ADB:Zuccalmaglio, Vincenz Jacob von

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Artikel „Zuccalmaglio, Vincenz Jacob von“ von Jakob Schnorrenberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 469–471, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zuccalmaglio,_Vincenz_Jacob_von&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 11:47 Uhr UTC)
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Zuccalmaglio: Vincenz Jacob von Z., Bruder des vorhergehenden, erblickte als der zweite Sohn des Notars J. S. v. Z. in Schlebusch bei Mülheim a. Rh. am 26. Mai 1806 das Licht der Welt. Mit seinem älteren Bruder zusammen besuchte er das Karmeliter-Gymnasium in Köln und nach Absolvirung desselben in den Jahren 1826–1830 die Hochschule zu Heidelberg, um das Studium der Rechtswissenschaft zu betreiben. Musik und Litteratur zogen aber auch ihn, wie seinen Bruder, ganz gewaltig an, und zumal die deutschen Alterthümer waren es, mit denen er sich eingehend beschäftigte. Nachdem Vincenz nach Beendigung der Universitätsstudien anfänglich am Landgerichte zu Köln thätig war, wurde er 1840 zum Notar in Hückeswagen ernannt und lebte seit 1856 bis zu seinem am 21. November 1876 erfolgten Tode als sehr beschäftigter und gesuchter Notar und Justizrath in Grevenbroich. Verheirathet war er seit 1835 mit Gertrude von Caluwe. Vor seiner Hochschulzeit hatte Z. seiner Militärpflicht bei der 7. Artilleriebrigade in Köln genügt (1825–26); durch einen Unfall am Geschütz auf der Wahner Heide Invalide geworden, mußte er den Dienst aufgeben. Angesichts des Kriegsaussichten im J. 1830 trat er aber als Lieutenant wieder ein, nachdem sein Schaden wieder heil war, und blieb Landwehrofficicr, bis er 1852 als Hauptmann ausschied.

Z. gehörte zu den wackersten Männern seiner Zeit, zu den treuesten Freunden des Volkes. Als Dichter und als Sagenforscher hat er sich einen ehrenvollen Namen errungen; als Freund des Volkes und des Vaterlandes stand er in der ersten Reihe derjenigen, welche für eine freie Entwicklung des deutschen Geistes und wider alle Feinde des einigen deutschen Reiches kämpften. E. M. Arndt schätzte ihn außerordentlich hoch und nannte ihn seinen „Freund und Blutsfreund in Gesinnung“. Vor allem lobt er an ihm sein ungewöhnliches Talent der populären Darstellung. Und gerade auf diesem letzteren Gebiete, auf demjenigen der schriftlichen und mündlichen Volksansprachen hat Z. die bedeutendsten Erfolge errungen, während seine dichterischen Leistungen nicht ganz an diejenigen seines Bruders heranreichen. Aus der großen Fülle seiner Schriften hebe ich nur die hauptsächlichsten hervor. Nachdem im J. 1833 von ihm eine „Oertliche und geschichtliche [470] Darstellung der Mosel von Coblenz bis Trier“ erschienen war, der sich im folgenden Jahre als Pfingstgeschenk für Kinder „Der Maimorgen“ in Versen mit Nachbildung der Vogelstimme anreihte, gab er 1836 eine Geschichte und Beschreibung des Klosters Altenberg in Dhünthale heraus, eine Schrift, welche hauptsächlich die Wiederherstellung des bergischen Domes dortselbst, eines der großartigsten Gotteshäuser rein deutscher Bauart bezweckte. Sein umfangreichstes Werk erschien noch in demselben Jahre unter dem Titel „Die Vorzeit der Länder Cleve-Jülich-Berg von Montanus“ (dem Schriftstellernamen Zuccalmaglio’s), ein Werk, welches von grundlegender Bedeutung für jene Länderstriche bleiben wird. Im „tollen Jahr 1848“ gab er „Die deutsche Kokarde, Politischer Katechismus“ heraus, die im Verlaufe von drei Monaten vierzehn Auflagen erlebte, jede zu vielen Tausenden, die letzten zu je 10 000. „Die große Schlacht bei Remlingrade, oder der Sieg der Bergischen Bauern über die Elberfelder Allerwelts-Barrikadenhelden am 17. Mai 1849“, worin diese letzteren gegeißelt wurden, brachte es im Jahre des Erscheinens, 1849, bis zu zwölf Auflagen, wie denn überhaupt seine Flugschriften politischen und socialökonomischen Inhaltes sich einer massenhaften Verbreitung erfreuten. Zu den bekanntesten seiner Werke gehört ferner noch das im J. 1870 erschienene Buch „Die Helden und Bürger und Bauern am Niederrhein in den letzten sechs Jahren des vorigen Jahrhunderts und unter der Fremdherrschaft“, in welchem er getreu nach den Berichten der Augenzeugen erzählt, wie es damals den Bürgern und Bauern seiner bergischen Heimath ergangen ist. In dem im J. 1861 erschienenen Büchlein „Die religiöspolitischen Fragen der Gegenwart“ sagt er mit prophetischem Blicke die Einheit und Gründung des Deutschen Reiches voraus, „wofür ein jeder zu denken, zu beten, zu reden und zu handeln verpflichtet sei“.

