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Aachener Stadtrechnungen aus dem XIV. Jahrhundert/Zerstoerung des Schlosses zur Dick

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Zerstörung des Schlosses zur Dick.

Im J. 1383 hauste auf dem Schlosse zur Dick (bei Bedburdyck) ein Herr Gerart, der nach seinem eigenen Geständnisse in dem vorhandenen Sühnbriefe „umb kenlicher oevergriffe ind bruchen willen“ (wegen offenbarer Übergriffe und Verbrechen) von den zur Sicherung des Landfriedens Verbündeten in seinem Schlosse belagert und nach sechs und vierzigtägigem Kampfe zur Übergabe gezwungen wurde. „Up der hilligen Aposteln dagh, divisio genannt ze latine“, d. i. Aposteltheilung am 15. Juli, schloß er mit 37 seiner Gesellen, die in der Urkunde (Lacomb. III. Nr. 874) namentlich aufgeführt sind, für sich und seine Nachkommen mit den Verbündeten auf ewige Zeiten Frieden, lieferte alle Gefangenen aus, verzichtete auf alle möglichen Ansprüche, und gelobte und schwur „mit upgerecden vingeren ind gestaefden eyden lyffligen zu den hilgen“, nie mehr, „weder mit Worten noch mit Werken, mit Rath noch mit That“ gegen den Erzbischof Friedrich von Köln, den Herzog Wilhelm von Jülich und Geldern, die „hochgeborene Fürstin Frau Marie Herzogin von Jülich und Geldern“ und die Städte Köln und Aachen [54] zu handeln noch zu „werben“. Dafür wurde er von den Verbündeten „zu Gnaden aufgenommen“ und mit der Herrschaft und dem Lande „von der Dicke“ und allem Zubehör von Neuem belehnt (die Burg zur Dick war nämlich ein Geldern’sches Lehn), ausgenommen mit der obersten Burg, die geschleift werden sollte, „uyssgescheiden doch die overste borg zer Dicke mit yren tornen, sailen, muren, gebuwetse ind graven…, die ich Gerart den vorg. herren ind steden oevergeven han ind geven, also dat sy die brechen solen zu allen yren willen.“

Der Auszug der Aachener Truppen gegen Dick geschah am Donnerstag den 4. Juni 1383 unter den Bürgermeistern Johann van Punt und Gerard Lewen. Die darauf bezügliche Rechnung beginnt mit den Worten: „Dit is dat wir verzerden ze Guylche des dunnersdagis zu avent du wir zer Dicke wert zogen, anno LXXXIII des veirden dagis in den bramoynt.“ In Jülich wurde das erste Nachtquartier gehalten. Von da zog das Aachener Kontingent, vertragsmäßig 50 Reiter und 25 Schützen, den folgenden Tag bis zur Dick. In der Rechnung folgt nun Tag für Tag der Küchenzettel nebst Kellerrechnung, bis zur Heimkehr am 20. Juli, für die 3 Geschworenen Reynart van Moerke, Heynrich van der Linden und Rickolf Coliin nebst ihren Leuten, deren Zahl nicht angegeben ist, aber nicht unbeträchtlich gewesen sein kann. Hin und wieder findet sich eine Ausgabe für Ausbesserung an Kleidern und für angenehme Unterhaltung, denn dafür war im Lager auch gesorgt. Die tapfern Reichsstädter ließen sich wie die homerischen Helden nichts fehlen. Von Aachen führten sie gleich bei der Ausfahrt mit sich 81/2 Ahm Wein, und zwar guten, zu 26 Mark die Ahm, 4 Tonnen Bier, einen halben Ochsen, 4 Hämmel, 2 Schinken, 2 Kaldaunen (Blicken, heute Kuddelgeflecks), 6 Stockfische, Hühner, Butter, Salz, „Mustart“, außerdem „schuttelen, plateille, leffel, poete ind kannen, vleischtonnen, wynlegelen“ (Weinfäßchen) u. s. w. Das hat aber nicht lange gereicht, denn am vierten Tage werden schon „ze Nuysse“ neue Einkäufe gemacht, die sich fortan alle Tage folgen. Hühner gibt es außer an Freitagen und Samstagen, wo die Abstinenz beobachtet wurde, schier alle Tage; 13 Stück kosteten 2 Mark (also nach unserm Gelde 1 Huhn ungefähr 4 Sgr. 2 Pfg.); selten wechseln sie mit Gänsen, „Aintvogel“ und „Duven“ (Enten und Tauben), zuweilen bringt ein Bote des Erzbischofs von Köln und des Herzogs von Jülich Wildpret. [55] Sonntag den 14. Juni speisten die „gesellen ind die schutzen myt uns“, da wurden über 60 Hühner, 8 Schafe und für 3 Gulden Brod verzehrt. Von Gemüsen waren sie keine Freunde, nur einmal werden weiße Rüben, einige Male „muys“ erwähnt, häufiger Erbsen und Bohnen, von Küchenkräutern Petersilie, „Unloich“ (Lauch) und Knoblauch, fast täglich zum Nachtisch Obst, als „kirsen, bere, prumen“ und „vleymscher“ (flamändscher) Käse. An Freitagen und Samstagen werden Fische verzehrt, und zwar außer Stockfischen und Häringen auch Maifische, Bresemen, (dieser Name ist am Rhein für Weißfische noch heute gebräuchlich), Barben, „snuche“ (Hechte, plattdeutsch Schnoch) und Salmen. Letztere sind notirt 2 zu 9 M., mithin kostete eine beinahe so viel wie zwei Schafe, war also damals noch eine größere Delikatesse als heute. Durst haben „unse heren“ mit den Ihrigen auch nicht gelitten, denn sie tranken in 46 Tagen 35 Tonnen Bier für 88, und 22 Ahmen Wein für 378 Mark. Zum Zeitvertreib in müßigen Stunden ließen sie fremde Sänger, Pfeiffer „heren Schenartz pifer van Hemersbach, heren Lutzen pifer van Landauwe“ u. a. und „sprucher“ (Deklamatoren) auftreten; die geistlichen Bedürfnisse besorgten die Minderbüder.

