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An strömenden Gebirgswässern

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Textdaten
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Autor: A. T.
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Titel: An strömenden Gebirgswässern
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aus: Die Gartenlaube, Heft 17, S. 276–279
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1873
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[276]
An strömenden Gebirgswässern.

Das Angeln wird in Deutschland noch für einen geistlosen Zeitvertreib und die Angel für ein Instrument gehalten, an dessen einem Ende sich ein Köder, am andern ein Tagedieb befindet. Dieses Urtheil hat einige Berechtigung, wenn jene Beschäftigung ohne Kunst und in stehendem oder ruhig fließendem Gewässer betrieben wird.

Tritt man dagegen, mit allen Mitteln der Kunst ausgerüstet, durch Wissenschaft oder Erfahrung über die Eigenthümlichkeiten und die Natur des lebendigen Salmengeschlechtes belehrt, in einer reizenden Gebirgsgegend an ein lebhaft dahinrauschendes klares Gewässer und wirft hier, stromauf oder stromab wandernd, kunstgerecht seine Angel, so ist dies ein hohe Reize gewährendes Vergnügen und steht zu jener Tagedieb-Angelei in dem Verhältniß wie das Reiten auf einem feurigen Renner zu dem Hocken auf einem störrischen Esel.

Allerdings läßt sich auch jenem Angeln in ruhigen Gewässern der Ebene bei Kenntniß der Natur der Fische und sachgemäßer kunstgerechter Behandlung ein reges Interesse abgewinnen und ein nicht unerheblicher Vortheil dabei erzielen; jedoch gehört dies einstweilen nicht in diesen Aufsatz, der dazu bestimmt ist, den vielen Reisenden, die alljährlich Gebirgsfrische aufsuchen, eine Anleitung zu geben, wie sie den längern Aufenthalt an einem Orte, der Gelegenheit dazu bietet, durch eine der Gesundheit zuträgliche, sehr reizvolle und den Tisch mit einer gesuchten Speise versorgende Unterhaltung sich noch angenehmer gestalten können, sowie auch denen zu dienen, deren Wohnort ihnen die Ausübung dieses Vergnügens gestattet.

Diesen praktischen Zweck verfolgend, soll hier keine ausführliche Abhandlung über das Angeln überhaupt und die Kunst des Fischens mit Kunstfliegen insbesondere gegeben werden; es wird genügen, außer einer kurzen Beschreibung des Aeußern und der Gewohnheiten der Bachforelle, der Lachsforelle und der Aesche das auf eigene Erfahrung basirte Verhalten beim Angeln auf diese Fische anzugeben, vermöge dessen man eines lohnenden Erfolges sich versichert halten kann, und daran noch dasjenige anzuschließen, was über die Ausrüstung zum Angeln und die am leichtesten zu beschaffenden natürlichen und künstlichen Köder zu wissen nothwendig ist.

Die gemeine Bachforelle hat bekanntlich keine Schuppen; ihre Haut ist auf dem Rücken dunkel-olivenfarbig und an den Seiten mit blutrothen Punkten in dunklem Felde bezeichnet; der untere Theil des Leibes ist gelblich – die Flossen sind gelb, in’s grünliche spielend; die Schwanz- und Bauchflossen haben einen weißlichen Rand. Sie laicht im Spätherbst und wird höchstens drei Pfund schwer.

