Zum Inhalt springen

ADB:Wildungen, Ludwig Karl Eberhard Heinrich Friedrich von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wildungen, Ludwig Karl Eberhard Heinrich Friedrich von“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 513–515, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wildungen,_Ludwig_Karl_Eberhard_Heinrich_Friedrich_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 05:39 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 42 (1897), S. 513–515 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Ludwig von Wildungen in der Wikipedia
Ludwig von Wildungen in Wikidata
GND-Nummer 117380652
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|42|513|515|Wildungen, Ludwig Karl Eberhard Heinrich Friedrich von|Richard Heß|ADB:Wildungen, Ludwig Karl Eberhard Heinrich Friedrich von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117380652}}    

Wildungen: Ludwig Karl Eberhard Heinrich Friedrich v. W., Dr. phil. h. c., Forstmann, geboren am 24. April 1754 in Kassel, † am 14. Juli 1822 in Marburg. Er entstammte einer altadeligen, bereits im 13. Jahrhundert bekannten Familie, aus der schon viele tüchtige Forstmänner und waidgerechte Jäger hervorgegangen waren. Sein Vater war hessen-kasselscher Geheimrath und Gesandter bei der ehemaligen fränkischen Kreisversammlung zu Nürnberg. Durch seine Mutter für den Schulbesuch vorbereitet, genoß er den ersten öffentlichen Unterricht in Kassel. Von 1764 ab besuchte er das Egydien-Gymnasium in Nürnberg, woselbst ihm Rector Schenk den Geschmack an den alten Classikern beibrachte, den er sich zeitlebens zu bewahren wußte. Im Herbst 1769 bezog er das königliche Pädagogium zu Halle; von dem Aufenthalt daselbst spricht er in seiner Selbstbiographie mit dem innigsten Dankgefühl, weil er hier die erste Anregung zum Studium der Natur empfing, der er später „die höchsten Freuden seines Lebens“ verdankte. Obgleich sein ganzer Sinn und sein Streben von Jugend auf nur dem Forst- und Jagdwesen zugewendet war, so mußte er doch dem Willen seines Vaters gemäß – dem Studium der Rechtswissenschaft sich widmen. Vom Herbst 1771 ab studirte er auf der Universität Halle und vom Frühjahr 1773 bis dahin 1776 in Marburg. Trotz seiner Abneigung für die „grämliche Themis“ veranlaßte ihn sein Pflichtgefühl doch, so viele juristische Kenntnisse sich anzueignen, daß ihm bereits am 2. April 1776 das Amt eines Beisitzers an der Regierung zu Marburg übertragen werden konnte. Wenig befriedigt durch diese Stellung nahm er aber schon Ende 1778 seine Entlassung, um in die Dienste des Herzogs Karl Wilhelm von Nassau-Usingen [WS 1] als Gesellschafter einzutreten, weil er in dieser Stellung in nähere Berührung mit dem Forst- und Jagdwesen zu kommen hoffte. In der That verwirklichte sich auch diese Erwartung, indem er – seit dem 10. Juni 1780 mit dem Charakter eines Regierungsrathes bekleidet – außer seinen Obliegenheiten als Jurist bei der Regierung zu Wiesbaden auch mehrere mit dem Forstwesen in unmittelbarer Verbindung stehende Aufträge zu erledigen hatte. Die von seinen Verwandten, welche ihn wieder der juristischen Carrière zuführen wollten, betriebene Ernennung zum hessen-kasselschen Regierungsrath in Rinteln (Mai 1781) entführte ihn aber diesem ihm liebgewordenen Wirkungskreise und brachte ihn wieder in die Dienste seines Heimathlandes zurück. Statt nach Rinteln versetzt zu werden, wurde er aber zu seiner Freude der Regierung in Marburg zugetheilt, woselbst er sich verehelichte. Als Nebenamt wurde ihm vom 4. Juli 1793 ab das eines zweiten Subdelegaten bei der fürstlich Solms-Braunfels’schen Debit- und Administrationscommission übertragen, und nachdem der erste Subdelegat (Staatsminister v. Meyer in Kassel) mit Tode abgegangen war, blieben ihm die betreffenden Geschäfte auf Veranlassung des fürstlich Solms-Braunfels’schen Hauses allein überlassen. Endlich wurde ihm noch durch seine am 22. November 1799 erfolgte Ernennung zum Oberforstmeister in Marburg der Lieblingswunsch erfüllt, seine Dienste ausschließlich dem Forst- und Jagdwesen zuwenden zu können. [514] Die Administration des Fürstenthums Braunfels behielt er als Nebenamt bei. Während der französischen Schreckensherrschaft fungirte er von 1806 an als Conservateur des Eaux et Forêts im Werra-Departement, trat aber nach der Restauration wieder als Oberforstmeister in seinen früheren Wirkungskreis zurück. Er liegt, seinem Wunsche gemäß, auf seinem Lieblingsplatz im Walde, inmitten selbstgepflanzter Lärchen, Weymouthskiefern, Weißtannen und Lebensbäume, begraben. In Bezug auf das eigenartige, ächt waidmännische Ceremoniell (12 „redliche“ Förster mußten mit drei Salven aus ihren Pürschbüchsen die sterbliche Hülle einsegnen) ertheilte er in seinen Schriften sehr eingehende Bestimmungen. Später errichtete ihm der Erbprinz von Braunfels im dortigen Wildpark einen einfachen Denkstein, welcher am 9. August 1827 eingeweiht wurde.

