Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section/H20

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Heft 19 des Lausitzer Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke (Hrsg.), Moritz Grimmel.
Heft 20 der Section Markgrafenthum Oberlausitz
Heft 21 des Lausitzer Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Klein-Bautzen
  2. Nostitz
  3. Wurschen
  4. Friedersdorf bei Zittau


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Klein-Bautzen


auch Klein-Baudissin und Klein-Budissin genannt soll seinen Namen von den ältesten Erbauern, den Herren von Baudissin und Baudis haben.

Nun ist zwar diese Familie sehr alt und schon frühzeitig in der Lausitz einheimisch: Allein die adlichen Herren der Vorzeit benannten ihre Rittersitze nicht nach ihrem Familiennamen, sondern ihre Familie vielmehr nach jenen. Daher ist die Ableitung des Wortes viel richtiger daher zu nehmen, dass Budissin früher mit seinen Vorstädten bis nach Klein-Bautzen sich ausdehnte. Diese Ableitung wird durch die wendische Bezeichnung des Orts bestätigt. Es heisst wendisch Budyschink Diminutivum von Budyschin (Budessin) oder maly (klein) Budyschink. Woher dieser Name komme, dies fällt mit der Frage zusammen, woher die Stadt Bautzen ihren Namen habe: eine Frage, die bis jetzt noch keine volle Lösung gefunden hat.

Klein-Bautzen stand früher, und zwar vom Jahre 958 unter dem Burggrafen von Bautzen, welcher in seiner Burg auf dem Schlossberge residirte. Sehr bald aber wurde mit Klein-Bautzen einer der treuesten Vasallen, ein Herr von Metzradt, beliehen.

Diese Herren von Metzradt kommen schon im 11., 12. und 13. Jahrhundert vor und sie waren es, welche damals viel kirchlichen Sinn bethätigten und den Bischof Bruno II. von Meissen, (ein Herr von Baruth) in seinen Unternehmungen gerne und bereitwillig unterstützten.

Nach der Familie von Metzradt finden wir in Klein-Bautzen Herrn Rudolph von Rechenberg auf Preiditz, Sohland, Rodewitz, Krostan und Oppach.

Dieser, hat solches 1603 besessen und wird als Erbauer der hiesigen Kirche genannt.

Er sowohl als auch seine Gemahlin Kunigunde geb. von Uechtritz, haben mehrere Legale gestiftet. Ihm folgte sein Sohn Hans Ernst von Rechenberg, welcher 1648 auf Krostau starb.

Im Jahre 1674 war Erb-, Lehn- und Gerichtsherr Heinrich Ernst von Rechenberg. Im folgenden Jahre kam Klein-Bautzen an Wolf Christoph von Nostitz, während Preititz Carl Heinrich von Nostitz auf Dehsa, Malschwitz, Zieschitz, Boschitz, Horka, Assmannsdorf und Cannewitz besass. Nach dem Tode seines Vaters, des Wolf Christoph von Nostitz kaufte er das Rittergut Klein-Bautzen für 14,000 Fl. − Er starb 1684 und war ein humaner, gottesfürchtiger Mann.

Im Jahre 1687 acquirirte das Gut Christina Fridrich von Polenz, von welchem es 1691 wieder in die Hände eines von Nostitz überging. Es war dies Johann Caspar von Nostitz auf Jenkendorf, Codersdorf und ganz Oppach. Letzterer starb 1707 und wurde hier begraben.

Im Jahre 1719 ist Hans Hauboldt von Schönberg Herr auf Klein-Bautzen und Cosel gewesen, dem 1729 Heinrich Maximilian von Schönberg folgte.

Dann im Jahr 1743 war Carl Adolph von Carlowitz auf Ottendorf und Röhrsdorf mit Klein-Bautzen beliehen. Nach dessen Ableben kam die Besitzung an seine 2 minderjährigen Söhne aus der 2. Ehe, Georg Heinrich und Rudolph Sigismund. Georg Heinrich von Carlowitz war noch im Besitze von Klein-Bautzen im Jahre 1760, welcher jedoch im darauf folgenden Jahre solches seinem Bruder Rudolph Sigismund, dem nachmaligen Major von der Armee überlies. Letzterer zog 1779 nach Krischa und verkaufte Klein-Bautzen an Ferdinand Rudolph von Ziegler, Herzoglich Gothaischen Hauptmann.

Derselbe starb 1791 und seine hinterlassene Wittwe (zweite Gemahlin) Friderike Auguste geb. von Schlichen, nachmals anderweit verehelicht an den Reichsgrafen Ludwig Gottlob von Lüttichau Churf. Sächs. Landeshauptmann der Oberlausitz.