Die Forelle ist ein gieriger Raubfischer, der nicht nur kleinere Fische anderer, sondern auch seiner eigenen Gattung verschlingt, aber ebenso erpicht ist auf allerhand Insecten und Gewürme. Die Bachforelle hält sich hauptsächlich in den oberen Theilen der Gebirgsbäche auf, wo das Wasser äußerst klar, kalt und beschattet ist und stark strömt und wo große Steine im Wasser lagern. Unter diesen und hohlen Ufern hat sie ihren Stand und schießt aus ihrem Versteck wie ein Pfeil auf den Köder los, aber ebenso schnell zurück, wenn sie den Angler bemerkt. Dieser hat also dafür Sorge zu tragen, daß, wenn er an solchen Orten angelt, wo kein Wasserstrudel ist, er dem Fische möglichst verborgen bleibe. Dazu trägt bei, wenn er der Sonne gegenübersteht, damit weder sein eigener noch der Schatten der Angelruthe auf das Wasser falle. Den Wind hat man gern im Rücken, wodurch das Auswerfen der Angel sehr erleichtert wird. In den oberen Theilen der Gebirgsbäche, wo sie noch wenig Wasser haben und großenteils flach über das Gestein fließen, suche man die sogenannten Sümpfe auf. Es sind dies die tiefen Wasserkessel, welche sich durch Hochwasser unmittelbar unterhalb einer sehr starken Strömung oder eines Wasserfalles gebildet haben. In diesen Sümpfen halten sich die Forellen bei niedrigem Wasser stets auf und stehen unter hohlen Felsen und Steinen oder in der schäumenden Strömung oberhalb des Kessels.

Das Angeln auf diese letzteren ist das am meisten zu empfehlende, weil diesen Forellen gegenüber der Angler weniger Rücksichten auf sein Unbemerktsein zu nehmen hat und die Fische dort am ehesten auf den Köder gehen. Sie können bei dem schäumenden Wasser nicht mit der Schärfe äugen wie im ruhigern. Man wirft den Köder oberhalb des Wassersturzes oder der starken Strömung ein und läßt ihn mit dem Wasser gehen; stehen Forellen dort, so wird man dies nicht oft zu wiederholen haben, ohne ein Resultat zu erzielen. Der Angler steht oberhalb des Wassersturzes und giebt der Angelschnur eine solche Länge, daß der Köder nicht allein die starke Strömung, sondern auch den darunter liegenden Kessel durchziehen kann. Er wird dann auch für die in letzterm stehenden Forellen wenig bemerkbar sein, besonders wenn er auf der Seite eines hohlen Ufers steht, und hier erlangen, was in der starken Strömung nicht glückte. Der Fang geräth am besten, wenn das Wasser angeschwollen und trübe oder die Oberfläche durch Wind gekräuselt ist. Die Manipulation des Gehenlassens des Köders mit dem Wasser wird an derselben Stelle öfter wiederholt, wobei man sich jedoch hüte, den Köder gegen den Strom zu ziehen. Dies erweckt sofort den Verdacht des schlauen Fisches. Der Köder muß, wenn die Schnur abgelaufen ist, aus dem Wasser gehoben und erst oberhalb der Stromschnelle wieder eingeworfen werden. Angelt man nur im Kessel und das Wasser strömt in demselben nicht lebhaft genug, so kann man den Köder auf der Oberfläche quer über das Wasser bewegen.

Den Schwimmer (die Flosse, Kork oder Federkiel) läßt man bei dem Angeln auf Forellen am besten ganz weg; diese scheut sich davor, und in stark strömendem Wasser zeigt der Schwimmer ohnedies den Biß nicht an, da er durch den Strudel zu stark bewegt wird. Man verlasse sich auf das Gefühl in der Hand; man wird darin bald sehr feinfühlend. Für den Anfänger empfiehlt es sich, die Angel jedesmal, wenn der Köder die Stromschnelle durchlaufen hat, durch eine sanfte Bewegung des Handgelenkes der Art anzuhauen, daß er etwa einen Fuß gegen den Strom gerückt wird. Fühlt man keinen Widerstand, so läßt man den Köder weiter durch den Kessel schwimmen. Sitzt eine Forelle am Haken, so werfe man sie ohne Weiteres auf’s Land. Das sogenannte Drillen, d. h. das Mattmachen des Fisches im Wasser, um ihn dann auf’s Ufer zu ziehen und mittelst eines Käschers oder mit der Hand aus dem Wasser zu heben, ist nur bei sehr starken Fischen nöthig, um das Abbrechen des Hakens oder das Reißen der Angelschnur, respective des Vorfaches, zu verhüten.