Über den Gang der Belagerung vernehmen wir nur, daß am 2. Juli unsere Schützen die Blide, (eine große Wurfmaschine) aufrichteten. Etwas mehr Auskunft gibt uns ein Brief, den die oben genannten drei Geschworenen am 1. Juli an die Herren Bürgermeister Johann van Punt und Gerhard Lewen schrieben. Sie thun ihnen zu wissen, den Herren und Städten sei angezeigt worden, daß im Lande ausgedehnte Werbungen und Rüstungen vor sich gingen, „dat sich groisse gewerff heven in den landen“; besonders treibe dies ein Graf von der Mark, der jenseits des Rheins mehr als 400 geleyen, (Sperreuter) geworben habe und über ein Schloß in Westphalen herfallen wolle, und da er gestern dem gnädigen Herrn von Köln sein Lehn aufgekündigt, fürchte man, er werde das Schloß zur Dick entsetzen wollen; auch habe man vernommen, daß der von Wachtendunck, der sich auch sehr rüste, gestern bei ihm jenseits des Rheins gewesen sei. Ferner hätten die Herren Botschaft erhalten, daß droben in der Eifel große Werbungen geschähen, „und quemen disse dri gewerff by einander“, vereinigten sich die geworbenen Schaaren, so „solde dat eyn groisse hoef syn“ so würde das ein großer Haufen werden. Deshalb wollten die [56] Herren und die Stadt Köln „sich sterken“, d. h. noch neue Soldaten werben und verlangten dasselbe von den Aachnern; sollten diese sich dessen weigern, so würden sie auf dem Weg Rechtens sie dazu nöthigen „so willen siit (sie es) uns myt den reicht ainwenen.“ Die Aachener Geschworenen scheinen die Gefahr nicht sonderlich gefürchtet zu haben und suchen deshalb Ausflüchte: ihre Stadt und ihre Freunde seien zu weit entfernt und wenn sie neue Mannschaft kommen ließen, könnte die leicht unterwegs eine Niederlage erleiden. Zuletzt nehmen sie zu einer List ihre Zuflucht. Um den andern genug zu thun und zugleich Kosten zu sparen, möchten die Bürgermeister ihnen nämlich zehn oder zwölf Geleien zuschicken, angeblich um sich das Heer anzusehen, sie würden ihnen dann an dem Tage auch 10 oder 12 Geleien entgegenschicken, damit es scheine, ihr Haufen sei größer geworden, bis das Gerücht vorüber wäre, „up dat hies, dat wir gesterckt weren ind unse hoyff demere weyer eynen dach off zweyn, bis dit geruyt oever weir.“ – Ferner theilen sie mit, der Herzog von Geldern sei zwei Nächte zu Bruch gewesen und hätte gerne wegen des Schlosses unterhandelt; natürlich, da Dick ein Geldern’sches Lehn war, konnte ihm die Erhaltung der Burg nicht gleichgültig sein; die Herren wollten aber von Unterhandlung nichts wissen, es werde denn das Schloß zum Abbruch in ihre Hand gegeben. – Zuletzt bitten die Geschworenen um Pulver und Geld „um kruyt zer bussen (Donnerkraut) ind geld, des wir nyet intberen in kunnen“, um Nachricht über den Herzog von Brabant und den Herrn von Schönforst und schließen mit den naiven Worten: „Got sy myt uch, ind sent uns siegelwais“, Gott sei mit Euch und schickt uns Siegelwachs. (S. Beilage Nr. VI.)