An die Freude (Wagenseil)
An die Freude.
Nein! – du bist nicht verschwunden,
Du, die in früher Zeit
So oft mit Wonnestunden
Mein junges Herz erfreut.
Ich kenne deine Spur,
Du Himmelskind, o Freude,
Du Liebling der Natur!
O Zeit, wo sie, von Scherzen
Nach manchen herben Schmerzen
Mich wieder neu belebt;
Wo sie im Aetherglanze
Sich mir zur Seite hing,
In Winternächten ging.
Wo sie zum Rundgesange
Den lieben Zirkel schloß,
Und bey der Gläser Klange
Wo Gold aus Bechern blinkte,
Gezeugt am alten Rhein,
Und wo sie freundlich winkte,
Mit Frohen froh zu seyn.
Wo bey der Freude Lob
Ein sehnendes Verlangen
Die jungen Busen hob;
Wo aus des Flügels Saiten
Und ihren Hochgeweihten
Mit Blumenketten band.
Wo Freude zu den Hallen
Der Freundschaft mich geführt,
Das offne Herz gerührt;
In der Geliebten Armen
Sie selig mich beglückt,
Mit Küssen von dem warmen,
O! laß mich nie vergebens
Dich suchen, goldne Zeit! –
Der beste Theil des Lebens
War, Freude, dir geweiht.
An deinem Hochaltar,
Diesseits der Liebe Sterne,
Dir froh zum Opfer dar.
O wohl mir, denn es prangen
Noch Rosen! – Von den Wangen
Bebt manche Thrän’ herab,
Wenn die Erinnrung Bilder
Verfloßner Zeiten mahlt,
Als Glanz der Sonne, stralt.
Noch scheucht die goldne Leier
Aus wunder Brust den Schmerz,
Noch, voll von Jünglingsfeuer,
Ach! schöner Thaten Kunde
Erfüllet noch mit Lust,
Und von der Gattin Munde
Der Kuß, die frohe Brust.
Erhöhet sich mein Glück,
Und nah’n sich Enkeltritte,
Wie segn’ ich mein Geschick!
Noch stark am Altersstabe
Labt mich des Rheines Gabe
In guter Menschen Kreis.
Sey nah mir, holde Freude,
Bis du mich aufwärts trägst,
Die freye Brust bewegst!
Dort, wo entzückt die Hände
Sich Freund und Freundinn reicht,
Dort ist dein Reich ohn’ Ende,
Wagenseil.