Im Jahre 1804 erhielt die dritte Tochter des Ferdinand Rudolph von Ziegler und Klipphausen Augusta Carolina der Churfürstl. Hof- und Justizienrath Heinrich Rudolph Gottlob von Carlowitz zur Gemahlin und somit ging Klein-Bautzen in dessen Besitz über. Letzterer verstarb 1838 und Klein-Bautzen übernahm einstweilen Herr Kammerherr von Pflugk [154] auf Strehla und Bischheim, bis es 1839 der damalige Besitzer Herr Johann Christian Heinrich Kind aus Dresden an sich kaufte.

Das Rittergut Klein-Bautzen ist bedeutend und hat herrliche Gebäude und schöne Wirthschaftsräume. Die Oekonomie, besonders Rindviehzucht steht in gutem Rufe. Früher hatte das Gut grosse Teiche, welche zum Vortheil der Gesundheit in tragbare Aecker verwandelt worden sind.

Die Einwohner von Klein-Bautzen leben vom Ackerbau und der Viehzucht. Ihre Landgüter sind zwar nur klein und die Wohnungen mit wenigen Ausnahmen ärmlich aussehend, doch die Inwohner befinden sich meist wohl.

Die ganze Gegend ist hier gewiss zu den fruchtbarsten und anmuthigsten der Oberlausitz zu rechnen.

Klein-Bautzen mit seinem stattlichen Herrensitze, im Hintergrund die sanft ansteigenden Berge mit Gröditz und Hochkirch und am Fusse das freundliche Purschwitz, weiter rechts die Krokwitzer Berge − dies zusammen bietet die reizendste Landschaft, die jeden Besucher entzücken muss.

Am lieblichsten gestaltet sich diese Ansicht von den Klein-Bautzner Anhöhen herab. Rückwärts blickt man hier in eine weite Ebene, in welcher sich Pliskowitz, Malschwitz, Klix und mehrere Orte zeigen.

In dieser Richtung einige Minuten von Klein-Bautzen nördlich erblickt das Auge den sogenannten Teufelsstein. Er besteht aus mehreren über- und durcheinander geworfenen grossen Granitblöcken, die zum Theil sonderbare Formen annehmen. Der eine z. B. bildet einen ovalförmigen Thierkopf mit weit vorstehender Schnauze. Ein anderer sieht einem Kreuze nicht unähnlich. Alle aber tragen die Spuren des früheren Götzendienstes an sich.

Die meisten Einwohner von Klein-Bautzen gehören zur wendischen Nation. Fast alle Erwachsene sprechen aber auch deutsch, sowie auch Sitte und Kleidung mehr deutsches Gepräge hat.

Die hiesige Gegend ist von vielen Kriegsdrangsalen stets hart betroffen worden. Der 30jährige Krieg, die Jahre 1758 und 1759, sowie 1762 forderten hier unsägliche Opfer. Im Jahre 1813 hat Klein-Bautzen mit Preititz eine traurige geschichtliche Merkwürdigkeit erlangt.

Nördlich von Preititz stand am 21. Mai der rechte Flügel der Verbündeten unter Parklay de Tolly von Malschwitz bis Gleina. Auf den Klein-Bautzner und Krackwitzer Anhöhen war das Centrum unter General Blücher aufgestellt. Südlich und westlich breitete sich der linke Flügel aus. Am 20. Mai wurde der linke Flügel von den Franzosen angegriffen und zurückgedrängt, während diesen Tag die übrigen Abtheilungen des Bundesheeres in ihrer Stellung blieben.

Am folgenden Morgen begann der Angriff von Neuem auf die Russen, welche den linken Flügel bildeten.

Gleichzeitig griff Marschall Ney von Klix her die Russen auf dem rechten Flügel an, wobei sich auf dem Gleinaischen Windmühlenberge der hartnäckigste Kampf entspann.

Endlich zogen die Russen sich nach Baruth zurück und die französischen Soldaten nahmen Preiditz mit Sturm. Hierdurch wurde die Verbindung zwischen Blücher und Parklay de Tolly aufgehoben und der Rückzug der Preussen bedroht, weshalb sie alle Anstrengung machten den Feind aus Preiditz zu vertreiben. Unterdess rückte gegen 1 Uhr Mittags Napoleon selbst mit seinen Garden von Burk her heran und griff Blücher, welcher die Krakowitzer Höhen besetzt hielt, an. Die Preussen mussten weichen und sich über Purschwitz zurückziehen, wogegen Klein-Bautzen noch behauptet und erst nach und nach aufgegeben wurde. Alles dies geschah Nachmittags um 4 Uhr. Um dieselbe Stunde erschien das 7. französische Armeekorps von Klix her und zog durch Preititz, welches in Flammen stand, sammt den Rittergutsgebäuden.

