Als Detektive
Wer der Männ’ und Maxe waren.
Kinder, hört, Ihr sollt erfahren,
Erstens: Knaben! Das ist klar
Und nicht weiter sonderbar!
Sie war’n ’ne besondre Sorte,
Ganz was Seltnes – sehr zum Glück! -,
Zwilling’ nennt man so zwei Stück,
Die der Storch an einem Tag
Knödelmayer, der Papa,
– Fleischermeister ist er ja –
Hat ’nen Bauch und dicke Wangen.
Dafür gleicht ’ner Hopfenstangen
Die oft dreht die Wurstmaschine.
Außerdem es dort noch gibt
Einen Hund, gar sehr beliebt.
Bob heißt dieser liebe Köter,
So, nun kennt Ihr unsre Helden.
Lest nun, was die Büchlein melden
Von der Zwilling’ lust’gen Streichen,
– Manche sind zum Herzerweichen!
Mit Gruß
der Onkel Neuschub.
Frau Brigitte Zangenplier
Sitzt vor ihrem Häuschen hier
Unterm Lindenbaum am Tisch,
Schlürft den Morgenkaffee frisch,
Aus Zichorie nur bestand.
Jeder weiß, daß diese Frau
Zählt die Groschen sehr genau
Und daß sie dem Geize frönt
Deshalb trocknes Brot sie kaut,
Wie Ihr hier im Bilde schaut,
Deshalb ist sie auch so dünn,
Hat ein langes, spitzes Kinn
Wieder sie die Stulle stippt
In das braune Kunstgebräu,
Kaut ’ne Weile dann aufs neu,
Bis sie glaubt, sie wäre satt.
Aus des Rockes Taschenfalten,
Jenen Beutel, jenen alten,
Der, mit Goldgeld angefüllt.
Ihre Geizhalsfreude stillt,
Streicheln mit begiergem Blicke. –
Auf der nahen Straße hier
Dicht beim Haus der Zangenplier
Wandert hungrig und betrübt
Bohnensiebt geht’s kodderig.
Sein Kostüm ist lodderig,
Unrasiert das Angesicht,
Und die Stiebel nicht ganz dicht,
manches Loch zur Ventilation.
Auch der Filzhut und die Jacke
Haben manche Löcherzacke.
Kurz: nach außen Bohnensiebt
Freilich - Emil Bohnensiebt
Keineswegs die Arbeit liebt.
Nein, weil doch die Arbeit knapp,
Nimmt er sie nicht andern ab,
Spricht für tiefes Mitgefühl.
Auch in anderer Beziehung
Scheut der Emil die Bemühung:
Weil die Lebensmittelläden
(Preise ja und Portmonnaie
Oft im Widerspruch ich seh’!),
Will der Emil diese Sachen
Durch sich selbst nicht knapper machen,
Die sich dicke Wänste streichen. –
Heute hatte er viel Pech.
Überall jagt man ihn weg,
Und es knurrt vor Hungerpein
Jetzt sieht er die Frau Brigitte,
Nähert sich mit sanfter Bitte,
Zieht vom Schädel seinen Filz.
„Ach, ich kränkle an der Milz!“
Frau Brigitte wütend war,
Denn der Strolch mit Gaunerblicken
Schaute nach den Goldesstücken.
Eiligst in den Beutel schmierig
Und den Beutel will sie nun
Wieder in die Rocktasch tun.
Doch – die allzu große Hast
Schafft gar oft uns böse Last
Irrt sich in der Öffnung hier,
Denn der Rock, der hatte noch
Außerdem manch’ langes Loch,
Und durch eine solche Rille,
Auf die Erde, wie Ihr seht,
Als die Witwe nunmehr geht
In das Haus mit dem Tablett
Harten Herzens, wenig nett,
Zu lindern Emils Magennot. –
Bald darauf der Bohnensiebt
Im nächsten Haus ein Gastspiel gibt.
Hier Herr Knödelmayer wohnt,
Als er zog den schäbgen Filz
Und sprach von der kranken Milz,
Denn es gab ihm Frau Malwine
Mit verständnisvoller Miene,
Ein Stück Braten speckgespickt.
Und dazu noch, süß und heiß,
Einen Teller dicken Reis.
Emil sitzt nun auf ’ner Tonne
Diese köstlich schönen Gaben,
Während Max und Männe haben
Auf dem Hofe in der Nähe
Bobchen abgesucht die Flöhe.