Z. erfreute sich der besondern Huld des Königs Friedrich Wilhelm IV., mit welchem er bereits in Altenberg in persönliche Berührung gekommen war. Die Neider und Schmäher, welche Vincenz in großer Zahl besaß, konnten ihm beim Könige nichts anhaben; dieser ließ, um ihm eine Freude zu bereiten, sein Familienwappen im bergischen Dome anbringen, für dessen Wiederherstellung er so erfolgreich gewirkt hatte. 1855 erhielt er den rothen Adlerorden IV. Classe, 1874 den Titel Justizrath und 1876 den rothen Adlerorden III. Classe mit der Schleife.

Als das Unfehlbarkeitsdogma verkündet wurde, trat Z. in die ersten Reihen derjenigen, welche den Kampf zwischen Kirche und Staat führten; er trat auf die Seite des letzteren und wie er durch die „Pflege reichstreuer Gesinnung, Bekämpfung aller staatsfeindlichen, auf Untergrabung der Vaterlandsliebe, der Achtung vor Gesetz und Obrigkeit gerichteten Umtriebe“ sich einerseits viele begeisterte Anhänger erwarb, so wuchs andrerseits auch die Zahl seiner Gegner, welche ihn, den sie den „alten Fuhrmann“ nannten, zur Zielscheibe der heftigsten Angriffe machten. In Grevenbroich gründete Z. das „Nationale Wochenblatt“, in dessen Spalten er manchen heftigen Strauß mit seinen Gegnern ausfocht. Die letzten Jahre seines Lebens sahen ihn noch in größerer agitatorischer Thätigkeit. In den verschiedensten Städten Rheinlands und Westfalens hielt er seine Wandervorträge, und er wußte diese dadurch seinen Zuhörern so interessant zu gestalten, daß er an die Stadt oder den Ort, wo er gerade sprach, anknüpfte und sich stets als ausgezeichneten Kenner, um nicht zu sagen Geschichtsschreiber des betreffenden Fleckchens Erde bewies. Auch war seine Darstellung mit volksthümlichen Redensarten, Sprichwörtern und geflügelten Worten durchsetzt, was seiner Rede behagliche Würze verlieh und ihr schnellen Eingang in die Herzen seiner Zuhörer verschaffte. In Grevenbroich, von wo aus er die regste Thätigkeit [471] entfaltete, und wo er seinen Lebensabend beschloß, haben ihm seine zahlreichen Freunde und Anhänger ein Denkmal gesetzt.

Adolph Kohut, Aus meiner rheinischen Studienmappe. Düsseld. 1877, S. 129–158. – Franz Cramer, Dr. d’Alquen, Anton und Vincenz v. Zuccalmaglio. (Enth. i. d. Festschrift z. Feier d. 50jähr. Bestehens d. Realschule I. O. zu Mülheim a. Rh. Köln 1880, S. 13–23). – Gegen V. v. Z. gerichtet ist die Schrift: Der alte Fuhrmann (Vincenz v. Zuccalmaglio) heimgefahren von einem rheinischen Antiquarius (Cardauns). Köln 1875.