Bei der Bachforelle, die selten über neun Zoll lang wird, ist diese Vorsicht nicht erforderlich. Ich habe an einem tiefen, an und für sich ruhigen Sumpfe in einem Gebirgswasser des Harzes, in den der Bach etwa zwei Fuß hoch herabstürzte, jedesmal meinen lohnenden Fang gemacht, indem ich mir die [277] Mühe nicht verdrießen ließ, den Köder mit dem Wassersturze in den Sumpf fallen zu lassen und dann ihn unmittelbar wieder herauszuziehen, um ihn auf’s Neue oberhalb des Sturzes auszuwerfen. Der mit dem Sturze kommende Köder erweckt keinen Verdacht bei der Forelle, und sie stürzt sich in der Regel sofort auf diesen Raub.

In der fortwährenden Bewegung und Thätigkeit beim Forellenangeln liegt ein großer Reiz; so wandert man von einem Sumpf zum andern, von einer Stromschnelle zur andern. Die beste Zeit zum Angeln bieten die Morgen- und Abendstunden, namentlich bei trübem, regnigem Wetter. Daß übrigens unter Umständen auch eine Forelle an den Köder geht, wenn der Angler ganz frei und sichtbar steht, habe ich selbst erfahren. Ich stand an einem tiefen, durchaus klaren Kessel, oberhalb dessen der Bach eine ziemlich lebhafte Strömung hatte. Mir gegenüber im Kessel befand sich unter Wasser ein hohler Fels, wo ich den Stand einer Forelle vermuthete. Ich ließ den Köder, eine Kunstfliege, mit der Strömung in den Kessel ziehen, und es erschien auch sofort eine sehr starke Forelle, welche ihren Versteck unter dem Felsen jedoch nur so weit verließ, um sich neugierig den Köder etwas näher zu betrachten, und dann wieder verschwand. Beim zweiten Einwerfen stürzte sie, als der Köder an ihrem Versteck vorbei passirte, mit großer Rapidität auf denselben los und faßte ihn. Ich hieb sogleich an und hob sie aus dem Wasser, um sie auf’s Land zu werfen. Der Haken mußte jedoch nicht genügend gefaßt haben, denn sie fiel noch über dem Wasser ab, kehrte in ihren Schlupfwinkel zurück und alle Bemühungen, ihren Appetit wieder zu erregen, blieben vergeblich. Die Forelle ist im Allgemeinen jedoch so gierig, daß sie auch durch eine solche Erfahrung sich nicht von neuen Angriffen abhalten läßt, wenn sie den Angler nur nicht sieht. Hätte ich am andern Ufer über dem hohlen Felsen gestanden, so würde ich wahrscheinlich doch noch meinen Zweck erreicht haben. Ich habe an einer den Angler deckenden Stelle eine Forelle gefangen, nachdem sie schon viermal angebissen und den Haken gefühlt hatte; es machte mir dies den Eindruck, als ob der muthige Fisch beschlossen habe, der Gefahr zu trotzen und seinen Willen um jeden Preis durchzusetzen. In seine Höhle war die weise Lebensregel nicht gedrungen:

Sei deiner Neigungen Herr, so wirst du das Unglück beherrschen.

Die gefangenen Forellen lebendig zu transportiren, ist sehr umständlich. Man muß zu diesem Zweck ein wasserdichtes Tönnchen zum Umhängen bei sich führen, an dessen Peripherie eine gut schließende Klappe zum Einthun der Fische, und am Boden und Deckel je ein Spundloch mit dicht schließendem Pfropfen sich befinden. Diese Spundlöcher dürfen nicht so groß sein, daß eine Forelle durchschlüpfen könnte. An dem Orte, wo man angelt, zieht man die Pfropfen heraus und legt das Tönnchen so in’s Wasser, daß dieses hindurch geht. Beim Wechseln des Ortes werden die Spundlöcher im Wasser geschlossen, und dann das Tönnchen wieder umgehangen. Der Umhängeriemen ist so angebracht, daß das Tönnchen mit seiner Achse parallel mit dem Erdboden, die Klappe nach oben, getragen wird. In dieser Weise verfahren die gewerbmäßigen Fischer, welche Fischkasten halten. Für den Angler, mit dem wir es hier zu thun haben, genügt es, um den Fisch genießbar zu erhalten und leicht zu transportiren, ihn mit dem Messer, etwas oberhalb der Schwanzflosse, nach der Länge des Fisches zu durchstechen und ausbluten zu lassen. In’s Wasser darf der getödtete Fisch nicht mehr gehangen werden. Das Fleisch der Bachforelle ist weiß, das der nunmehr folgenden Lachsforelle röthlich. –

