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ADB:Wurmser, Dagobert Sigmund Graf von

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Artikel „Wurmser, Dagobert Sigmund Reichsgraf von“ von Oscar Criste in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 338–340, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wurmser,_Dagobert_Sigmund_Graf_von&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 00:21 Uhr UTC)
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Wurmser: Dagobert Sigmund Reichsgraf von W., k. k. Feldmarschall. Geboren am 7. Mai 1724 in Straßburg als Glied einer sehr begüterten und angesehenen Familie aus dem Elsaß, trat W. frühzeitig in das Heer seines Landesherrn, kämpfte schon bei Beginn des Oesterreichischen Erbfolgekrieges in Böhmen und zeichnete sich während des 7jährigen Krieges als Oberst und Commandant eines Husarenregimentes besonders im kleinen Kriege aus. Am 30. Januar 1761 wurde W. vom Kaiser Franz I. in den Grafenstand des heil. röm. Reiches deutscher Nation erhoben und zwei Jahre später veranlaßte der Statthalter der Niederlande, Herzog Karl von Lothringen, den als tüchtigen Parteigänger und kühnen Reiterführer bekannt gewordenen französischen Officier, sammt seinem Freicorps, 1 Infanterie-, 1 Husarenregiment und 1 Artilleriecompagnie mit 6 Geschützen, in österreichische Dienste zu treten. Mit 12. Januar 1763 als Generalmajor in das kaiserliche Heer eingereiht, wurde W. im J. 1773 Inhaber des freih. Luszinsky’schen Regiments, nach dessen 1775 erfolgter Auflösung Inhaber des Husarenregiments Nr. 8 und am 10. April 1778 Feldmarschalllieutenant. In dieses Jahr fällt auch seine erste hervorragende Waffenthat. Er hatte zu Beginn des Bairischen Erbfolgekrieges den rechten Flügel der Armee in dem verschanzten Lager von Jaromeř zu decken, schlug Anfang Juli den Angriff eines starken preußischen Corps zurück, attackirte Ende August mit großem Erfolg die Nachhut der beiden Corps Tauentzien und Falkenhayn und [339] beunruhigte während des Winters ununterbrochen die feindliche Postirung. Kaiser Joseph II. würdigte die Verdienste des Generals durch Verleihung des Commandeurkreuzes vom Maria Theresien-Orden. Zu Beginn des Jahres 1779 beschloß W., die Absichten des preußischen Generals Wunsch, die bei Zuckmantel stehenden kaiserlichen Truppen zu verdrängen, durch eine Diversion in das Glatzische zu vereiteln und sich des Postens Habelschwert und der Blockhäuser von Schwedeldorf zu bemächtigen. Das Unternehmen gelang glänzend; General Prinz Hessen-Philippsthal, 38 Officiere und 1161 Mann wurden gefangen, 4 Kanonen, 3 Böller und 10 Fahnen erbeutet. Der weiteren Thätigkeit des kühnen Generals machte der Anfang März abgeschlossene Waffenstillstand, dem am 13. Mai der Teschener Frieden folgte, ein Ende. Am 8. September 1787 wurde W. zum General der Cavallerie befördert und bei Beginn des Türkenkrieges zum commandirenden General in Galizien ernannt. Hatte ihn diese Stellung verhindert, an den Feldzügen der Jahre 1788 und 1789 theilzunehmen, so sollte ihm der Beginn der Revolutionskriege reichlich Gelegenheit bieten, seine hervorragenden Fähigkeiten als Feldherr zu bethätigen. Im J. 1793 zum Commandanten der k. k. Oberrheinarmee ernannt, überschritt er am 31. März den Rhein bei Ketsch, warf am 1. April den Nachtrab Custine’s über den Queich, mußte jedoch hier zwei Monate unthätig stehen bleiben, da der Herzog von Braunschweig, nach dessen „Direction und Disposition“ W. sich zu richten hatte, vor der Eroberung von Mainz zu irgend welcher Offensivoperation nicht zu bewegen war. Im Juli ergriffen die Franzosen ihrerseits die Offensive zum Entsatze von Mainz; aber ihre Angriffe am 19. und 20. auf die Stellung der Oesterreicher vor Landau, Germersheim und den Vogesen wurden zurückgewiesen, und nachdem Mainz am 22. gefallen war, griff sie W. am 27. an und zwang sie zum Rückzug in die Weißenburger Linien. Entgegen den Intentionen Braunschweigs unternahm W. am 23. August einen Angriff auf die Franzosen im Bienenwalde bei Weißenburg und machte dann dem Könige Friedrich Wilhelm den Vorschlag, „mit vereinten Kräften den Durchbruch der Weißenburger Linien zu unternehmen, widrigenfalls er dem Feinde den eben abgerungenen unendlichen Vortheil, die beträchtliche Bienwaldposition, überlassen müßte, welche sodann nicht ohne großes Blutvergießen wieder zurückzuerobern wäre“. Trotzdem der König seine Mitwirkung zu dem geplanten Unternehmen verweigerte und W. die Verantwortung für seine Handlungen anheimstellte, griff dieser die von 51 500 Mann besetzten, 12 km langen, verschanzten Weißenburger Linien am 13. October mit seinem 43 000 Mann starken Heere an, durchbrach sie und warf die Franzosen gegen Hagenau zurück. Außer Vorräthen aller Art, vielen Positions- und Feldgeschützen, fielen 12 Fahnen und 750 Gefangene in die Hände der