Zum Inhalt springen

ADB:Seidl, Karl von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Seidl, Karl von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 766–768, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Seidl,_Karl_von&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 21:09 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Sickler, Friedrich
Band 35 (1893), S. 766–768 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Juni 2013, suchen)
Karl von Seidl in Wikidata
GND-Nummer 100272924
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|35|766|768|Seidl, Karl von|Bernhard von Poten|ADB:Seidl, Karl von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100272924}}    

Seidl *): Karl v. S., preußischer Major und militärischer Schriftsteller, wurde am 27. December 1752 auf dem väterlichen Gute Bergsdorf bei Sagan geboren. Seine Kindheit fiel mithin zu großem Theile in die Zeit des Siebenjährigen Krieges. Preußen, Oesterreicher und Russen suchten abwechselnd die Gegend heim, in welcher er sie verlebte. Der Verkehr mit den Soldaten weckte seine Lust am Waffenhandwerke; der k. k. Husarenrittmeister v. Cogniazo, welcher später die „Geständnisse eines österreichischen Veteranen“ schrieb, mahnte den wißbegierigen Knaben schon früh sich Kenntnisse zu erwerben. 1768 als Junker beim Dragonerregiment v. Krockow in den preußischen Dienst getreten und 1770 zum Fähndrich ernannt, benutzte er, Cogniazo’s Weisung folgend, die Muße, welche der Dienst in kleinen niederschlesischen Garnisonstädten ihm verschaffte, um die Mängel seiner Jugendbildung auszugleichen, welcher nicht viel Sorgfalt hatte zugewendet werden können; einige Wintermonate, welche er einmal in Liegnitz zubringen durfte, wandte er an, um sich durch Struensee, den nachmaligen preußischen Finanzminister, in Taktik und Mathematik unterrichten zu lassen. Da er auch den Dienst der Infanterie und das Befestigungswesen kennen zu lernen wünschte, bat er um Urlaub. Sein Commandeur war nicht ganz einverstanden, sprach aber 1774 darüber mit dem Ingenieuroberst v. Regler und dieser gestattete, daß S. Neiße und andere schlesische Festungen besuchen durfte. Letzterer unternahm jetzt die Kenntnisse, die er erworben hatte, schriftstellerisch zu verwerthen. Auf dem Boden der damals geltenden Theorie stehend, daß die Geometrie die Grundlage der Taktik sei, schrieb er eine Abhandlung „Grundsätze der Evolutionen der Kavallerie“ und sandte dieselbe dem Könige ein, mit der Bitte, den Druck zu gestatten und in der Hoffnung, daß sein Streben durch Berufung in die königliche Suite anerkannt werden möchte. Statt dessen erfolgte das Verbot, die Arbeit öffentlich bekannt zu machen und die Verabreichung eines Geschenkes von 100 Thalern. Das Manuscript ward der Inspection der niederschlesischen Cavallerie überwiesen. Hier ruhte es bis 1795. Als es dann bei Korn in Breslau gedruckt wurde, war der günstige Zeitpunkt für die Veröffentlichung vorüber, das Buch fand keine Beachtung. Auch die Theilnahme am bairischen Erbfolgekriege förderte Seidl’s Laufbahn nicht. So sehr er suchte und sich mühte, fand er keine Gelegenheit, sich persönlich hervorzuthun; er hatte nur die Genugthuung, daß die Truppe, welcher er angehörte, eines der vier Dragonerregimenter war, von denen des Königs Heeresbefehl am 20. Juli 1779 sagte, daß sie sich distinguirt hätten. S. fuhr nun fort, schriftstellerisch zu wirken und betrat jetzt zuerst eine Bahn, auf welcher er später mehrfach mit Erfolg thätig gewesen ist, indem er sich zum Vertheidiger des Königs gegen diejenigen aufwarf, [767] welche ihn litterarisch schmähten, angriffen und zu verunglimpfen suchten. Zunächst wandte er sich gegen zwei österreichische Officiere, Friedel und Bourscheid, welche über den Feldzug geschrieben hatten, indem er ohne Nennung seines Namens einen „Versuch einer militärischen Geschichte des bayerschen Erbfolgekrieges vom Jahre 1778 im Gesichtspunkte der Wahrheit