ADB:Wurm, Albert Aloys Ferdinand
Iffland für das Königliche Theater in Berlin gewonnen wurde. Seine erste Rolle, mit der er sich sofort die Gunst des Publicums gewann, war Tamino in Mozart’s „Zauberflöte“. Er übernahm dann in Berlin das Fach des Tenorbuffos und glänzte namentlich in der Operette. Als Lorenz im „Hausgesinde“ gefiel er dem Publicum z. B. so sehr, daß diese Operette innerhalb zweier Jahre nicht weniger als achtzig Mal gegeben wurde. Als er sich später dem Genre des Niedrigkomischen zuwandte, erzielte er gleichfalls den größten Beifall. Eine seiner besten Leistungen war die Darstellung des Meschores Hirsch in Cumberland’s einst so beliebtem Rührstück: „Der Jude“. Ueberhaupt glänzte er in der Wiedergabe lächerlicher jüdischer Figuren. Dennoch brachte er einen Theil des Publicums sehr gegen sich auf, als er im September 1815 in der Posse: „Unser Verkehr“ von Seffa die Figur des Jacob gar zu carikirt darstellte. Bald darauf wurde er in einen Criminalproceß verwickelt und dadurch genöthigt, Berlin zu verlassen. Er begab sich nunmehr auf eine Kunstreise, die ihn über Hamburg durch ganz Norddeutschland und in die Rhein- und Maingegenden führte. Dann ließ er sich im J. 1817 durch Küstner für Leipzig engagiren, wo er thatsächlich Furore machte. Schon bei seinem ersten Auftreten bahnten sich Zuschauer, die vergeblich einen Eingang durch die Thüren versucht hatten, Zutritt durch die Fenster. Doch hielt er es nicht lange in Leipzig aus, sondern verließ schon im J. 1818 die dortige Bühne, um, durch kein Engagement gebunden, überall gastirend in Deutschland herumzuziehen und durch seinen „alles mit sich reißenden Humor“ das Publicum zu erlustigen. [326] Dieses Leben setzte er bis zum Jahre 1827 fort, in dem er sich von der Bühne zurückzog, um fortan von seinem erworbenen, nicht unbedeutenden Vermögen zu leben. Er starb in Karlsruhe am 21. März 1834. Küstner nennt ihn „einen der ausgezeichnetsten Schauspieler im Gebiete des Komischen“ und rühmt seinen „schlagenden Humor, den richtigsten Takt, das Komische zu treffen, wie das Schwarze in der Scheibe“, sowie seine „große Sicherheit und das regste Leben“, wodurch er die Mitdarsteller und die ganze Aufführung mit sich fortriß und auch den trübsinnigsten Zuschauer zu ausgelassener Lust, ja rauschendem Beifall zwang. „Obwohl mehr die Posse und sonach nicht treue Charakterschilderung sein eigentlicher Wirkungskreis ist, so stellt er doch z. B. als Pachter Grauschimmel im „Rehbock“ und als Matz im „Intermezzo“ glückliche Charakterbilder auf. Mit Vergnügen denkt noch jeder Leipziger derselben, sowie der von ihm gespielten Rollen in den Lustspielen: „Der Schauspieler wider Willen“, „Die Drillinge“, „Der Lügner und sein Sohn“ (Herr von Cräck), „Unser Verkehr“, „Der Diener zweier Herren“, sowie in den Singspielen: „Sänger und Schneider“, „Die Dorfsängerinnen“ (Marco), „Der Dorfbarbier“, „Das Hausgesinde“, „Der politische Zinngießer“ (Heinrich) u. a. Das Gesicht Wurm’s war wohl gebildet, aber seine Züge, an und für sich komisch, verstärkten durch den trockenen Ernst, der ihm auf der Bühne, wie im Leben eigen war, die Wirkung seines Humors und seines gewandten Spiels.
Wurm: Albert Aloys Ferdinand W., Schauspieler, wurde im Jahre 1783 zu Greifenhagen in Pommern geboren. Nach dem frühen Tode seines Vaters, der in dürftigen Verhältnissen gelebt hat, entzog er sich den Mißhandlungen seiner bösen Stiefmutter durch die Flucht. Er wurde Bedienter und lernte auf diese Weise die Welt und die Menschen gründlich kennen. Die Neigung zum Theater wurde bei ihm zuerst durch Puppenspieler erweckt. Er machte eine Reihe von Versuchen, als Schauspieler bei Wandertruppen unterzukommen, wurde aber abgewiesen und versuchte daher zuerst bei einer Kunstreitergesellschaft sein Glück. Später gelang es ihm jedoch, seine Absicht durchzusetzen. Seine erste Rolle, in der er die Bühne betrat, war der Plumper in: „Er mengt sich in Alles“. Er schloß sich nun einer in Schlesien umherziehenden Wandertruppe an, bei der er wegen seiner schönen und ausgiebigen Tenorstimme viel Beifall erwarb. In den Jahren von 1801 bis 1804 war er in Warschau engagirt, dann begab er sich auf eine Gastspielreise nach Breslau, Bamberg und Würzburg, von wo aus er im J. 1809 durch- Vgl. K. Th. Küstner, Rückblick auf das Leipziger Stadttheater. Leipzig 1830. S. 40, 52, 53. – Derselbe, Vierunddreißig Jahre meiner Theaterleitung. Leipzig 1853. S. 13. – Neuer Nekrolog der Deutschen. 12. Jahrg. 1834. Weimar 1836. II, 1206, 1207. – K. Herloßsohn, H. Marggraff u. A., Allgemeines Theater-Lexikon. Altenburg und Leipzig 1846. VI, 234, 235. – F. Gleich, Aus der Bühnenwelt. Leipzig 1866. II, 20–24. – R. Genée, Hundert Jahre des Kgl. Schauspiels in Berlin. Berlin 1886. – C. Schäffer und C. Hartmann, Die Kgl. Theater in Berlin. Berlin 1886. S. 180, 212.