Zum Inhalt springen

ADB:Wedewer, Hermann

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wedewer, Hermann“ von Rudolf Jung in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 415–416, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wedewer,_Hermann&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 18:35 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Wedl, Karl
Band 41 (1896), S. 415–416 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Januar 2018, suchen)
Hermann Wedewer in Wikidata
GND-Nummer 117207683
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|41|415|416|Wedewer, Hermann|Rudolf Jung|ADB:Wedewer, Hermann}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117207683}}    

Wedewer: Hermann Anton Josef W. wurde am 14. Juni 1811 als Sohn eines Oekonomen in Coesfeld (Westfalen) geboren. Er besuchte die dortige Rectoratsschule, dann das dortige Progymnasium und spätere Gymnasium und ging 1829 mit glänzendem Abiturientenzeugniß zum Studium der Philosophie und Philologie nach Münster i. W. Im Herbst 1830 wendete er sich zu seiner weiteren philologischen Ausbildung nach Bonn, woselbst er in Welcker’s Seminar sich bald als hervorragendes Mitglied bewährte. 1833 bestand er hier das Examen pro facultate docendi besonders in den alten Sprachen und trat sofort als Probecandidat am vaterstädtischen Gymnasium ein. Aber schon im Herbste 1833 wurde er auf Welcker’s Empfehlung als Erzieher in die Familie des englischen Schriftstellers Walter Savage Landor in Fiesole bei Florenz berufen. Durch die Ableistung eines sechswöchentlichen Militärdienstes in der Heimath [416] verlor er seine Stellung, erhielt aber bald eine gleiche beim russischen Gesandten in Neapel, dem Grafen Stackelberg; als dieser kurz darauf von seinem Posten zurücktrat, begleitete W. die Familie des Grafen zu längerem Aufenthalt nach Mailand und Paris. Neben den classischen Studien widmete er sich in diesen Jahren eifrig den modernen Sprachen und erwarb auch in diesen die Befähigung zum Unterricht, nachdem er 1837 als Gymnasiallehrer an das Gymnasium in Coesfeld berufen worden war. Hier schrieb er sein erstes wissenschaftliches Werk: „Homer, Virgil und Tasso, oder das befreite Jerusalem in seinem Verhältniß zur Jlias, Odyssee und Aeneis“ (Münster 1848); hier erlebte er auch das Vorgehen der preußischen Regierung gegen den Kölner Erzbischof und wurde dadurch, ein gläubiger Sohn seiner Kirche, in seiner streng katholischen und der Kirche unbedingt ergebenen Haltung gefestigt. Im Herbste 1843 folgte er einem Rufe des Senates der freien Stadt Frankfurt a. M. als Inspector und philologischer Lehrer an die dortige Selectenschule, eine katholische höhere Bürgerschule und Progymnasium; diese Stellung bekleidete er trotz mancher Anerbietungen von außen bis zu seinem am 16. April 1871 erfolgten Tode. Im J. 1848 wurde er von seiner Vaterstadt Coesfeld ins deutsche Parlament gewählt; er nahm seinen Sitz im Centrum und betheiligte sich mehrfach an den Verhandlungen. Dem äußeren und inneren Ausbau der Schule widmete er seine Hauptkraft; in zahlreichen Programmen derselben hat er über seine Thätigkeit als Leiter der Anstalt berichtet und seine pädagogischen Anschauungen dargelegt. Der Frankfurter Senat verlieh ihm in Anerkennung seines schulmännischen Wirkens den Titel Professor; die philosophische Facultät in Würzburg ehrte ihn bei seinem 25jährigen Amtsjubiläum durch Uebersendung des Doctordiploms. Zu seinem engeren Freundeskreise zählten die Historiker Johann Friedrich Böhmer und Johannes Janssen, der Kunsthistoriker J. D. Passavant, Rath Schlosser u. a., Männer von den verschiedensten Lebensstellungen, von den abweichendsten religiösen und politischen Anschauungen. „W. war – sagt sein protestantischer Freund Eucken – ein Mann von echter tiefer Frömmigkeit, die Religion war ihm das höchste Lebensgebiet … Sein Streben war namentlich darauf gerichtet, den Einfluß des Christenthums nach den verschiedensten Richtungen hin nachzuweisen; aber dieser sein religiöser Sinn hinderte ihn nicht im mindesten an unbefangener wissenschaftlicher Forschung.“ Wedewer’s wissenschaftliche Thätigkeit galt vorzugsweise außer der Pädagogik der Sprachwissenschaft und vergleichenden Litteraturgeschichte. Außer zahlreichen Schulprogrammen und Schulbüchern und außer der oben erwähnten Schrift seien hier genannt: „Der deutsche Sprachunterricht nach seiner Wichtigkeit und Bedeutung für Realschule und Gymnasium etc.“ (Coesfeld 1842, gemeinsam mit B. Hüppe); „Zur Sprachwissenschaft“ (Freiburg 1861); eine Uebersetzung von des Spaniers Jacob Balmes’ wichtigsten Religionswahrheiten, faßlich erklärt und begründet für die Jugend (Freiburg 1863); „Die neuere Sprachwissenschaft und der Urstand der Menschheit“ (Freiburg 1867); „Die Litteratur und die christliche Jugendbildung“ (Flugschriften des Broschüren-Vereins IV, 1, 1868); „Das Christenthum und die neuere Sprachwissenschaft“ (Frankfurt 1870).

Vgl. J. Becker, Zur Erinnerung an Hermann Anton Josef Wedewer im Programm der Selectenschule von 1872. – Johannes Janssen, Aus dem Leben eines katholischen Schulmanns und Gelehrten, in den Historisch-politischen Blättern Bd. 71 (Jahrgang 1873), woselbst reichliche Auszüge aus Wedewer’s hinterlassenen Aufzeichnungen über seine religiösen und wissenschaftlichen Anschauungen und Bestrebungen mitgetheilt sind. – Eucken’s Nachruf im „Frankfurter Museum“ vom 25. April 1871.