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An Alexander v. H.

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Karl Gustav Brinckmann
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Titel: Licht und Wärme
Untertitel:
aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1798, S. 264 - 266
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1798
Verlag: J. G. Cotta
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Tübingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[264]
An Alexander v. H.

bey Übersendung eines Lukrez.

     Du, dessen Genius so früh
des Himmels Strahlenfackel raubte,
als die Natur ihm Flügel lieh,
damit er dankbar einst an Sie

5
und keine fremde Gottheit glaubte;

der mit entfesseltem Genie
und kühner Schnellkraft der Gedanken
das Räderwerk der Weltenuhr
umspannt, die mystische Natur

10
enthüllt, und ihre Zauberschranken

verfolgt auf ahndungsreicher Spur,
die dunkeln Räthsel aufzuhellen,
um welche noch ein Schauer schwebt,
vor dem der Denker selbst erbebt,

15
bis er, berauscht aus Lethes Quellen,

die Täuschung der Theosophie
auf ihres Heiligthumes Schwellen

[265]

des Weltalls ewige Magie
als Wahrheits-Göttin aufzustellen; –

20
     Du, dessen nie erschöpfter Geist

die feinste Blume des Genusses
der Kentniß Felsenhöh’n entreißt,
und dann am Strand des Lebensflusses
mit frischem Reitz sie blühen heißt;

25
für dessen Blick in allen Räumen

der unermeßlichen Natur
kaum leichte Wölkchen den Azur
des freien Horizonts umsäumen,
indeß mit Ahndungen und Träumen

30
kein Dämon je sein Herz beschwur;

der am bestürmten Ozeane
der grenzenlosen Ewigkeit
nicht glüht und stampft im trunknen Wahne,
nicht auf der Hofnung morschem Kahne

35
den eitlen Trotz zu spät bereut;

der mit dem zarten Nervenspiele

[266]

vertraut, wie mit dem Schwung der Welt,
der Menschheit kränkelnde Gefühle
für keine Götterfunken hält;

40
der in der Blüte Nahrungssäften

das nähmliche Gesetz entdeckt,
das mit verborgnen Zauberkräften
in Neutons Stirn Ideen weckt –

     O Freund ! seitdem so mancher Schleier

45
des Aberglaubens niedersank;

so mancher Weise, von dem Feuer
der Sehnsucht hingerissen, freier
am Quell der Wahrheit, Wollust trank,
komm, lehre Du, in hellern Zeiten

50
des Wahns, ein beßrer Epikur,

mich würdig auf Lukrezens Saiten
der nimmer älternden Natur
ein heilig Loblied zu bereiten.

R.