In dem Fell nach Hopsern gruben,
Und sobald sie einen fingen,
Tunkten sie vor allen Dingen
Diese freche Flohkanallje
Wo das Viehzeug nach viel Kummer
Fand mit Recht den Todesschlummer.
Etwa dreißig von den Dingern
Griffen sie mit ihren Fingern,
Zwanzig lebend in der Mitte. –
Unser Emil voller Ruh
schaut den beiden Buben zu.
Doch dies Bild voll Frieden hold
Das gar bald Frau Zangenplier
In der Tasch’ vermißte hier.
Seht – sie sucht jetzt rein wie toll,
Ängstlich-groß ihr Auge quoll
Zieht ihn aus und rüttelt ihn,
Sucht in jedem stillen Eckchen
Nach dem futschen Goldessäckchen.
Dann tippt sie sich an die Stirn,
Jener Strolch nur ist der Dieb.
Denn son Strolch hat’s Stehlen lieb! –
Auf die Straße voller Hast
Ist sie nun hinausgerast.
Polizeiwachtmeister Stramm
Mit dem Säbel lang und breit,
Und sie sagt ihm rasch Bescheid,
Und bei Knödelmayer dann
Frau Brigitte fährt voll Bos
Auf den satten Emil los,
Packt ihn bei dem einen Stiebel,
Brüllt dazu: „Du Gaunerübel
Eine Füllung neu gegeben!
Meinen Goldsack schobst Du fein
In den Schaft sehr schlau hinein!“ –
Und sie zerrt und zieht und zieht,
Die Bekleidung allzu plötzlich
Und Brigitte sehr ergötzlich
Mit dem dürren Achterteil
In verhängnisvoller Eil’
Von der großen Flohfangbütte.
Hei – das Wasser spritzt heraus,
Flohvolk hopst in Todesgraus
Schleunigst auf der Zangenplier
Und das größte dieser Viecher,
Kühn im Angriff wie einst Blücher,
Meint es ganz besonders böse
Und saugt fest sich an der Neese.
Aus der tiefen Wasserbütte.
Unten ist sie pudelnaß,
Oben aber biß da was.
Und sie schielt zur Nasenspitze,
Den auch Männe nun erspähte.
Lindern wollt’ er diese Nöte,
Einen Lappen, naß und lang,
Er in seiner Rechten schwang,
Haut mit dieser Fliegenklatsche
Der Brigitte stark ein bissel
Vorne auf den Nasenrüssel.
Freilich – jener Floh krepierte,
Weil der Vorsprung im Gesicht
Schwoll jetzt auf zu wenig nicht,
Und aus Ärger auf der Stelle
Teilt sie aus ’ne Maulesschelle.
Und Brigitt die Nasenzacke,
Poliziste Stramm jedoch
Fand in jenem Stiebelloch
Nur ’nen Rest vom Speckspickbraten,
Unserm Emil das nichts nützt
Der Verdacht war stark gestützt,
Und der Poliziste schnelle
Brachte Emil in die Zelle.
Sitzt hier Emil Bohnensiebt.
Niemand glaubt ihm, daß er ehrlich
Und nach Gold nicht war begehrlich.
Nur die beiden Flohtiergreifer
Vorgetragen der Brigitte
Eine gutgemeinte Bitte,
Nämlich, daß sie beid’ und Bob
Planen mit gescheitem Kopp,
Hingeraten wohl sein mag
Und versprechen, dies zu prüfen
Ähnlich guten Detektiven. –
Die Brigitte Zweifel hegt
Denn die Buben und der Hund,
Geistig frisch, am Leib gesund,
Haben vieles schon erledigt,
Wozu Große nur befähigt. –
Und die dreie folgen dann,
Ausgerüstet so mit Dingen,
Die sehr fördern das Gelingen,
Wenn man eine Sach’, die schief,
Männe stolz ein Fernglas trägt,
Das den Blick zu schärfen pflegt,
Maxe hält ein Terzerol
(Denn so nennt man ’ne Pistol’),
Schleppt in seinem Hundemaul
Eine große Stallaterne,
Die bei Nacht benutzt sehr gerne
Jeder Gauner, jeder Dieb,
Vor dem Haus der Zangenplier
Machen halt nunmehr die Vier.
Mit dem Fernglas Männe dann
Wichtig schaut die Stelle an,
Und die trockne Stull’ gegessen.
Ah – unterm Lindenbaume dort
An dem sandbestreuten Ort
Sieht der Männe eine Spur,
Rührte ohne Frage her
Und er spricht sofort daher:
„Werte Witwe Zangenplier,
Dieser freche Diebstahl hier
Hier ein Elstervogel war!