W. ragt, wie aus dem nachstehenden Verzeichniß seiner Schriften ersichtlich ist, weniger durch forstliches Wissen hervor, als durch einen sehr lebhaft entwickelten Sinn für die Natur, zumal den Wald, und durch sein eingehendes Verständniß für die Jagd, die er von einem höheren Standpunkte aus auffaßte. Man kann ihn als den Bildner der modernen Jagdkunst bezeichnen, die er nicht nur als fachlicher Schriftsteller behandelte, sondern bei seiner Veranlagung zur Poesie auch als begeisterter Dichter in allen Variationen besang. Seine zahlreichen Lieder athmen eine unbesiegbare Liebe zu Wald und Jagd und bekunden zugleich eine so gemüthvolle, heitere, sogar joviale Lebensauffassung, daß sie Waldlust und Erheiterung in weite Kreise getragen haben. Seine ersten „Lieder für Forstmänner und Jäger“ erschienen 1788. Sie wurden 1790 von J. Chr. Müller in Musik gesetzt; spätere, durch andere Dichter vermehrte Auflagen datiren aus den Jahren 1804, 1812 und 1816. Ihnen folgte von 1794 ab ein Taschenbuch, welches bis 1800 u. d. T.: „Neujahrs-Geschenk für Forst- und Jagdliebhaber“ alljährlich erschien. Mit dem Jahrgange 1800 wurde aber ein zweckmäßigeres größeres Format und der Titel: „Taschenbuch für Forst- und Jagdfreunde“ gewählt. Von 1802 ab erschien nur alle zwei Jahre ein weiteres Bändchen, bis sein Freund Regierungsrath Bunsen (zu Arolsen) die Mitherausgabe des Werkchens übernahm (1807). Im ganzen gelangten bis 1812 von dem Taschenbuche überhaupt 14 Bändchen zur Ausgabe. Für einen weiteren Leserkreis bestimmt, verfolgten sie den Zweck, naturwissenschaftliche, insbesondere jagdzoologische Kenntnisse und richtigere Ansichten über den Forst- und Jagdbetrieb auch unter dem niederen Forstpersonal zu verbreiten, eine Aufgabe, die sie in trefflicher Weise erfüllten. In die Zeit von 1815–1822 fällt die Herausgabe des Handbuchs: „Waidmanns Feierabende“. Dasselbe erschien in 6 Bändchen mit zum Theil colorirten Kupfern. Er lieferte außerdem Beiträge in verschiedene fachliche Zeitschriften, hauptsächlich in G. L. Hartig’s Journal für das Forst-, Jagd- und Fischereiwesen, in den Sylvan u. s. w. Nach seinem Tode erschienen noch aus seinem Nachlaß gesammelte und von seiner Biographie begleitete Forst- und Jagdgedichte (1829). Nicht unerwähnt soll schließlich bleiben, daß W. auch auf forstpraktischem Gebiet (insbesondere im Forstculturwesen) eine rühmenswerthe Thätigkeit entfaltete, wie der gute Zustand der seiner Administration unterstellten Waldungen bewies.

W. war Mitglied zahlreicher Vereine bezw. Gesellschaften, so u. A. der Naturforschenden Freunde zu Berlin, Jena, Erfurt und Hanau. Er gehörte zur Societät der Forst- und Jagdkunde zu Waltershausen, an welcher er seit 1799 neben dem Grafen Mellin zugleich als Censor für alle von jener zum Drucke zu befördernden Jagdschriften zu fungiren hatte. Zuletzt (1809) ernannte ihn noch die philosophische Facultät der Universität Marburg an seinem Geburtstage (24. April) zum Dr. phil. h. c., welche Auszeichnung ihn mit besonderer [515] Freude und berechtigtem Stolze erfüllte. Sein heiteres Wesen und seine wohlthuende Liebenswürdigkeit in gesellschaftlicher Beziehung verschafften ihm überall Freunde und Verehrer.

Laurop und Fischer, Sylvan, 1814, S. 3 (Selbstbiographie). – Friedrich Wilhelm Strieder’s Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- u. Schriftsteller-Geschichte, 17. Bd. 1819. Herausgegeben v. D. Karl Wilhelm Justi, S. 53. – Allgemeine Forst- und Jagdzeitung, 1827, S. 425 (Correspondenz-Nachricht aus Braunfels); 1838, S. 312 (Vorschlag zur Errichtung eines Denkmals für v. Wildungen, von A. Brumchard). – Pfeil, Kritische Blätter für Forst- und Jagdwissenschaft, XLV. Band, 2. Heft, 1863, S. 176. – Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft, S. 594. – Fr. v. Löffelholz-Colberg, Forstl. Chrestomathie, V, 1, S. 43, Nr. 148 u. S. 150, Bemerk. 28.– Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums u. s. w. II. S. 392, 397, 403, 404, Bemerkung 24; III. S. 401. – Hartig, Dr. G. L., Lehrbuch für Jäger u. s. w., 10. Aufl., herausgegeben von Dr. Th. Hartig, I. Band, 1877, S. 24. – Roth, Geschichte des Forst- und Jagdwesens in Deutschland, S. 632. – Heß, Lebensbilder hervorragender Forstmänner u. s. w., S. 410.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. zuviel der Ehre: Karl Wilhelm war Fürst, erst sein Nachfolger erhielt den Titel Herzog.