Zum Inhalt springen

ADB:Zimmermann, Johann Jakob

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Zimmermann, Johann Jakob“ von Siegmund Günther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 270–271, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zimmermann,_Johann_Jakob&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 08:45 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Zimmermann, Johannes
Band 45 (1900), S. 270–271 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Jacob Zimmermann in der Wikipedia
Johann Jacob Zimmermann in Wikidata
GND-Nummer 118127055
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|45|270|271|Zimmermann, Johann Jakob|Siegmund Günther|ADB:Zimmermann, Johann Jakob}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118127055}}    

Zimmermann: Johann Jakob Z., Astronom, geboren 1644 zu Vayhingen, † 1693 zu Rotterdam. Wir wissen von Zimmermann’s jüngeren Jahren nur soviel, daß er in Tübingen Theologie studirte, 1664 die philosophische Magisterwürde erhielt und 1671 Pfarrer (Diakonus) in Bietigheim wurde. Allein, wie damals überhaupt in ganz Württemberg die religiöse Schwärmerei sich geltend machte, so verlegte sich auch Z. mit Vorliebe auf chiliastische Speculationen und machte sich dadurch der orthodox-lutherischen Kirchenbehörde verdächtig, welche im J. 1684 seine Amtsentsetzung aussprach. Nun begann Zimmermann’s Wanderleben. Wir finden ihn 1685 in Amsterdam, 1686 in Frankfurt a. M., 1689 für kurze Zeit als Professor der Mathematik in Heidelberg, 1689 in Hamburg, wo er als Privatlehrer und Corrector in Druckereien sich mühsam sein Brot verdiente. Man schätzte sein Wissen, und in der „Kunstrechnung-liebenden Gesellschaft“, aus welcher die jetzige Mathematische Gesellschaft Hamburgs hervorging, spielte er unter dem Beinamen „der Zierende“ eine geachtete Rolle, aber die Bemühungen, hier oder in Rostock eine feste Anstellung als Professor zu erlangen, schlugen deshalb fehl, weil er als Anhänger Jakob Boehme’scher Mystik mit dem herrschenden Kirchenglauben sich in Zwiespalt befand. Da wurden von einigen seiner Hamburger Gesinnungsgenossen Verhandlungen mit dem bekannten Quäker William Penn angebahnt, der damals eben auf amerikanischem Boden eine Colonie für religiöse Dissidenten zu begründen im Begriffe stand, und in der That kam es dahin, daß elf Familien sich zur Auswanderung entschlossen. Man reiste über Holland, und hier starb Z. plötzlich, bei der Durchreise durch Rotterdam. Seine Wittwe setzte die Fahrt fort und siedelte sich wirklich in Pennsylvanien an.

Als theologischer Schriftsteller trat Z. unter dem Pseudonym Ambrosius [271] Sehmann von Caminiez auf und lieferte höchst phantastische Betrachtungen über das nahe bevorstehende Weltende. Den Untergang von „Babylon“ hatte er gerade auf das Jahr 1693, in welchem er selbst das zeitliche segnete, vorausgesagt. Um so höher muß man es ihm anrechnen, daß diese Neigung zu religiöser Ausschreitung auf seine wissenschaftlichen Ansichten keine Rückwirkung ausübte, wie er denn mehrfach entschieden für das copernicanische Weltsystem eintrat („Philalethae exercitatio theoricorum copernico-coelestium mathematico-physico-theologica“, Hamburg 1689; „Astronomischer Beweis des copernicanischen Weltgebäudes aus der heiligen Schrift“, Frankfurt a. M. 1690). Auch die elliptische Planetenbahn erkannte Z. als einer der ersten an („Prodomus biceps cono-ellipticae et a priori demonstratae planetarum theorices“, Stuttgart 1679). Andere astronomische Arbeiten Zimmermann’s („Anleitung zur Bestimmung der geographischen Länge“, Tübingen 1669; „Ueber Kometen“, Stuttgart 1681 und 82; „Astronomische Rechenkunst mit Logarithmen“, Hamburg 1691) hatten für ihre Zeit ebenfalls Verdienst. Am bekanntesten jedoch wurde er durch ein erst nach seinem Tode der Oeffentlichkeit übergebenes Werk („Coniglobium nocturnale stelliferum“, Hamburg 1704, neue Auflagen 1706 und 1729), in welchem er zu astrognostischen Zwecken den üblichen Himmelsglobus durch einen offenen Kegel ersetzte, auf dessen Innenfläche die Sternbilder abgebildet waren – eine Vorrichtung, welche im XVIII. Jahrhundert, wie die Abhandlungen von Klügel und Funk beweisen, großen Beifalles sich zu erfreuen hatte.

Zedler, Vollständiges Universallexikon, 62. Band, Leipzig-Halle 1749, Sp. 744 ff. – Poggendorff, Biographisch-litterarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exakten Wissenschaften, 2. Band, Leipzig 1863, Sp. 1411.