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ADB:Wild, Franz

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Artikel „Wild, Franz“ von Eusebius Mandyczewski in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 486, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wild,_Franz&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 12:17 Uhr UTC)
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Wild: Franz W., geboren am 31. December 1791 zu Hollabrunn in Niederösterreich, † im J. 1860 in Oberdöbling bei Wien, der Sohn schlichter Landleute, war einer der berühmtesten und besten deutschen Tenoristen. Schon bei seiner Taufe prophezeite ihm der Schullehrer, daß er ein großer Sänger werden werde; eine Prophezeihung, die oft gemacht, aber selten so glänzend erfüllt worden ist. Als wohlerzogener, stimmbegabter Knabe kam er in den Klosterchor des Stiftes Klosterneuburg bei Wien und von hier bald in die kaiserliche Hofcapelle. In seinem 16. Jahre mutirte seine Stimme mit außerordentlicher Schnelligkeit; die ganze Umbildung soll nicht länger als zwei Monate gedauert haben. Darauf wurde er Chorsänger, erst im Josephstädter, dann im Leopoldstädter Theater. In jener Zeit kriegerischer Aufregung wurden Kriegslieder von Collin mit Musik von Weigl im Theater gesungen, und W. mußte eines Tages in einem solchen Liede die Solopartie an Stelle des zufällig abwesenden Solisten singen. Er riß die Zuhörer durch die Schönheit seiner Stimme und die Macht des Ausdrucks zu enthusiastischem Beifall hin und wurde sofort für das Kärnthnerthor-Theater, für den Chor und für kleinere Rollen, engagirt. Hier hörte ihn Hummel, der damals fürstlich Esterhazy’scher Capellmeister war, in einem Quartett aus „Uthal“ und empfahl ihn dem Prinzen Esterhazy. Dieser engagirte ihn für das Eisenstädter Theater auf sechs Jahre von 1810 angefangen. Bald gab sich auch Fürst Ferd. Palffy Mühe, ihn für das Theater an der Wien zu gewinnen. Nur ungern ließ ihn Prinz Esterhazy los, und W. trat als Ramiro in Isouard’s „Aschenbrödel“ im Theater an der Wien zum ersten Male in einer größeren Rolle auf. Hier hatte er stets wachsenden Erfolg, und als das Theater mit dem Kärntnerthor-Theater unter eine Leitung kam (1814), zog er an diese vornehmere Bühne und erregte im J. 1815 als Johann von Paris die allgemeinste Bewunderung. Hier wirkte er neben den ausgezeichneten Sängern Forti und Vogl als einer der Besten bis zum Juni 1816. In diesem Jahre machte er eine Reise durch Deutschland und sang in Frankfurt, Mainz, Leipzig, Berlin, Dresden, Hamburg, Prag. Im November 1816 trat er in Darmstadt auf und wurde vom Großherzog von Hessen zum Kammersänger ernannt. Die geradezu fürstlichen Huldigungen, die ihm dargebracht wurden, veranlaßten ihn, bis zum Jahre 1825 in Darmstadt zu bleiben. Dann zog er auf kurze Zeit nach Paris, hauptsächlich um sich unter Rossini und Bordogni weiter auszubilden, und nahm auf seiner Rückkehr nach Deutschland eine Einladung nach Kassel als Kammersänger an. Im Juli 1829 kam er nach Wien; hier wurde er, vom Herbst 1830 angefangen, im Kärnthnerthor-Theater auf Lebenszeit engagirt. Wenige Reisen abgerechnet, deren eine ihn 1840 auch nach London brachte, wirkte er in diesem Engagement bis zum Jahre 1845, wo er als Abayaldos in „Dom Sebastian“ von der Bühne Abschied nahm. Darauf wurde er Regisseur. Den 50. Jahrestag seiner künstlerischen Thätigkeit feierte er mit einem Concert am 8. November 1857, in welchem alle hervorragenden Sänger mitwirkten. Auch da noch bewunderte man die Vollendung seiner Gesangskunst und die merkwürdige Erhaltung seiner Stimme. Diese hatte in den letzten Jahren seiner öffentlichen Thätigkeit so sehr den Charakter einer Barytonstimme angenommen, daß er Partien wie Don Juan, Zampa, Sever mit unwiderstehlicher Wirkung sang. Neben den bereits genannten waren seine glänzendsten Rollen: Talasco (in Spontini’s „Ferd. Cortez“), Arnold [487] (in Rossini’s „Tell“), Orest, Masaniello, Eleazar, George Brown, Licinius („Vestalin“), Arthur („Lucia“), besonders aber: Tamino, Florestan, Joseph (Mehul) und Othello. Seinen Tönen wurde seltene Klangschönheit, Kraft und Fülle nachgerühmt; sie entströmten stets leicht, natürlich und ungezwungen seinem Munde. Obwohl nicht groß, war er doch schön und fest gebaut, hatte Augen voll Feuer, ein ausdrucksvolles Gesicht und alle Fähigkeiten, die nothwendig waren, seine Bewegungen wirkungsvoll zu machen, die an sich wieder stets natürlich, lebensvoll und fern waren von aller Uebertreibung. Wie auf der Bühne, galt er auch im Concertsaal für einen der Allerersten. Nach anderen Berichten soll er bei aller Größe als weltlicher und als Bühnensänger doch sein Bestes in der Kirchenmusik, besonders in den Lamentationen der Charwoche, geleistet haben, in denen die wohllautenden Töne seiner außerordentlichen Stimme einem wahrhaft gottergebenen Gefühle entströmten. Die schönste Erinnerung aus seinem reichen Leben knüpfte sich für W. an seine Begegnung mit Beethoven gelegentlich eines Festconcertes zum Geburtstag der Kaiserin von Rußland im J. 1815. W. hatte eine Arie von Stadler zu singen; als er Beethoven im Saale bemerkte, setzte er dessen „Adelaide“ an diese Stelle, und der Meister erklärte sich bereit, den Gesang zu begleiten. W. selbst berichtet darüber: „Durch meinen Vortrag zufrieden gestellt, sprach er mir gegenüber die Absicht aus, das Lied zu instrumentiren. Dazu kam es zwar nicht, doch schrieb er für mich die Cantate „An die Hoffnung“ (Text von Tiedge) mit Clavierbegleitung, welche ich, von ihm selbst accompagnirt, in einer Matinée vor einer gewählten Gesellschaft sang“. Diese Matinee fand am 20. April 1816 statt.

C. F. Pohl, Art. Wild in Grove's Dictionary of Music and Musicians. – Thayer, Beethoven III.