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ADB:Zukertort, Adolf Christian

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Artikel „Zukertort, Adolf Christian“ von Paul Mitzschke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 474–476, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zukertort,_Adolf_Christian&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 12:38 Uhr UTC)
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Zukertort: Adolf Christian Z., Stenograph, geboren am 25. März 1850 in Warschau, † am 4. Januar 1895 in Arco (Tirol). Nach Durchlaufung des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums in Posen studirte Z. seit 1869 in Breslau, seit 1870 in Berlin Mathematik und Naturwissenschaften, gab aber diese Laufbahn auf und widmete sich ausschließlich der Stenographie, die er zuerst 1865 nach dem Gabelsberger’schen und bald darauf auch nach dem Stolze’schen System erlernt hatte. Scharfer Verstand, ausdauernder Fleiß und unermüdliche Thätigkeit in dem erwählten Berufe machten ihn zu einem der vorzüglichsten Theoretiker und der tüchtigsten Praktiker der Gabelsberger’schen Schule. Als Praktiker wirkte er nicht bloß an seinem Wohnorte Berlin im parlamentarischen Bureau der Kölnischen, dann der Magdeburger Zeitung und bei zahlreichen privaten Verhandlungen, sondern auch auswärts beim Rheinischen Provinziallandtage und insbesondere seit 1872 bis zu seinem Tode regelmäßig in Weimar zur Aufnahme der amtlichen „Stenographen-Protokolle“ des dasigen Landtages. Auch bei der eilfertigsten Ausführung wiesen seine Stenogramme eine zierliche, kleine Schrift von deutlicher Klarheit auf. Seine Begabung als Theoretiker zeigte er schon 1868, indem er, damals noch Gymnasiast, anonym eine „Anleitung zur Gabelsbergerschen Stenographie“ in Posen herausgab. Die zweite Auflage (Berlin 1872) änderte den Titel „Anleitung“ in „Praktischer Lehrgang“; von der 11. Auflage an (Breslau 1876) trat eine Trennung des Buches in zwei Theile (I: Correspondenzschrift, II: Debattenschrift) ein und beim Tode des Verfassers lag der I. Theil schon in 67., der II. in 63. Auflage (Mittelwalde 1895) vor (jetzt 70. und 63. Auflage). Dieses Lehrmittel gehört zu den beliebtesten der Gabelsberger’schen Schule; es vereinigt Vollständigkeit [475] mit knapper Fassung und leistet in dieser Hinsicht alles, was bei der Regellosigkeit und den Spitzfindigkeiten der Gabelsberger’schen Stenographie möglich ist. Die Kenntniß des strafferen Regelwerks und der festeren Bestimmungen des Stolze’schen Systems war bei Z. nicht erfolglos geblieben, er hatte die genannten Hauptschwächen der Gabelsberger’schen Schrift mit scharfem Blick erfaßt und suchte durch die Einrichtung seines Lehrbuchs um die Schwierigkeiten nach Möglichkeit herumzukommen. Aber er vertrat auch mit Nachdruck die Forderung, daß das Gabelsberger’sche System durch organische Reformen von der Willkür befreit und wesentlich leichter erlernbat gemacht werden müsse. In diesem Sinne ging er 1876 mit der äußerlichen Trennung des Systems in Correspondenz- und Debattenschrift vor und bahnte dadurch u. a. die Wege für die von F. Schrey 1877 aufgestellten „Solinger Thesen“, die ebenfalls auf Vereinfachung und Erleichterung der Gabelsberger’schen Lehre hinzielten und darum von Z. in Wort und Schrift entschieden vertheidigt wurden. In gleichem Sinne war er fortwährend auf Systemverbesserungen bedacht, arbeitete Aenderungsanträge aus und legte sie den zuständigen Ausschüssen der Gabelsberger’schen Schule vor. Die Mehrheit der Schule war indessen eingreifenden Umgestaltungen des Systems abgeneigt und so drang Z. mit seinen Ideen nicht durch, doch sind die kleinen Verbesserungen und Fortschritte des Gabelsberger’schen Systems von 1876 bis 1895 zum großen Theil den Anregungen Zukertort’s zu verdanken. Bei dieser ablehnenden Haltung seiner Systemgenossen faßte Z. auch den Plan, ein ganz neues Stenographiesystem auf Gabelsberger’scher Grundlage auszuarbeiten. Der Entwurf dazu war bereits 1884 vollendet, aber die Bande, durch die Z. mit der Gabelsberger’schen Schule zusammenhing, waren zu stark, als daß er es über sich vermocht hätte, durch Veröffentlichung des Entwurfs einen Bruch herbeizuführen und sich zu isoliren. Im Sommer und Herbst 1876 wirkte er im Auftrage des Deutschen Gabelsberger-Stenographenbundes als Wanderlehrer für die Gabelsberger’sche Stenographie in der Schweiz, wo das Stolze’sche System fast die Alleinherrschaft besaß. Entsprach der Erfolg dieser Mission auch nicht den Anstrengungen und Aufwendungen, so gelang es Z. doch, an mehreren Orten der Schweiz feste Pflegestätten der Gabelsberger’schen Lehre zu schaffen, sodaß diese seitdem dort ein Gewicht mit in die Wagschale werfen kann. Litterarisch war Z. nicht allein durch die Herausgabe seines Lehrganges thätig, sondern er gründete auch 1877 die „Deutschen Blätter für Stenographie“ und veröffentlichte in ihnen eine große Menge fachwissenschaftlicher Aufsätze, besonders zur Theorie und Kritik des Gabelsberger’schen Systems. Die Last der übrigen Arbeiten ließ ihm freilich zu den Redactionsgeschäften nicht regelmäßig Zeit, und so ward denn das Erscheinen der Zeitschrift immer unpünktlicher, bis sie 1885 ganz einging. Erst nach langer Pause trat sie mit dem veränderten Titel „Deutsche Blätter für Schnellschrift“ 1894 unter Zukertort’s Leitung wieder ins Leben. Außer verschiedenen Sonderabdrücken aus diesen Blättern erschien von Z. noch eine Denkschrift: „Die Einführung des Stenographie-Unterrichts in die höheren Lehranstalten des preußischen Staates“ (Berlin 1884), die zur Unterstützung dahin gerichteter Petitionen verfaßt war. Im stenographischen Vereinsleben Berlins spielte Z. eine hervorragende Rolle und hat sich dort die Förderung der Gabelsberger’schen Sache sehr angelegen sein lassen. Auf den Stenographentagen und in Ausschüssen war er regelmäßig als Vertreter von Körperschaften zu finden. Der großen Menge aufreibender Obliegenheiten war auch seine starke Natur nicht gewachsen. Im Frühjahr 1894 mußte Z. seine Arbeiten größtentheils aufgeben, da sich Anzeichen eines schweren Lungenleidens einstellten. In Tirol, wo er Heilung suchte, erlag er am 4. Januar 1895 diesem Uebel.

[476] Deutsche Blätter f. Schnellschrift 1895, Nr. 2. – Oesterr. Blätter f. Stenogr. 1895, Nr. 1 u. 2. – Die Wacht. Zeitschr. f. vereinfachte Stenogr. 1895, Nr. 5. – Stenogr. Nachr. a. d. Schweiz 1895,– Nr. 3. – Trachbrodts Illustr. Ztg. 1880, S. 102. – Magazin f. Stenogr. 1895, Nr. 2.