Die Lachsforelle erreicht eine sehr erhebliche Größe; sie wird selten unter einem halben Pfund schwer gefangen, erlangt aber unter Umständen, bei hohem Alter, ein enormes Gewicht. Der Fischer aus Heiterwang, dem der in der Nähe von Reute liegende Plansee in Tirol gehört, versicherte mir, und der Mann machte nicht den Eindruck des Flunkerns, daß er einen Lachsferch, wie dieser Fisch dort genannt wird, von über hundert Pfund Gewicht im See gefangen und nach Innsbruck verkauft habe. In dem Gasthofe zu Reute zeigte mir der Wirth, ein passionirter Angler, den in Spiritus gesetzten Kopf einer Lachsforelle, die er mit der Angel im Lech gefangen. Derselbe ist so groß wie ein schwacher Kalbskopf. Das Gewicht dieses Fisches soll, so viel mir erinnerlich, dreißig Pfund betragen haben. In Bartholomäus am Königssee bei Berchtesgaden befinden sich lebensgroße Abbildungen von den größten Fischen dieser Art, die dort gefangen wurden.

Die Lachsforelle ist ohne Schuppen. Ihr Rücken ist schwarzblau; die Seiten sind grünlich; der Bauch ist weißgelblich; die Flossen sind grau, Fett- und Schwanzflosse schwarz; an der Bauchflosse hat sie sechs Punkte; der ganze Körper ist mit schwarzen oder dunkelbraunen und röthlichen Punkten in hellerem Felde bestreut. Sie lebt, wie der Lachs, in der See und steigt aus dieser im Monat Mai in die Flüsse, wo sie im November und December laicht und dann in die See zurückkehrt. Ihr Aufsteigen in die Gebirgswässer geht nicht bis in die hohen Regionen; man trifft sie, stromab wandernd, erst dort an, wo der Bach, wenn er auch noch schnell fließt, doch keine Stürze mehr macht, und wo an die Stelle der großen Steine im Bett sandiger oder kiesiger Grund getreten ist. Man hat sie hauptsächlich da aufzusuchen, wo das Wasser als Stromschnelle über sandigen oder kiesigen Grund strömt; auf die Klarheit des Wassers legt sie nicht den Werth, wie die Bachforelle. Steigt eine Lachsforelle bei Hochwasser ausnahmsweise höher nach der Quelle des Gewässers an, so verbleibt sie in den tiefen Sümpfen dieses höheren Theiles bis zum nächsten Hochwasser.

