Allgemeiner Briefkasten (Die Gartenlaube 1856/1)
A. S. in L. Den gerührtesten Dank für Ihren guten Rath. Nur einen halben Bogen Gedichte jede Woche und für jedes Gedicht Einen Louisd’or wünschen sie, und dafür sollen die Leser der Gartenlaube 15 Sgr. mehr zahlen.
O glaube mir, der manche lange Jahre
An dieser harten Speise kaut,
Daß von der Wiege bis zur Bahre
Kein Mensch den alten Sauerteig verdaut!
Glaub’ unser einem, dieses Ganze
Ist nur für einen Gott gemacht!
H. in H. Der Artikel ist recht gut gemeint, eignet sich aber doch nicht zum Abdruck. Uebrigens ist nun einmal der Weltlauf so.
P. in L. Wiederholt benachrichtigen wir Sie, daß die Nachlieferung von Defekten nicht unsere Sache ist. Sobald Sie auf einem Postamt abonnirt, ist dieses auch verpflichtet, sämmtliche Nummern des Quartals zu liefern. Unregelmäßigkeiten sind sofort der höhern Postbehörde anzuzeigen.
T. in Z. Besten Dank für schnelle Uebersendung. Der Aufnahme wird hoffentlich nichts entgegenstehen.
K. in F. Ihrem Verlangen können wir beim besten Willen nicht nachkommen. Sie scheinen überhaupt von der technischen Herstellung einer Zeitschrift, von so großer Auflage wie die Gartenlaube, keine rechte Vorstellung zu haben. Die redaktionellen Schwierigkeiten, die Herstellung der Illustrationen, der Satz der Manuscripte und die Correctur lassen wir ganz unberührt, aber vergessen Sie nicht, daß wöchentlich 100,000 Bogen gefeuchtet, jeder einzelne Bogen satinirt, d. h. zwischen zwei Zinkplatten gepreßt werden muß, daß jeder dieser Bogen zwei Mal die Druckpresse zu durchlaufen und bedruckt, dann wieder in die Glättpresse zu legen und zu pressen ist, und erst dann weiter in die Hände des Buchbinders übergeht, der die Auflage zu falzen hat. Das ist keine Arbeit von drei bis vier Tagen, wie Sie glauben, obwohl (die Autoren, Correctoren, Setzer, Zeichner, Holzschneider und Papierfabrikaten ungerechnet) 40 Menschen unausgesetzt oft Tag und Nacht an jeder Nummer arbeiten. Sie werden begreifen, daß Ihre Wünsche unausführbar sind.
A. K. in D. Sie wollen die Laufbahn eines Schriftstellers einschlagen. Sie träumen eine goldene Zukunft, hoffen auf Anerkennung, Auszeichnung und Reichthum. Lieber Herr, wenn es noch Zeit ist, so kehren Sie um, Sie wissen nicht, was es heißt, sein Brot mit der Feder zu verdienen und ahnen wohl schwerlich die Berge von Hindernissen, die sich Ihnen in den Launen des Publikums und der Buchhändler entgegenstemmen. Es ist ein hartes – hartes Brot! Vor einigen Wochen sandte mir ein bekannter Autor sein neuestes Buch zur Besprechung. Er bat um einige empfehlende Worte. „Ich habe,“ schrieb er, „dieses Buch mit so viel Kummer und unter so viel Thränen ausgearbeitet, daß ich wohl Hoffnungen darauf zu setzen berechtigt bin.“ Armer Mann – wer kennt und was fragt das Publikum nach Deinen Thränen! Und ein eben so oft genannter Schriftsteller meldete wieder: „Ich schreibe diese wenigen Zeilen im Bett – matt und frierend! Ich schäme mich nicht, es Ihnen zu gestehen, daß ich seit drei Tagen das behagliche Gefühl einer warmen Stube nicht gehabt. Meine Mittel sind zu Ende. Ich habe fleißig gearbeitet, zwei Manuscripte im Pulte, zwei verkauft, aber wohin ich auch komme, vertröstet man mich auf die nächste Ostermesse oder entschuldigt sich beim meinen Offerten mit Krieg und theuern Zeiten. Können meine Kinder bis nächste Ostermesse warten? Geehrter Herr, ich wende mich in meiner Noth an Sie – wenn Sie einen kleinen Posten, wenn auch nur mit geringem, aber sicherm Einkommen zu vergeben haben, um meinen armen Kindern Brot etc. etc. ......“
Sehen Sie, lieber Herr, das ist die Kehrseite. Sie kennen nur die glänzende Kritik in den Zeitschriften, die papiernen Ehrenbezeugungen, die leuchtende Glorie um das Haupt eines gefeierten Tagesschriftstellers – das Elend, die Noth und die Thränen, die sich oft hinter diesem Glanz verstecken – die sehen Sie nicht. Wenn es noch Zeit ist – kehren Sie um!