betrachtet von einem königlich preußischen Offizier“ (Königsberg 1781, 3 Bände) drucken ließ. Er hatte für die Herstellung aus Privatquellen geschöpft, welche ihm namentlich durch den Beistand sächsischer Officiere erschlossen waren; seine Arbeit hatte handschriftlich dem Könige vorgelegen, von welchem er brieflich gnädige Anerkennung erfuhr. Daß sie auch vom Feinde günstig beurtheilt wurde, zeigt eine Schrift, welche ebenfalls ohne Nennung seines Namens unter dem Titel „Kleine Berichtigungen über den Versuch einer militärischen Geschichte des Bayerschen Erbfolgekrieges“ (Frankfurt und Leipzig, Dresden 1784) ein österreichischer Officier (Prinz Waldeck) veröffentlichte. In jener Zeit unternahm S. auch die Begründung einer in Dresden gedruckten militärischen Zeitschrift „Bellona“, welche er bis zum 18. der in den Jahren 1782–87 erschienenen 20 Stück geleitet hat. Es durfte nur geschehen, ohne daß er mit seinem Namen und mit seiner Person an die Oeffentlichkeit trat. Dieses Verhältniß erschwerte ihm, sich Mitarbeiter in den Reihen des preußischen Heeres zu suchen. Trotzdem fand er auch in diesem wirksame Förderung seiner Ziele, so durch den Herzog von Braunschweig-Bevern und konnte er namentlich wichtige Beiträge zur Geschichte des Siebenjährigen Krieges bringen. Ferner veröffentlichte er „Vom Dienst der leichten Cavallerie im Felde, nebst Fortsetzung“ (2 Stücke, mit Plans, Dresden 1784). Er begann jetzt zu kränkeln, trug sich mit Abschiedsgedanken und kaufte 1785 das Rittergut Buchwäldchen bei Liegnitz, da brachte ihm das Jahr 1790 unverhoffte Beförderung. Seit 1777 Lieutenant, hatte er es nach 22jähriger Dienstzeit, bald ein Vierziger, noch immer nicht weiter gebracht, als er in jenem Jahre zum Hauptmann ernannt und in das Oberkriegscollegium nach Berlin berufen wurde. Bei dem in Aussicht stehenden Kriege sollte er dem Corps des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig zugetheilt werden. Aber es ward nichts aus dem Kriege und 1791 nahm S., welcher inzwischen zum Major aufgerückt war, den Abschied. Anscheinend sind es Gesundheitsrücksichten gewesen, welche ihn dazu veranlaßt haben. In der Folge war er Landrath des Kreises Lüben und Director der schlesischen Feuersocietät. Nachdem er später aus dem Staatsdienste ganz ausgeschieden war, widmete er seine Muße und seine Feder ganz dem Streben, dem Andenken Friedrich’s des Großen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Die Verehrung für den Herrscher hatte er gewissermaßen mit der Muttermilch eingesogen. Seine Mutter war eine geborene v. Knobelsdorff, mehrere ihrer nahen Verwandten hatten im persönlichen Dienste des Königs gestanden; die Kinderstube, in welcher S. groß wurde, war voll der Erinnerungen an ihn. S. erhob seine Stimme vornehmlich zu Gunsten der Anordnungen, welche der König in demjenigen Kriege getroffen hatte, an welchem ihm selbst Theil zu nehmen vergönnt gewesen war. Mehrfache Reisen, welche er unternahm, um die Thatsachen auf Grund der Oertlichkeiten ihres Stattfindens zu studiren, förderten sein Verständniß. So entstand die Schrift „Friedrich der Große und seine Gegner. Nebst einer Vertheidigung des königlich preußischen Militärs gegen die Beschuldigungen des Generallieutenants Graf v. Schmettau und des Ministers v. Dohna“ (Gotha und Erfurt 1819, 3 Bände) und demnächst „Beleuchtung manches Tadels Friedrichs des Großen“ (Liegnitz 1821). In einer Darstellung von Seidl’s Leben, welche im Decemberhefte 1890 der „Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine“ mit durchsichtiger Namenslosigkeit Gr.(af) L.(ippe) gegeben hat, ist gesagt, daß jener im dritten Zehntheile [768] unseres Jahrhunderts zu Liegnitz gestorben sei. Genaueres hat auch der Unterzeichnete nicht ermitteln können.

S. hat eine Lebensbeschreibung von sich selbst verfaßt, welche im 1. Bde. seines Werkes „Friedrich der Große und seine Gegner“ (S. 102 ff.) abgedruckt ist.

[766] *) Zu Bd. XXXIII, S. 639.