Die Lachsforelle ist nicht so scheu wie die Bachforelle und man kann sich ihr gegenüber freier zeigen; namentlich wird sie oft von Brücken herab geangelt, unter denen sich ein Wehr und dem entsprechender Sumpf befindet. Sie steht sehr gern unter der Bebohlung der untersten Theile dieser Wehre. Läßt man den Köder auf der Oberfläche des Sumpfes spielen, als wenn ein Insect sich eintaucht und wieder hebt, so stürzt die Forelle aus ihrem Versteck hervor und greift gleich tüchtig zu, so daß man sie in der Regel auf die Brücke ziehen kann. Ist sie jedoch zu stark zum Herauswerfen, so muß das Drillen eintreten; bei diesem wird folgendermaßen verfahren: Geht der Fisch nach dem Anhauen des Angelhakens auf den Grund, so sitzt der Haken fest; man läßt die Schnur nach, wenn er sich weiter bewegt, doch muß dieselbe immer so straff bleiben, daß er keine gefährlichen Stellen erlangen kann. Als solche sind alte Stöcke im Wasser oder derartige Uferstellen zu bezeichnen, an denen beim Untertreten des Fisches eine Verwickelung der Schnur erfolgen könnte. In freiem Wasser läßt man den Fisch hin und her schießen und die Schnur hinter sich her schleppen, nur zuweilen hält man ihn wieder gelinde an. Ist er sehr kräftig, so folge man ihm, insofern dies das Ufer gestattet; bemerkt man eine Ermattung des Fisches durch den schwächeren Widerstand, den er leistet, so ziehe man ihn langsam an die Oberfläche des Wassers; ist er auch hierbei geduldig, so führe man ihn mittelst der Schnur langsam stromabwärts an einer Stelle zum Ufer, wo man ihn an ganz kurz gefaßter Schnur herauswirft oder mittelst eines unterfassenden Käschers oder durch Hülfe seiner Hände bequem an’s Land bringen kann. Je weniger man sich beim Drillen dem Fische zeigt, desto weniger Widerstand leistet er. Anfänger müssen sich beherrschen lernen und der Begierde widerstehen, einen am Haken sitzenden schweren Fisch sofort auf das Land zu werfen, da Haken und Vorfach der gewöhnlichen Klitschangel dem Gewicht und dem Widerstande eines starken Fisches nicht der Art gewachsen sind, um das Herauswerfen ohne häufig eintretenden Verlust zu ermöglichen. Ich verlor auf diese Weise durch das Abbrechen eines schon starken Hakens eine zehnpfündige Lachsforelle, der ich an einer Stromschnelle in der Oder, am Südharz, wo ich sie stehend wusste, schon lange nachgestellt hatte. Sie wurde kurze Zeit darauf, oberhalb dieser Stelle, in dem Sumpf eines Wehres bei Nacht mit Netz gefangen.

An solchen tiefen, mit sandigem oder kiesigem Grunde versehenen Stromschnellen, wo man Lachsforellen stehend vermuthet, lasse man, oberhalb stehend, den Köder die ganze Schnelle hinablaufen und fahre damit, von Neuem einwerfend, so lange fort, bis Anbiß erfolgt oder man die Ueberzeugung gewinnt, daß es besser sei, sein Glück an einer andern Stelle zu versuchen.

Die Aesche ist ebenfalls ein Raubfisch und hat in ihren Bewegungen und ihrer Lebensweise viel Aehnlichkeit mit der Bachforelle, versteckt sich jedoch nicht, sondern steht immer im Strom und zwar an denjenigen Stellen, die als eigenartig für die Lachsforelle angegeben sind, nur nicht in der starken Strömung der Stromschnelle selbst, sondern fast immer an der Stelle, wo diese [278] Strömung in ruhigeres Wasser übergeht. Man fängt deshalb an diesen Stromschnellen, wenn die Schnur lang genug ist, um bis in das ruhigere Wasser zu laufen, sehr häufig anstatt der Lachsforelle die Aesche, die ein außerordentlich guter Beißer ist. Geht man blos auf Aeschen aus, was in der Regel sehr lohnend ist, so nimmt man seinen Standpunkt am untern Ende der Stromschnelle. Die Aesche liebt klares, kaltes, schattiges, ziemlich schnellfließendes Wasser mit kiesigem und sandigem Grunde, wächst schnell, wird bis zwei Fuß lang und einige Pfund schwer. Sie hat einen schwärzlich-grünen Rücken, an den Seiten etwas ins Blaue spielend; die Seiten und der Bauch sind glänzend weiß, mit großen harten Schuppen bedeckt. Die Flossen spielen etwas in’s Röthliche und die große nach hinten gebogene Rückenflosse ist schwarz und rothbraun gefleckt; der Schwanz ist gabelförmig und bunt gefleckt; sie hat einen stumpfen Kopf und einen langen, nicht sehr starken Leib. Ihr weißes, zartes und fettes Fleisch ist von feinem Geschmack, ohne Gräten, und wird von Vielen dem der Forelle vorgezogen.