Bei Gleina, sowie zwischen Preiditz und Klein-Bautzen waren Felder und Wiesen mit Leichen bedeckt und am Abend des blutigen Tages wurde der Himmel von 15 brennenden Dörfern erleuchtet. Klein-Bautzen selbst hatte an Gebäuden dabei keinen so grossen Schaden erlitten doch hatte es im darauf folgenden Herbste desto mehr von den häufigen Durchmärschen zu ertragen.

Fleiss und Betriebsamkeit hat diese Unglücksjahre überwinden helfen und die grosse Umsicht der hiesigen Gerichtsherrschaften, deren Güte und Menschenfreundlichkeit hat fremdes Leid und fremde Noth zu lindern und zu stillen verstanden.

Eine grosse Auszeichnung wurde Klein-Bautzen während des Cantonnements im Jahre 1829 zu Theil. Unser letzt verstorbener König hatte damals hier als Prinz sein Hauptquartier aufgeschlagen und durchstreifte [155] die schönen Parthieen hiesiger Gegend, um solche selbst mit geübter Hand aufzunehmen.

Der Besitzer von Klein-Bautzen ist abwechselnd mit dem von Preititz Collator über Kirche und Schule. Der letztere Ort ist nach Klein-Bautzen eingepfarrt und zeitweilig sind beide Rittergüter vereinigt gewesen.

Die Kirche ist, wie oben erwähnt zu finden, von Herrn von Rechenberg erbaut und mit Vermächtnissen und Schenkungen von demselben und seinen Nachkommen reichlich bedacht worden.

Sie steht am nördlichen Ende des Dörfchens mitten auf dem Gottesacker, von uralten Linden und auf der Nordseite von hohen Fichten, Birken und Silberpappeln beschattet. Auf der Abend- und Südseite grenzen die Gebäude, der Hof und der Garten der Pfarre an den Kirchhof. Die Kirche wie der Thurm ist massiv. Der Eingang zur Kirche befindet sich auf der Südseite und ist sehr niedrig.

Die Kirche selbst enthält sehr viele alte Denkmäler früherer Besitzer von Klein-Bautzen und Preititz, die sich grösstentheils bleibende Andenken um Kirche und Schule erworben haben.

Das Schulgebäude, welches von der Pfarre mehr nach dem Dorfe zu gelegen, hat eine angenehme bequeme Wohnung und ist seit dem Jahre 1829 durch einen Anbau um ein Bedeutendes vergrössert worden.

Das Jahr 1839 war in so fern für die Parochie wichtig, als in demselben beide Dörfer Klein-Bautzen und Preititz als separate Heimathsbezirke constituirt und die Landgemeinde-Ordnung eingeführt wurde.

Klein-Bautzen und Preititz gehören jetzt zum Gerichtsamte- zum Bezirksgerichte- zur Amtshauptmannschaft und zum Regierungsbezirke Bautzen und ersteres hat jetzt 39 bewohnte Gebäude, mit 58 Familienhaushaltungen und 262 Einwohnern.

M. G.     




Nostitz


zwischen Bautzen und Görlitz, 4 Stunden von Bautzen, 5 Stunden von Görlitz, 2 Stunden nördlich von Löbau gelegen. Von diesem Orte entlehnte die altadelige Familie von Nostitz ihren Namen und existirte schon zu den Zeiten Kaiser Karl des Grossen.

Nostitz nebst den Pertinenzien Dranshwitz, Grube, Krappe und einem Theil von Wohla kam sehr frühzeitig schon an das Geschlecht derer von Gersdorf, von denen es Besitzung derer von Ziegler und Klipphausen wurde. Dann wurde Nostitz an einen Herrn von Schmeiss und Ehrenpreisberg verliehen, dem Herr Johann Christian Edler von Losa folgte. Nach des Letzteren im Jahre 1754 erfolgten Tode erbte es seine hinterlassene Frau Gemahlin, welche es wieder ihrem Neffen, Herrn Gottlieb Wilhelm von Bressler auf Lauske vererbte, der später in den Grafenstand erhoben wurde und im Jahre 1814 mit Tode abging.

Gegenwärtig ist Besitzerin von Nostitz Frau Johanne Wilhelmine Gottliebe geb. Gräfin von Bressler, vermählte Gräfin von Reichenbach-Goschütz.

