Am Eisenhammer
[855] Am Eisenhammer. (Zu dem Bilde S. 845.) Unser Künstler führt uns in ein Hammerwerk, wo der Hammermeister und sein „Hüttenknecht“ [856] in der Ausübung ihres Gewerbes begriffen sind. Des Burschen Lodenhut mit der keck sich erhebenden Hahnenfeder deutet an, daß wir uns in einer steyrischen Hütte befinden. Mit bedächtiger Miene schiebt der Meister die glühende Stange auf den Ambos, während sein Gehilfe mit der rechten Hand die Schütze des Wasserrades zieht und mit der linken die Hammerstütze wegnimmt. Im nächsten Augenblick geht’s los und mit raschen, wuchtigen Schlägen fällt der Hammer nieder, um die glühende Stange zu strecken: denn daß jetzt gestreckt wird, zeigt uns die scharfe Form des Hammereinsatzes. Zum Glätten der Stange dient der andere, jetzt in Ruhe befindliche Hammer mit breiter Bahn, wie er links vom Hüttenmeister zu sehen ist.
Die Betriebsvorrichtung ist ungemein einfach. Der drohend gehobene Hammerkopf ist an einem etwa vier Meter langen Stiele – dem „Helme“ – von glattem Eschenholz befestigt und durch eingetriebene Eisenkeile gehalten. Den Helm umfaßt auf zwei Drittel seiner Länge ein Zapfenbaud, um dessen beide Zapfen er schwingt. Das kürzere Ende des Helmes reicht bis zur Welle des Wasserrades, welche an ihrem Umfang mit vier „Daumen“ („Kämmen“) versehen ist, die bei ihrem Umlauf das Helmende erfassen, niederdrücken und somit den Hammer heben. Damit die Arbeit flink von statten gehe und der Hammer rasch niederfalle, ist meistens ein Prellbock über dem Helme angeordnet, denn der Hammermeister weiß sehr wohl, daß man das Eisen schmieden muß, solange es warm ist. Erkaltet der Stab, so schiebt der Bursche rasch die Stütze unter den Hammer, wodurch dieser abgefangen wird und in seiner höchsten Stellung zur Ruhe kommt. Die Stange wandert in den Ofen zurück, um für die „neue Hitze“ wieder angewärmt zu werden.
Nicht ohne Wehmut wird der Hüttenmann das Bild betrachten, führt es doch ein Gewerbe vor Augen, welches lange Zeit hindurch in hoher Blüte stand und nunmehr unrettbar dem Untergang geweiht ist! Bei den einfachen Verhältnissen früherer Zeit genügte zum Betrieb des Eisenhüttengewerbes das Vorhandensein von Eisenerz als Rohstoff, von Holzkohlen als Schmelzmaterial und von Wasser als Betriebskraft. Deshalb lagen die Hütten- und Hammerwerke fernab vom Getrieb der Welt, im dunkeln Thale, am muntern Bache, umgeben von waldigen erzführenden Bergeshöhen. – Aber es war eine, wenngleich lohnende, doch mühsame Arbeit, die Gewinnung des Eisens nach alter Weise. Ein Meister mit zwei Hüttenknechten konnte, wenn’s gut ging, täglich 2000 Pfund Eisen fertig stellen. Was ist das, mit der heutigen Leistung verglichen! Ein mittlerer Hochofen unserer Zeit liefert rund 60000 Kilo täglich, und in der Bessemerbirne werden innerhalb 25 Minuten 6000 Kilo Roheisen zu Stabeisen oder Stahl umgewandelt. Auch das Strecken des Eisens und des Stahles wird jetzt mittels Walzen bewirkt, die glatte Stäbe von jedem gewünschten Querschnitt liefern, vom dünnen Nageleisen bis zum schweren Bauträger.
Dem „Hammer“ unseres Bildes ist vor 50 Jahren insbesondere in dem von Nasmyth erfundenen Dampfhammer ein übermächtiger Nebenbuhler erwachsen. Der Dampfhammer findet Verwendung von der geringen, für Kleinschmiede erforderlichen Größe bis zu dem mächtigen Riesen, unter dem Krupp die schweren Küstenkanonen und die mächtigen Schiffsachsen ausschmiedet.
Nur an wenigen Orten, in den Alpenländern, den Pyrenäen, in der Mark haben sich die Eisenhämmer unseres Bildes erhalten, aber täglich wird ihr Kampf mit der neueren Technik schwieriger, und stetig vermindert sich ihre Anzahl. In absehbarer Zeit wird der letzte Schlag eines solchen Eisenhammers erdröhnen.