei Guastalla am 19. September 1734 bei. Nachdem 1735 Friede geschlossen war nahm er als Fähnrich den Abschied und 1737, als der Krieg Oesterreichs gegen die Türken ausbrach, als Lieutenant im Infanterieregimente Königsegg und Adjutant seines Landsmannes, des Generals v. Lentulus, kaiserliche Dienste, vertauschte diese aber schon im nächsten Jahre mit russischen, in denen er als Grenadierhauptmann den Krieg gegen die Schweden mitmachte. In der Schlacht bei Wilmanstrand am 3. September 1741 wurde er verwundet, [176] 1742 verließ er Rußland und trat durch Vermittelung des französischen Gesandten in Berlin, Graf Courtin, als Rittmeister im Natzmer’schen Husarenregiment Nr. 4 in das preußische Heer. An der Spitze seiner Schwadron rückte er in den 2. schlesischen Krieg, focht bei Hohenfriedeberg, Soor und Katholisch-Hennersdorf und wurde während des Feldzuges, als er sich durch einen mit Geschick und Glück ausgeführten Ueberfall hervorthat, vom jüngsten Rittmeister zum Major befördert. Auch zum Oberstlieutenant rückte er außer der Reihe auf. Bei Beginn des siebenjährigen Krieges bemächtigte er sich der Bergfestung Stolpen. Die ruhmredige Erzählung, die er von dem Vorgange geliefert hat, beruht auf Erfindung. Der Commandant, General v. Liebenau, capitulirte ohne weiteres, weil er die Unmöglichkeit einsah, sich zu vertheidigen (Minerva 1806, 4. Quartal, 136. Band). Auf einen Bericht, welchen W. über ein von ihm gegen die aus Sachsen zurückgehende Nachhut der Oesterreicher geliefertes Gefecht erstattete, schrieb König Friedrich „Vous avez fait des merveilles“ und verlieh ihm den Orden pour 1e mérite. Dann will W. sich Winterfeldt’s Feindschaft durch einen Bericht zugezogen haben, in welchem diesem nicht genehme Aeußerungen über Winterfeldt’s Maßregeln bei der Einschließung des sächsischen Lagers enthalten gewesen seien, und des letzteren Einflusse mißt er die wenig wohlwollende Gesinnung bei, welche der König ihm später zeigte. Vorerst stand er bei diesem noch in hohem Ansehen und Gnaden, welche ihm dadurch bewiesen wurden, daß er, als General v. Wartenberg am 2. Mai 1757 einer Wunde erlegen war, dessen Regiment, das Husarenregiment Nr. 3, erhielt, mit welchem er an den Schlachten bei Prag und bei Kolin theilnahm. Als darauf im Herbst die Oesterreicher Schweidnitz belagerten gehörte W. mit der Hälfte seines Regimentes zur Besatzung und gerieth mit dieser, da der Commandant, Oberst v. Seers, ihn nicht ziehen lassen wollte, durch die am 14. October vollzogene Capitulation in Kriegsgefangenschaft. Ein nach seiner Rückkehr aus derselben auf seinen eigenen Antrag abgehaltenes Kriegsgericht sprach ihn frei; er verlangte nun, daß ein solches über alle betheiligten Generale abgehalten werde, erregte dadurch das Mißfallen des Königs, forderte seinen Abschied (C. v. Seidl, Friedrich der Große und seine Gegner, Gotha und Erfurt 1819) und zog sich in das Privatleben zurück. 1776 wurde er polnischer General und Generaladjutant des Königs Stanislaus Poniatowski, lebte aber meist in Schlesien, theils auf dem Gute Langenhof bei Oels, welches seine Gattin, ein Fräulein v. Koschembahr, in die Ehe gebracht hatte, theils in Breslau, wo er am 8. Mai 1786 gestorben ist. (Neue militärische Blätter, 38. Band, Potsdam 1886.)