Das alte Schloss ist in Folge kriegerischer Ereignisse im September des Jahres 1813 völlig abgebrannt, während die Kirche, ringsum fast von Flammen umgeben, stehen geblieben, aber im Innern übel zugerichtet ward. Jetzt sieht man von diesem alten Schlosse nur noch die Mauern des Wohnhauses, welches unweit der Kirche stand. Aus der ganzen Beschaffenheit dieser Ruine ergiebt sich, dass die erste Anlage dieses Schlosses sehr alt sein muss, auf der Fronte der Ruine ist die Jahreszahl 1688 zu erblicken, vermuthlich das Jahr einer vorgekommenen Reparatur.

Die neuen auf der Abbildung zu erblickenden Herrschaftsgebäude [156] sind an einer andern Stelle, in einer freieren Gegend, als die ehemaligen, in einem grossen Umfange, der ein grosses Achteck bildet, neu aufgeführt.

Die Gartenanlagen sind hauptsächlich zur Baumzucht bestimmt, welche im Grossen betrieben wird. Auch steht in dem Garten ein kleines Thürmchen, welches einem früheren Besitzer von Nostitz, Herrn von Losa, als Laboratorium gedient haben soll, der sich mit Chemie viel beschäftigt hat.

Die Rittergutsfelder sind zum grossen Theile mit Obst-Alleen eingefasst, wodurch die Gegend an Annehmlichkeit viel gewonnen hat.

In der Nähe von Nostitz sind mehrere Punkte, welche ob ihrer schönen Fernsicht bemerkenswerth sind. An der Nordseite von Nostitz befindet sich eine Stelle, von wo aus man auf die umliegende Gegend bis an die Königshainer Berge und in das Preussische Gebiet sehen kann.

Eine andere Anhöhe, der sogenannte Steinbruch, liegt ¼ Stunde westwärts von Nostitz entfernt, auf dessen höchsten Punkte ein Monument aus Pirnaischen Steinen gefertigt, aber ohne Aufschrift aufgestellt ist, und welches der Graf von Bressler hat errichten lassen. Die Aussicht von dieser Höhe ist reizend zu nennen.

Eine dritte Stelle ist der Wohlaische Berg, beinahe 1 Stunde von hier südwestlich gelegen, der ausser einer schönen Aussicht indess nichts Bemerkenswerthes bietet.

Endlich liegt nordwestlich, an der Gränze des Nostitzer Gebietes, der Stromberg, in der Entfernung von einer halben Stunde, von dessen ehemaligen Zustande verschiedene Sagen bestehen: Die eine ist, dass er vor sehr alten Zeiten Feuer ausgeworfen habe. Diese Sage erhält einige Wahrscheinlichkeit dadurch, dass man auf ihm Ueberreste verbrannter Steine und Erde gefunden hat; eben so wahrscheinlich ist eine andere Sage, dass sich zu Zeiten des Raubritterthums hier ein Schloss befunden haben soll, welches einer Familie von Stromberg gehört habe, die hier ihr Unwesen trieb. Einer dritten Sage nach standen auf diesem Berge heidnische Götzentempel, eine Sage, die deshalb die zweite nicht elidirt, da die Götzentempel früher existirten und darauf erst das Schloss Stromberg entstanden sein kann.

Auf diesem Stromberge sind mehr als 20 Kirchen sichtbar, sowohl nähere, als entferntere, Beweis genug, wie herrlich die Aussicht sein muss.

Mit dem Besitze des Rittergutes Nostitz ist das über dasige Kirche und Schule zustehende Collaturrecht verbunden.

In früheren Zeiten hat in Nostitz blos eine kleine Kapelle gestanden, in welcher der Diaconus aus Kittlitz, wohin Nostitz mit den übrigen zu dieser Parochie gehörigen Ortschaften eingepfarrt war, vierteljährlich ein Mal Communion gehalten haben soll.

Im 17. Jahrhundert hat aber Joachim Ernst von Ziegler und Klipphausen, churf. Sächs. Kammerherr und Landesältester des Bautzner Kreises, seine Unterthanen aus der Kittlitzschen Kirche ausgepfarrt (aus welchem Grunde, ist unbekannt), und an der Stelle, wo die alte Kapelle gestanden, eine neue eigne Kirche erbaut, welche vom Pastor zu Bautzen, Joh. Muscovius mit dem Thema: „Zieglersche gute Kirchengedanken“ feierlich eingeweiht wurde.

