Zum Inhalt springen

ADB:Wattenwyl, Alexander Ludwig von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wattenwyl, Alexander Ludwig von“ von Gustav Tobler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 245–246, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wattenwyl,_Alexander_Ludwig_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 01:41 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 41 (1896), S. 245–246 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Alexander Ludwig von Wattenwyl in der Wikipedia
Alexander Ludwig von Wattenwyl in Wikidata
GND-Nummer 100671780
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|41|245|246|Wattenwyl, Alexander Ludwig von|Gustav Tobler|ADB:Wattenwyl, Alexander Ludwig von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100671780}}    

Wattenwyl: Alexander Ludwig v. W., geboren 1714 als Sohn einer sehr angesehenen Berner Familie. Er war im J. 1739 Mitglied der von Professor Altmann geleiteten deutschen Gesellschaft, trat später der helvetischen Gesellschaft bei, deren Präsident er 1766 wurde. Seit seinem Eintritt in den großen Rath (1745) gehörte er bis zu seinem Tode (October 1780) in verschiedenartigen Stellungen dem öffentlichen Leben an: so fiel ihm im J. 1749 die Aufgabe zu, in amtlichem Auftrage die Vertheidigung der drei der Verschwörung angeklagten Henzi, Wernier und Fueter zu führen; er versah von 1752–1758 die Landvogtei Nidau, dann die Obercommandantur des Münsterthals. Seit 1762 war er Mitglied der Bibliothekcommission und des Schulrathes und bekleidete zugleich die Stelle eines obrigkeitlichen Censors. In diesen Stellungen hat er u. a. dafür gewirkt, daß die bis jetzt geheim gehaltenen Chroniken der Stadtbibliothek zugewiesen wurden, wo sie der öffentlichen Benutzung zugänglich waren und daß im J. 1778 Walther als Professor des vaterländischen Rechtes angestellt wurde. Seine Mußezeit widmete er ausschließlich dem Studium der vaterländischen, namentlich bernischen Geschichte. Im Laufe der Jahre vertieften sich seine Gedanken über den Werth der bisherigen historischen Leistungen, namentlich durch den brieflichen Verkehr mit Bodmer, Schinz, Zurlauben, Salis und Iselin, immer mehr; sein Glaube an die Zuverlässigkeit der Chronisten im allgemeinen war tief erschüttert und im besonderen glaubte er manche Ueberlieferungen aus der ältesten Zeit Berns in das Gebiet der Fabel verweisen zu dürfen. Um so auffallender ist es, wenn er in dem bekannte Streite um die Existenz Tell’s gegen Haller für Balthasar Partei ergriff und dessen Streitschrift wegen ihrer großen Klarheit unbedingt lobte (Brief an Balthasar vom 25. Januar 1761). Vielleicht gebührt diesem Urtheil nur der Werth eines freundschaftlichen Complimentes; denn W. besaß ein zu ausgesprochenes kritisches Talent, das in seinen eigenen historischen Arbeiten in erfreulicher Weise zu Tage tritt. Sein Hauptwerk ist die 1754 zuerst erschienene „Histoire de la confédération suisse“, die in der ersten Auflage bis 1516, in der dritten bis 1603 reichte. Eine tüchtige Kenntniß der Chronisten und auch der Urkunden, – mit deren Sammlung er sich durch Jahrzehnte beschäftige, – sowie eine ruhige, sachliche Darstellung zeichnen vortheilhaft den Verfasser vor manchen Zeitgenossen aus. Sein Werk erfreute sich auch großer Beliebtheit und erlebte eine doppelte Uebersetzung in das Deutsche.

Unter seinem handschriftlichen Nachlasse (Stadtbibliothek Bern) nehmen die Arbeiten: „Histoire du gouvernement de Berne“ und die „Histoire de la ville de Berne“ unbedingt die erste Stelle ein. Er besaß die Fähigkeit, verfassungsmäßige Zustände aus den Urkunden heraus zu eruiren und zugleich auch den Muth, alte, liebgewordene Ueberlieferungen preis zu geben, wenn er sie als haltlos erkannt hatte. Er bearbeitete auch die Geschichte einzelner bernischer Landschaften, sammelte das Material für eine Münzgeschichte und beschäftigte sich mit der Herstellung einer historischen Karte der Schweiz während des Mittelalters. (Er ist nicht zu verwechseln mit dem Alexander Ludwig v. Wattenwyl, der im J. 1767 von der Regierung beauftragt wurde, eine Karte des Kantons [246] Bern aufzunehmen). Ein ausführliches Memorial über den Stand der Neuenburger Angelegenheit vom bernischen Gesichtspunkte aus verdient erwähnt zu werden (enthalten in einem Briefe an Balthasar vom 26. April 1768). Auch sonst fehlte es ihm nicht an guten Ideen: er hat als der Erste für die Errichtung einer schweizerischen geschichtforschenden Gesellschaft gesprochen (1747) und Balthasar gegenüber äußerte er, wie er ihm sein Tableau du gouvernement de Berne übersandte (1765): „Wir sollten der Schweiz ein Werk schaffen, welches uns lehrt, uns selbst zu kennen. Balthasar, Schinz, Zurlauben, Iselin, Salis und ich könnten dies unternehmen.“ Diese Geschichte der schweizerischen Verfassungen kam aber nicht zustande. W. gehört sowohl nach seinen Arbeiten wie nach seiner Erkenntniß zu den besseren Historikern welche das 18. Jahrhundert aufweist.

Von ihm sind im Druck erschienen: „Lettres à Mr. de Bochat sur l’origine des ducs de Zeringuen“ (Mercure de Neuchatêl 1746, p. 230–249 sept. und Journal hélvétique 1747, p. 547–93 juin); „Verteidigungsrede für Henzi, Wernier und Fueter“ (Journal hélv.1749 p. 118–129, août); „Brief an Bodmer über die ursprüngliche Freiheit der Stadt Bern“ (Neueste Sammlungen vermischter Schriften I, Stck. 3, S. 38–59, 1753); „Histoire de la confédération suisse“ 2 vol. Berne, 1754 (geht bis 1516). 2. Aufl. 1757 (geht bis 1531). 3. Aufl. 1768 Yverdon (reicht bis 1603); 1765 veröffentlichte er „die bei Uebergabe der Landvogtei Nidau an seinen Nachfolger gehaltene Rede“. (Nach einem Briefe an Balthasar vom August 1765. Die Rede konnte ich nicht finden); „Rede in der helvetischen Gesellschaft“ (Verhandlungen der helvetischen Gesellschaft von 1766, S. 95–105); „Ueber die Staatsverfassung der Stadt und Republik Bern“ (nach Wattenwyl’s Tode veröffentlicht im schweizerischen Museum 1783, S. 148–171).

G. Tobler, die Chronisten und Geschichtschreiber des alten Bern, in der Festschrift zur Gründung Berns 1891, S. 75–78. – G. v. Wyß, Geschichte der schweizerischen Historiographie S. 303.