Bedeutender als auf kriegerischem Gebiete waren Warnery’s Leistungen als Schriftsteller. Friedrich der Große soll ihm in dieser Beziehung bei Einsendung seiner ersten Arbeit geschrieben haben: „Ich wünsche, daß Sie eben so gut thäten wie Sie schreiben“, ein Urtheil, welches er später nicht mehr gefällt haben würde. Sein Werke sind zahlreich und meist erst lange nach ihrer Abfassung veröffentlicht. Seiner Herkunft entsprechend schrieb er in französischer Sprache. Zuerst erschienen gegen seinen Willen (1766) in deutscher Ausgabe „Remarques sur le militaire et le marine des Turcs et des Russes“, welche von ihm selbst in einer erweiterten Bearbeitung zu Breslau (1771) und in deutscher Uebersetzung durch v. Zeschau 1787 zu Hannover veröffentlicht wurden. Warnery’s Selbstgefühl macht sich auch bei dieser Gelegenheit geltend; er behauptet, daß er der Erste sei, welcher die Türken entlarvt habe, die bei weitem nicht die Furcht verdienten, mit der man sie meist betrachte. Mehr eine geistreiche Plauderei als eine streng wissenschaftliche Arbeit, aber lehrreich und gedankenvoll, sind seine zunächst erschienenen „Commentaires sur les commentaires du Comte Turpin sur Montecuccoli avec des anecdotes relatives à l’histoire militaire du siècle présent“ (Breslau 1777, St. Marino 1778), [177] welche auch über die Vorgänge im siebenjährigen Kriege mancherlei Licht verbreiten. Als eine Fortsetzung dieser Commentare kündigen sich „Remarques sur plusieurs auteurs militaires anciens et modernes“ (Lublin 1780) an, welche zwei Jahre später in vermehrter Neuausgabe als „Mélange de remarques surtout sur César et autres auteurs militaires“ (Warschau 1782) erschienen, sie knüpfen an eine Beurtheilung Cäsar’s allerlei Bemerkungen über die Kriegsthaten anderer Heerführer und die Aeußerungen von Schriftstellern. Eine bedeutende Arbeit sind ferner Warnery’s „Remarques sur la cavallerie“, um 1767 niedergeschrieben, zuerst 1781 zu Lublin gedruckt, 1782 zu Leipzig und 1789 zu Hannover in das Deutsche, 1798 in das Englische und 1828 zu Paris durch den Grafen Durfort aus dem Deutschen in das Französische zurückübersetzt; der Verfasser verspricht von den Uebungen der Reiterei wenig, mehr aber von deren Einrichtungen und Kriegsbewegungen zu sagen. Hauptsächlich mit den Feldzügen Friedrich’s des Großen beschäftigen sich „Anecdotes et pensées historiques et militaires“ (Halle 1781, deutsch 1782) und, dem Titel entsprechend, mit dem siebenjährigen Kriege „Campagnes de Frédéric II., Roi de Prusse, 1756–1762, par Mr. de W.“ (o. O. 1789). Der Inhalt des erstgenannten Buches beruht theils auf eigener Erfahrung, theils will er vielfache Mittheilungen von Seydlitz erhalten und hier verwerthet haben; in dem zweiten, welches nicht eine geordnete Darstellung der Vorgänge, sondern Einzelnheiten bietet, tritt Warnery’s Absicht klar hervor, sich an dem Könige für die ihm widerfahrene Behandlung durch die Verkleinerung von Friedrich’s Größe zu rächen. Außerdem schrieb er „Remarques sur l’Essai général de Tactique de Guibert“ (Varsovie 1782, 1791 zu Hannover in deutscher Uebersetzung erschienen). „Des Herrn Generalmajor von Warnery sämmtliche Schriften. Aus dem Französischen übersetzt und mit Plänen und Erläuterungen vermehrt“ kamen in den Jahren 1785 bis 1791 auf Scharnhorst’s Veranlassung und unter dessen Mitwirkung in Hannover heraus. Daß ein W. zugeschriebenes Buch, welches zuerst unter dem Titel „Mémoires politiques, concernant la guerre et la paix“ 1758 in Frankfurt und Leipzig veröffentlicht wurde und später unter verändertem Titel und erweitert in mehreren Auflagen erschienen ist, wirklich von ihm herrührt, hält Max Jähns, dessen „Geschichte der Kriegswissenschaften“ (dritte Abtheilung, München und Leipzig 1891) nähere Mittheilungen über W. als Schriftsteller bringt, nicht für wahrscheinlich.