Anfänglich war die Kirche in Nostitz ein Filial von Kottitz, welches Herr von Ziegler ebenfalls besass, und damals war die Einrichtung getroffen, dass der Pfarrer in Kotitz Nostitz als Filial zu besorgen und wechselsweise einen Sonntag in Kotitz, den andern in Nostitz zu predigen gehabt hat. Eine Einrichtung, die nur einige Jahre gedauert hat.

In dieser Kirche befindet sich ein Monument des im Jahre 1715 verstorbenen und in der unter der herrschaftl. Loge befindlichen Gruft beigesetzten Herrn Karl Gottlob von Ziegler und Klipphausen, Churfürstl. Sächs. General-Lieutenant und Commandanten der Festung Königstein, welches nahe beim Altar an der südlichen Mauer der Kirche aufgestellt ist. Ebenso befinden sich mehrere kunstreich gefertigte Wappen der von Zieglerschen Familie und auch andre Familien von Adel aus früheren Zeiten, in der Gegend des Altars und der herrschaftlichen Loge.

Der Kirchhof befindet sich nicht bei der Kirche, sondern ausser dem Dorfe an einem freien mit einer Mauer eingeschlossenen und mit einem Thore versehenen Platze.

Die Wohnung des hiesigen Pfarrers ist, wie die des Schullehrers, in Trauschwitz, einem von Nostitz nur durch eine Wiese getrennten Dorfe.

Der Grund davon ist folgender: Für den Pfarrer aus Kotitz war wegen des Filials von Nostitz ein Haus in Trauschwitz zum Abtreten und zur Verrichtung der Amtsgeschäfte angewiesen. Nach erfolgter Abtrennung des Ortes Nostitz von Kotitz erhielt ersterer einen eignen Pfarrer, und [157] dieses Haus in Trauschwiz wurde zur Pfarrwohnung angewiesen und ist es bis auf die neueste Zeit geblieben.

Eingepfarrt nach Nostitz ist Trauschwitz, Grube, Krappe, Spittel und Wohla.

Die Kirchenschule ist die einzige in hiesiger Parochie und seit dem Jahre 1829 neu erbaut. Die Zahl der Schulkinder beläuft sich auf 100.

Nostitz mit Grube, Krappe, Spittel und Trauschwitz gehört jetzt zum Gerichtsamte Weissenberg, zum Bezirksgericht Löbau, zu der jetzt hier errichteten Amtshauptmannschaft, zum Regierungsbezirk Zittau.

Erstrer Ort zählt 15 bewohnte Gebäude mit 24 Familienhaushaltungen und 114 Einwohnern.

M. G.     




Wurschen


Wendisch Worzyn, 3 Stunden östlich von Bautzen, an der Hauptstrasse von dieser Stadt nach Görlitz, 2 Stunden südlich von Weissenberg, zwischen, Mechern, Drehsa, Belgern und Litten gelegen.

Wurschen ist ein sehr alter Ort, welcher schon im 11. und 12. Jahrhundert als zur Veste Gradiz oder Grädiz, jetzt Grödiz gehörig, vorkommt, und von der Familie von Gersdorf besessen wurde.

Im Jahre 1769 war dieses Rittergut im Besitze des Obristen Joh. Erdmann von Gersdorf, sowie Carl Aug. von Gersdorf. Zu Anfang dieses Jahrhunderts besass Wurschen und Grödiz der Obristlieutenant Job. Erdmann von Gersdorf.

Im Jahre 1820 kam Wurschen in die Hände des Kammerherrn Friedrich Erdmann von Thielau, zu gleicher Zeit wurde das Rittergut Grödiz von dem Oberlausitzer Landesältesten Ernst Gustav von Gersdorf erkauft.

Nach dem Tode des Herrn Kammerherrn von Thielau erbte Wurschen dessen Wittwe, geb. von Wurmgart, welche auf dem Kirchwege von Nechern nach Gröditz an denjenigen Stellen, wo bei hohem Wasserstand nicht zu Fuss fortzukommen war, eine schöne steinerne Brücke mit einem Kostenaufwande von 1500 Thlr. erbauen liess.

Die jetzige Besitzerin ist Frau Clara Maria Gräfin zu Solms-Sonnenwalde, geb. von Thielau.

In Wurschen ist ein prächtiges Herrenhaus und die dazu gehörige Oeconomie ist nicht unbedeutend.

Die an dem Schlosse eingemauerten Kanonenkugeln erinnern an das Jahr 1813 und die auch hier geschlagene Bautzner Schlacht.

