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ADB:Wattenwyl, Eduard von

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Artikel „Wattenwyl, Eduard von“ von Emil Blösch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 246–247, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wattenwyl,_Eduard_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 01:18 Uhr UTC)
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Band 41 (1896), S. 246–247 (Quelle).
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Wattenwyl: Karl Rudolf Eduard v. W. (1820–1874) stammte aus einem zwar nicht adeligen aber patricischen Geschlechte, welches, wie wenig andere, dem Berner Lande seit dem 14. Jahrhundert eine große Zahl von verdienten Männern geliefert hat und zu den bedeutungsvollsten Trägern seiner vaterländischen Geschichte gehört. Der Ursprung der Familie geht nach allgemeiner Annahme auf das Dorf W. bei Thun zurück, wo die Vorfahren als Lehensträger erscheinen. Der Vater, Karl v. W., Besitzer der ehemaligen Freiherrschaft Dießbach bei Thun, war Oberamtmann des Bezirkes Konolfingen und galt als ein umsichtiger, über enge Vorurtheile seiner Standesgenossen hinausblickender Mann, der auch 1821 in einer Flugschrift für Verbesserungen im Staatswesen eintrat. Dem entsprach auch die Erziehung seines Sohnes, den er im Widerspruch mit der Uebung zu einem Fachstudium bestimmte. Eduard v. W., getauft den 23. März 1820, studirte in den Jahren 1839–42 auf den Universitäten zu Bonn, Heidelberg und Berlin mit aller Gründlichkeit die Rechtswissenschaft und erwarb sich 1843 die Berechtigung zur Ausübung des Berufes als Anwalt, wenn auch ohne Absicht, von derselben Gebrauch zu machen. Besitzer eines ansehnlichen Vermögens und nach dem Tode des Vaters Eigenthümer des Schloßgutes zu Dießbach, übernahm er sofort dessen Verwaltung, aber „er betrachtete“, wie sein Freund und Biograph v. Segesser sagt, „den Namen, den er trug, als eine Erinnerung an die Pflicht, nicht als einen Anspruch an ein Recht, und die Glücksgüter, die Gott seinem Hause verliehen, nicht als ein Mittel des Genusses, sondern als eine Hülfsquelle zur Erreichung der edelsten Lebenszwecke“. Wo man seine Dienste in Anspruch nahm, da stellte er sich zur Verfügung. Er wurde Mitglied des Gemeinderaths [247] und der Kirchenvorsteherschaft in Dießbach; seit 1846 Oberlieutenant im Eidgenössischen Generalstabe, stand er als Adjutant des Obergenerals Dufour im Sonderbundskrieg von 1847, und wurde 1856 Major eines Bernischen Landwehrbataillons. Bei dem Regierungswechsel des Jahres 1850 wählte ihn der Kreis Dießbach zum Mitglied des Großen Rathes, dem er bis 1858 und dann wieder von 1866 bis zu seinem Tode angehörte. Daneben war er Vorsteher seiner Zunftgesellschaft in der Stadt Bern, Präsident der Dampfschifffahrtsgesellschaft auf dem Thuner- und Brienzersee, und bethätigte sich mit Eifer an gemeinnützigen Werken, an der Leitung einer Armenerziehungsanstalt und einer Privatschule. Von strenggläubiger Ueberzeugung erfüllt, widmete er auch dem religiösen und kirchlichen Leben großes Interesse und war Mitglied der kantonalen Kirchen-Synode und ihrer engern Vorsteherschaft. Im J. 1863 ließ er eine Flugschrift erscheinen, die in sehr entschiedener, wenn auch in der Sache äußerst vorsichtiger Weise eine Reform der Berner Bürgergemeinde befürwortete und den ersten Anstoß gab zu späteren Aenderungen. Besonders aber wandte er sich seit 1858 mit ganzer Energie historischen Arbeiten zu. Die Verstimmung über den Gang der Gegenwart lenkte ihn zur wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Vergangenheit. Sein älterer Freund, der Staatsschreiber und Staatsarchivar Moritz v. Stürler, war es, der ihm diese Aufgabe zu stellen wußte und ihm zugleich als erfahrener Führer diente. Beständig in Gemeinschaft mit diesem gründlichsten Kenner der Bernischen Urkundenschätze arbeitend, veröffentlichte er zunächst einige kleinere Abhandlungen: „Das Verhältnis Berns zum Herzog von Zähringen“ (Archiv des historischen Vereins von Bern, Bd. V); „Die Bernischen Burglehen in der Herrschaft Kiburg“ (ebd. Bd. VII); „Der Raronhandel, 1421–23“, und eine Monographie „über die Herrschaft Dießbach“ (beide ebd. Bd. VIII); „Das öffentliche Recht der Landgrafschaft Klein-Burgund“ (Archiv für Schweizer Geschichte, Bd. XIII); „Die Vogtei, vorzüglich mit Rücksicht auf das Gotteshaus Rüeggisberg“ (ebd. Bd. XV). Einige weitere Beiträge erschienen im „Berner Taschenbuch“; und in der „Allgemeinen deutschen Biographie“, deren Mitarbeiter er für die ersten Bände gewesen ist. Endlich gelang es ihm, diese Vorstudien zusammenzufassen zu seinem größeren Werke, der „Geschichte von Stadt und Landschaft Bern“, von welcher der erste Band 1867 in Schaffhausen, der zweite 1872 in Bern herausgekommen ist. Trotz seines von Hause aus durch und durch conservativ gearteten Wesens hat W. mit vollster kritischer Schärfe und Unbefangenheit seine Darstellung auf den zuverlässigen Boden der Urkunden gebaut, und dabei namentlich die rechtshistorischen Verhältnisse mit selbständiger Klarheit erfaßt. Seit 1869 war er Präsident des historischen Vereins von Bern, und im gleichen Jahre ehrte ihn die Universität mit dem Doctortitel honoris causa. Das Werk geht nur bis zum Ende des 14. Jahrhunderts; eine Fortsetzung zu bringen, war ihm nicht vergönnt, obwohl die Vorarbeiten dazu bereits gesammelt waren. Mitten in der Arbeit begriffen, starb er an einem rasch verlaufenden Gehirnleiden, wenig mehr als 54 Jahre alt, am 14. December 1874 in Bern.

v. Segesser, Kleine Schriften, Bd. II, S. 471–474. – M. v. Stürler, Vertrauliches aus meinen Erinnerungen an Hrn. E. v. W. als Historiker, im Archiv d. histor. Vereins v. Bern, Bd. XII, S. 449–474.