Denn grad diese Elstern sind
Stets beim „Klemmen“ sehr geschwind.“ –
Was er dann noch weiter spricht,
Jedenfalls die beiden Knaben
Schleunigst eine Münze haben
Hingelegt dort untern Baum
Und auch an der Münze Saum
Hier zum Vogelfange nur. –
In dem nahen Rosenstrauche
Liegen vier dann auf dem Bauche,
Warten auf den Vogel still,
Männe in der einen Hand
Hält das dünne Schlingenband. –
Zehn Minuten so vergehn.
Dann kann man die Elster sehn,
Weil sie schaut die Münze blank.
Da – sie sitzt nun ziemlich nah,
Und die Münze sich besah,
Dreht den Kopf, den Hals sie reckt
Auch das zweite hebt sie noch
Und – tritt in das Schlingenloch! –
Männe schon in einem Nu
Zog die böse Schlinge zu,
Möchte heimwärts nun gelangen,
Fliegt empor und flattert traurig,
Krächzt dazu voll Angst recht schaurig,
Da die Schnur am linken Fuß
Und sie flattert immer weiter,
Und die vier, die folgen heiter.
Leicht es sich vermuten läßt:
Die Elster fliegt zum Diebesnest,
Liegen das geklaute Säckchen.
Seht, wie eilig die Brigitte
Rennt hier in der Knaben Mitte,
Seht, wie Bob, Laternenträger,
Vornweg nun rennt vorüber,
Wie die Elster immer trüber
Sa als halb gelähmte Biene
Flattert hin nach der Ruine
Ihr dient als Familiensitz. –
Knapp, die Leiter in der Hand,
Die Geschichte ulkig fand,
Drum schließt an er sich dem Zug,
Jenes hohe Nest man fand,
Wo der Vogel drin verschwand. –
„Leiter her!“ ruft Manne jetzt
Und die weiter ward gesetzt
Wo sie bald bedenklich schwankt,
Weil die Witwe Zangenplier,
Getrieben durch des Goldes Gier,
Allzu hastig kraucht hinan.
Bis zu jener Mauerritze
Von der Leiter höchster Spitze.
Nein – der Männe auf den Nacken
Muß sich noch den Bobbi packen,
Brigitte auf die Schulterstell! –
So – nun scheint das Ding zu glücken.
Bobbi kann ins Nest jetzt blicken,
Und es fällt Laternenschein[1]
Leider diese Elsterkröte
Bobchen brachte Nasennöte,
Denn als er mit seiner Tatze
Angelt nach dem güldnen Schatze
Das Vieh ihm in die Nase beißt,
Zerrt ihn tückisch halb ins Nest
Und dann wieder los ihn läßt,
Wodurch Bobbi als Granate
Aus dem „Schulterstand“ entwurzelt –
Männe nunmehr abwärts purzelt,
Packt jedoch noch sehr gewandt
Mit der starken Knabenhand
Wie ’nen langen Fahnenwipfel,
Während seinerseits der Hund
Bei dem Männe Hilfe fund,
Da im Hosenhinterteil
Frau Brigitte kreischt erregt,
Dann die Leiter sich bewegt.
Allzuschwer war das Gewicht,
Und sie hielt Balance nicht.
Und die dreie plumpsen mit.
Frau Brigitte, gar nicht gut
Fällt auf Knapps Zylinderhut,
Fällt dann in die Dornen spitzig,
Maxe auf den Schädel prallt –
Da – das Terzerole knallt,
Auf den Boden schlug es auf
Und entlud von selbst sich drauf.
Jener Elster bracht den Tod.
Abgemurkst der Vogel schon
Sank zur Erde – Sündenlohn! –
Langsam kraucht auch Frau Brigitte
Und sie wirkt jetzt zum Ergötzen:
Ihr Gewand war nur noch Fetzen! –
Dennoch alle sehr fidele
Eilen nach der Kerkerzelle
Holen hier den Emil ab
Es spendiert die Zangenplier
Wurst und Kuchen, echtes Bier.
Und bei dieser Siegesfeier
Warb um Frau Brigittens Hand
Und auch rasch Erhörung fand.
Bei der Hochzeit Emil dann
War ein ehr patenter Mann,
Stiebel gar von Kalbeslack,
Hatte Wangen glatt rasiert
Und war mit Pomad’ frisiert.
Schaut nur her: Ihr kennt ihn kaum!
So als Detektiv’ die Knaben
Hier ein Paar vereinigt haben;
So ward aus dem Stromermann
Ein rasierter Ehemann.
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