Die Franzosen nannten deshalb auch die Ereignisse des 21. Mai 1813 „das Vorspiel des Kampfes von Wurschen.“

Dem Thronerschütterer unsers Jahrhunderts, dem grossen Napoleon, war es gelungen, in der Schlacht von Wurschen den linken Flügel des Feindes zu umgehen, so dass der rechte Flügel, der an das berühmte Hochkirch sich anlehnte, den vereinten Angriffen der beiden Corps der Marschälle Marmont und Macdonald nicht zu widerstehen vermochte.

Die Siege bei Klein-Bautzen und Wurschen gaben die Lausitz in Napoleon’s Hände; die Verbündeten zogen nach Schlesien, die Franzosen drangen bis Breslau vor. Im Norden aber nahmen sie Hamburg wieder. Ein Waffenstillstand zu Prischwitz geschlossen, unterbrach für 2½ Monat das schreckliche Schlachtgewühl.

Während des Waffenstillstandes ward ein Friedenscongress zu Prag [158] eröffnet, welcher jedoch ohne Erfolg blieb. Oestreich erklärte sich am 19. Aug. als Feind. Deutschland und halb Europa frohlockte über den Entschluss des Kaisers von Oestreich. Dreimalhunderttausend Gewaffnete mehr erschienen jetzt auf dem Kampfplatz.

Die aufgestellten Heermassen erschienen stark genug, eine Welt zu besiegen oder zu erdrücken. An 800,000 bewaffnete Krieger wurden auf der ungeheuren Linie von der Ostsee bis nach Italien dem französischen Heere gegenüber aufgestellt, welches aus 800,000 Streitern bestand.

Noch einmal traf Napoleon mit trefflich geführtem Schlag seine übermächtigen Feinde. Diese unter Schwarzenberg’s Führung mit grossen Massen aus Böhmen kommend, drangen bis Dresden und erlitten dort die ewig denkwürdige Niederlage durch den Kaiser der Franzosen. Vor und nach diesem Kampfe litt die hiesige Gegend ebenfalls vorzüglich durch die herumstreifenden Marodeurs.

Glücklich ist der zu preisen, der eine solche Zeit nicht mit verleben musste.

Wurschen ist mit Cortnitz Wuischke, Nechern, Belgern, Drehsa, Rackel, Briessnitz, Cannewitz, Weicha nach Gröditz eingepfarrt.

Die Collatur von Kirche, Pfarre und Schule ruht auf den beiden Rittergütern Nechern und Gröditz.

Die Kirche ist schon lange vor der Reformation erbaut und seit dem Jahre 1790 auf den alten Grundmauern völlig erneuert. Alterthümer und Denkmäler von geschichtlichem Werthe sind weder in der Kirche noch auf dem Kirchhofe vorhanden.

Seit dem Jahre 1826 befindet sich in der Parochie eine Nebenschule in Wurschen. Das von der damaligen Besitzerin des Ritterguts Wurschen, der Fr. Friederike Louise Christiane verw. Kammerherrin von Thielau überlassene Haus hat im Jahre 1838 und 1839 eine zweckmässigere Einrichtung erhalten.

Die Zahl der Schulkinder, welche hier unterrichtet werden, beträgt 150.

Die Collatur über die Schulstelle ist mit dem Besitze des Gutes Wurschen verbunden.

Eine andere Nebenschule dieser Parochie befindet sich zu Rackel.

Der Gottesdienst in Gröditz wird, da die Parochie aus Wenden und Deutschen bestehen, an jedem Sonn- und Festtage zuerst in wendischer und gleich darauf in deutscher Sprache gehalten.

Die ganze Kirchfahrt hat einen gemeinschaftlichen Begräbnissplatz, der die Kirche rings umgiebt und den Ruhestätten darauf durchgängig eine felsenfeste Grundlage gewährt.

In der Nähe von Gröditz befindet sich der berühmte Berg, Czernebog oder auch Frageberg genannt. Dieser Berg, wendisch Praschiza, Praschiwa Hora, auch Czerneboh genannt − ist nicht nur im Bereiche der Parochie, sondern auch in der Reihe der Berge, die rechts der Strasse von Bautzen nach Löbau liegen, der höchste Punkt und verdient sowohl wegen der schönen Aussicht, als auch deswegen erwähnt zu werden, weil er zu den Orten in der Lausitz gehört, wo die schauerlichen Mysterien der gefürchteten Nacht- und Todesgöttin – Czerneboh Pya – Statt fanden und von dieser wie von der Lebens- und Liebesgöttin – Ziea – durch Priester und Priesterinnen Orakelsprüche ertheilt wurden. Der Tradition zufolge fand sich vornehmlich eine Repräsentation und ein Orakel der Czerneboh Pya auf dem genannten Frageberge. Er ist zum Theil mit Holz bewachsen und mit vielen grösseren und kleineren Felsstücken bedeckt. Insonderheit zeichnen sich 5 grosse immer einige 100 Schritte von einander entfernte und gleichsam geschichtete Haufen Granitblöcke auf demselben aus. Der von Osten gegen Westen gerechnet erste Fels heisst mala Kaczka – kleine Ente, der andere wulka Kaczka – grosse Ente – der folgende dritte, vierte und fünfte Haufen aber führen den Namen des ersten, zweiten und dritten Fragebergs.