Oesterreicher. Das Großkreuz des Maria Theresien-Ordens lohnte die herrliche Waffenthat. Ungeachtet der beharrlichen Weigerung Braunschweigs, die weiteren Unternehmungen Wurmser’s zu unterstützen, drang dieser in das Elsaß ein, besetzte die Engpässe von Bergzabern, schloß am 17. October Fort Louis ein und nahm diesen Platz am 14. November. Die fortgesetzte Unthätigkeit Braunschweig’s, seine Verweigerung jeder Unterstützung, dann die zweideutige Haltung der kleinen süddeutschen Staaten vereitelten eine Ausnützung der errungenen Vortheile. Schritt für Schritt mußte W. vor der dreifachen Ueberlegenheit Pichegru’s zurückweichen und Ende 1793 erfuhr W. noch die schwere Kränkung, von der Armee abberufen zu werden, „um den Verbündeten keinen Grund zu neuen Mißhelligkeiten zu geben“. Aber schon kurze Zeit darauf ward W. die verdiente Genugthuung, denn im August 1795 wurde er abermals mit dem Oberbefehl über die nunmehr 83 000 Mann starke Oberrheinarmee betraut. Seine anfängliche Absicht, in das Elsaß zu rücken, gab W. nach dem vertragswidrigen Ueberschreiten [340] der im Baseler Frieden festgesetzten Demarcationslinie durch Jourdan auf und führte sein Heer gegen den bei Mannheim stehenden Pichegru, der am 24. September von der Vorhut Wurmser’s bei Handschuchsheim geschlagen wurde, wodurch es auch Clerfayt ermöglicht ward, die Offensive zu ergreifen. Dem Treffen von Handschuchsheim folgte am 18. October das bei Mannheim, in welchem nebst dem General Oudinot 19 Officiere und 521 Mann, eine Fahne, drei Geschütze und fünf Munitionskarren in die Hände der Oesterreicher fielen. Mit der Eroberung von Mannheim, 22. October, wobei nebst großen Kriegsvorräthen 383 Geschütze, 30 000 Gewehre erbeutet und 10 Halbbrigaden gefangen abgeführt wurden, schloß der Feldzug des Jahres 1795. Denn der Plan Wurmser’s, nach diesen Erfolgen nach Elsaß vorzudringen, scheiterte an der Weigerung Clerfayt’s, der einer Fortsetzung des Kampfes nicht geneigt war, weshalb W., am 11. December 1795 zum Feldmarschall ernannt, seine Armee hinter den Queich versammelte und da verblieb, bis er am 29. Mai 1796 an Stelle Beaulieu’s den Oberbefehl über die kaiserliche Armee in Italien erhielt. Am 1. Juli traf er in Trient, am 13. in Roveredo ein und unmittelbar nachdem die letzten Truppen vom Rhein bei Trient eingetroffen waren, Ende Juli, ergriff er die Offensive. Er gedachte Bonaparte, der vor Mantua lag, anzugreifen, zu schlagen und dadurch der Festung den Entsatz zu bringen. Zur Ausführung dieses Plans theilte er sein Heer in vier Colonnen. Die erste sollte von Roveredo aus den Gardasee umgehen und die Franzosen im Rücken bedrohen, mit den zwei Colonnen der Mitte wollte er selbst den Feind von Mantua vertreiben, während die vierte von Bassano gegen die Etsch vorrücken und die Verbindung mit dem Haupttheile der Armee über Verona oder Legnago suchen sollte. Die ersten Gefechte vom 23. Juli bis 3. August waren vom günstigsten Erfolge begleitet; W. schlug die Franzosen am 29. Juli am Montebaldo, am 30. bei Calmasino und Campora und bahnte sich hierdurch den Weg nach Mantua; aber FML. Quosdanovich, der Commandant der ersten Colonne, ließ sich verleiten, statt die Verbindung mit W. anzustreben, aus dem Gebirge in die Ebene gegen Brescia vorzudringen. Bonaparte, der sich rasch von Mantua zurückgezogen und seine gesammten Streitkräfte concentrirt hatte, warf sich auf Quosdanovich, schlug ihn in den Gefechten bei Salo, Lonato und Gavardo, wandte sich dann gegen W., der am 2. August noch nichts von der Niederlage seiner ersten Colonne wußte, schlug ihn am 5. bei Castiglione, was die neuerliche Blockirung von Mantua zur Folge hatte. W., der sich durch die verlorene Schlacht genöthigt sah, nach Südtirol zurückzuweichen, versuchte Ende August von neuem vorzurücken. Aber auch diese Unternehmung war nicht vom Glücke begleitet; die vorrückenden Colonnen der Kaiserlichen wurden einzeln geschlagen, nur jener Wurmser’s gelang es in fortwährenden Kämpfen, sich den Weg zu bahnen, die Etsch bei Legnago zu überschreiten und sich nach Mantua zu werfen. Die nunmehr folgende siebenmonatliche Vertheidigung Wurmser’s in der blockirten Festung bildet eines der ruhmreichsten Blätter der österreichischen Heeresgeschichte, und als W. endlich am 2. Februar 1797 sich zur Uebergabe von Mantua entschloß, versagte ihm auch der gewaltige Feldherr, der ihm den Abzug mit fliegenden Fahnen gestattete, die Anerkennung nicht, und Kaiser Franz II. empfing den greisen Marschall in vollen Gnaden. Das ihm angebotene Generalcommando von Ungarn zu übernehmen, war W. nicht mehr gegönnt; kurz nach seiner Ankunft in Wien erkrankte er und starb am 21. August 1797.

Die Akten des k. u. k. Kriegs-Archivs. – Janko, Dagobert Sigmund Reichsgraf v. Wurmser (Mittheilungen des k. u. k. Kriegs-Archivs. Jahrg. 1878). – Wurzbach, Biographisches Lexikon.