Nachdem bei der Einführung des Christentums auch hier die Arae Deorum Dearumgne zerstört und die zu den Symbolen der auf [159] dem oberlausitzischen Olymp aufgestellten Gottheiten führenden Felsengänge verschüttet worden sind, bemerkt man jetzt noch eine Oeffnung – die Teufelshöhle genannt – aus welcher die Götterworte durch einen im Felsen verborgenen Priester ertönten.

Wurschen wie Gröditz gehört jetzt zum Gerichtsamt Weissenberg, zum Bezirksgericht Löbau, zum Regierungsbezirk Bautzen.

Wurschen zählt jetzt in 33 bewohnten Gebäuden mit 48 Familienhaushaltungen 249 Einwohner.

M. G.     




Friedersdorf


1 Stunde von Zittau gelegen, zur früheren Standesherrschaft Seidenberg, jetzt zur Standesherrschaft Reibersdorf gehörig.

Dieses Friedersdorf ist nicht zu verwechseln mit Friedersdorf an der Pulsnitz, mit Friedersdorf am Queis, nicht mit Friedersdorf bei Neusalza, nicht mit Friedersdorf bei Lohsa. Ursprünglich mag der Ort wohl Friedensdorf geheissen haben, woran die Sage sich knüpft, dass einst zwei feindliche Brüder nach langen gegenseitigen Verfolgungen, nach langen Fehden, langem Streit und Hass sich in dieser Gegend versöhnt und zum Andenken an diese That den Ort gegründet haben sollen.

Friedersdorf ist ein sehr alter Ort und war stets ein Vasallendorf von der Herrschaft Seydenberg.

Die früheren Besitzer dieser Standesherrschaft sind schon öfter in diesem Album erwähnt und dürfte hier nur noch nachzutragen sein, dass unter der Besitzzeit der von Biberstein und von Redern die in Böhmen liegende Herrschaft Friedland und die Standesherrschaft Seidenberg gemeinschaftlich besessen wurde.

Beim Ausbruche des 30jährigen Krieges war der damalige Herr der Herrschaft Seidenberg und Friedland, Christoph Freiherr von Redern dem Böhmen’schen Bündnisse beigetreten und hatte dadurch die Ungnade des Kaisers Ferdinand II. sich zugezogen, wodurch es kam dass die Herrschaft Friedland als böhmisches Lehn an den Kaiser zurückfiel, der sie dem Grafen Waldstein, Herzog von Friedland schenkte; die Herrschaft Seidenberg aber zu der an Sachsen bereits verpfändeten und mehrmals abgetretenen Lausitz gehörig, wurde auf Befehl des Churfürsten Georg I. sequestrirt und dann an den Freiherrn von Nostitz verkauft, von welchem diese Herrschaft die Herren von Einsiedel im Jahre 1693 acquirirten.

Die Vasallendörfer Giessmannsdorf und Friedersdorf welche im 14. und 15. Jahrhundert ihre besonderen Besitzer erhielten und zu gleicher Zeit von der Familie von Kyau besessen wurden, kamen erst unter der Familie von Einsiedel zur Herrschaft Seydenberg.

Im Jahre 1695 besass die Standesherrschaft somit Giessmannsdorf und Friedersdorf Hans Haubold von Einsiedel, von welchem solche im Jahre 1705 auf Anna Sophie von Einsiedel geb. von Rumor übergieng.

1720 finden wir im Besitze Johann Georg Cajus Rudolph Haubold und Detlev Heinrich, Gebrüder von Einsiedel. Dann wurde alleiniger Besitzer im Jahre 1721 der Kammerherr Detlev Heinrich von Einsiedel von welchem 1746 die Herrschaft an den Hofmarschall Georg von Einsiedel kam.

Ihm folgte 1760 sein Sohn der Kabinetsminister Graf von Einsiedel, [160] welcher 1811 mit Tode abging, von welchem solche auf den russischen Gesanden Georg Graf von Einsiedel überging.

In diese Besitzzeit fällt die Theilung Sachsens und die Herrschaft heisst nun Seidenberg-Reibersdorf oder auch nur Reibersdorf.

Letzterer hatte lange Zeit die ganzen Güter der Herrschaft durch seine Schwester Fräulein Charlotte Sophie Gräfin von Einsiedel verwalten lassen, bis solche der jetzige Besitzer der Reichsgraf, Kurt Heinrich Ernst von Einsiedel übernahm.

Friedersdorf hat, wie die Abbildung darthut, ein eigenes schönes Herrenhaus mit vortrefflichen Wirthschaftsgebäuden und einer guten Schäferei.

Der Rittmeister Johann Wilhelm von Kyau besass das Gut nebst Giessmannsdorf noch 1694. Derselbe hat durch seine Bauten beide Güter sehr verschönert, und haben ihm diese Orte überhaupt viel zu verdanken. Bei dem Rittergutsbrande in Giessmannsdorf, im Jahre 1682 traf denselben leider das grosse Unglück, dass seine Tochter in den Flammen umkam.

Der Ort Friedersdorf zählt unter seinen Einwohnern mehrere Leineweber und Leinwandhändler, welche die Messen in Leipzig und Frankfurt beziehen.

Das Patronatrecht über die Kirche in Friedersdorf stand sonst wechselweise den beiden Rittergütern von Friedersdorf und Giessmannsdorf zu. Letzteres ist daher in die Kirche zu Friedersdorf eingepfarrt, sowie auch das ganz nahe bei Friedersdorf liegende Zittel jetzt in die Kirche von Friedersdorf gewiesen ist.

Die Zeit der Erbauung der Kirche in Friedersdorf ist nicht mit Bestimmtheit anzugeben. Diese Kirche liegt auf einer Anhöhe, von welcher man eine weite Aussicht geniesst, und ist solche seit dem Jahre 1646 erbaut. Die frühere Kirche wurde im Jahre 1645 durch schwedische Soldaten ein Raub der Flammen, nebst der Pfarrwohnung, dem Schulhause, einem Bauernhof und einer Häuslerwohnung. Die jetzige Kirche hat ihre Erweiterung und Verschönerung seit dem Jahre 1835 erhalten. Im Innern ist vorzüglich durch die Versetzung der Kanzel von der Nordseite auf die Südseite eine Veränderung vorgenommen worden, eine Veränderung, die in so fern sehr zweckmässig zu nennen ist, weil dadurch eine neue doppelte Emporkirche gewonnen wurde.

Der jetzt nach Friedersdorf eingepfarrte Ort Zittel ging früher nach Oberullersdorf in die Kirche. Früher ging der Pfarrer und Schullehrer des letzteren Ortes zu den Taufhandlungen von Zittel in des Dorfes Kretzschamsgebäude wo eine eigene Stube dazu eingerichtet war, welche vom Besitzer dieses Gebäudes zu diesem Zwecke besonders gehalten wurde. Die dazu nöthigen Gefässe waren vom Orte selbst angeschafft.

Ein späterhin entstandener Streit gab die Veranlassung, dass der Rath zu Zittau die Zittler zum Kirchenbesuch nach Klein-Schönau anwies.

Mit Anfang des Jahres 1836 wurde Zittel endlich auf höhere Anordnung nach Friedersdorf eingekircht.

Der Ort Zittel selbst ist sehr alt und die Entstehung desselben, sowie der Ursprung des Namens ist unbekannt.

Doch müssen schon sehr frühzeitig Ritter hier gehaust haben. Der Platz, wo die Ritterburg gestanden haben soll, wird heute noch „der Wall“ genannt; Spuren und Ueberreste von Mauern sind nicht mehr vorhanden.

Seit dem Jahre 1380 schon gehört Zittel dem Rathe zu Zittau. Es liegt in einer wunderschönen Gegend, nahe auf der rechten Seite der Neisse, an der Strasse von Zittau nach Friedland, ganz nahe bei Friedersdorf, von dem es nur durch eine Brücke bei der Schäferei getrennt wird.

Friedersdorf und Zittel und Giessmannsdorf gehören zum Gerichtsamt Reichenau, zum Bezirksgericht Zittau, zur Amtshauptmannschaft des letzteren Orts, zum Regierungsbezirk Bautzen. – Friedersdorf zählt 115 bewohnte Gebäude mit 167 Familienhaushaltungen und 640 Einwohnern.

M. G.      


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Klein Bautzen
Klein Bautzen
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Nostitz
Nostitz
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Wurschen
Wurschen
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Friedersdorf bei Zittau
Friedersdorf bei Zittau


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