Die Aesche laicht im April und Mai und beißt das ganze Jahr, auch im Winter; vom Juli ab ist sie am schmackhaftesten. Sie findet sich in allen Gewässern des Harzes und unserer andern heimatlichen Gebirge von da ab, wo diese Gewässer aus der reinen Steinregion heraustreten, z. B. in der Bode an der Roßtrappe vom Bodekessel, in der Oder am Südharz von der Mündung der Sperrlutter ab, die von Andreasberg herunter kömmt. In der Limmath bei Zürich wird sie in großen Mengen gefangen; auch in den Flüssen Baierns ist sie zu Hause.

Ich wende mich jetzt zur nothwendigsten Ausrüstung zum Angeln. Das zu der angegebenen Art des Angelns erforderliche Instrument ist die Klitsche, auch Klitsch- oder Wurfangel genannt. Sie ist von den vielerlei Arten von Angeln die gebräuchlichste und die meiste Unterhaltung gewährende. Dazu gehört zunächst der Angelstock, welcher ein Natur- oder Kunststock sein kann. Den ersteren schneidet man sich, wo Gelegenheit dazu ist, an Ort und Stelle und wählt dazu eine gerade gewachsene, möglichst leichte, dabei aber feste elastische Ruthe von neun bis zwölf Fuß Länge von Haselnuß, Hartriegel, Buche, Ahorn etc. Es ist jedoch immerhin schwer, gerade gewachsene Triebe oder junge Bäume von dieser Länge überhaupt und gerade am Orte des Gebrauches ausfindig zu machen; auch ist das weite Schleppen solcher Ruthen, wenn man sie von Hause mitbringt, umständlich und für Manchen genirend. Eine solche Angelruthe ist daher nur für den Nothfall in’s Auge zu fassen. Frisch geschnittene Ruthen ermüden wegen ihres Gewichtes außerdem bald den Arm.

Dagegen ist ein, auch als Spazierstock dienender, künstlicher Angelstock sehr zu empfehlen. Ein solcher Stock der billigsten Sorte besteht in der Regel aus Weberrohr oder Bambus, und zwar aus drei bis vier, auch noch mehr Theilen. Diese Theile stecken in einander, und wird der die übrigen enthaltende stärkste Theil oben durch einen Knopf und unten durch eine metallene Zwinge, welche auf- und abzuschrauben sind, geschlossen und hat eben ganz das Aussehen eines mehr oder weniger starken Spazierstockes. Bei dem Gebrauch werden Knopf und Zwinge abgeschraubt und in die Tasche gesteckt, die andern Theile am Knopfende herausgezogen und am Zwingenende einzeln, nach ihrer Stärke folgend, auf einander gesetzt. Zu diesem Zweck ist jeder Theil, mit Ausnahme des obersten, des Vorhauers, mit breiten messingenen Ringen an beiden Enden (der stärkste Theil nur am untern) versehen, die genau in einander passen und sehr fest zusammenstecken. Das schwächste Ende, der Vorhauer, ist eine dünne, aber außerordentlich zähe und elastische Ruthe von Hasel- oder Hickoryholz mit einer etwa einen Fuß langen Spitze von Fischbein, an deren Ende eine Oese zum Befestigen oder Durchziehen der Angelschnur angebracht ist. Das unterste genau in die Zwinge des vorletzten Theiles passende Ende des Vorhauers ist in der Regel ohne Ring. Das Auseinandernehmen des Stockes und die Wiedereinbringung in den stärksten Theil nebst Aufschraubung des Knopfes und der Fußzwinge und damit Wiederherstellung des Spazierstockes bedarf keiner Beschreibung.

Solche Stöcke sind in großer Auswahl von der Handlung J. E. R. Waitz in Hamburg, Gänsemarkt Nr. 48, zu beziehen und kosten, je nach der Güte des Materials und der Anzahl der Theile, laut Preisliste zwölf Groschen bis zwei Thaler vierundzwanzig Groschen. Man kann jedoch dort auch noch dauerhaftere von Hickoryholz oder chinesischem Rohr erhalten, die über zehn Thaler kosten.

Aber fast in allen größeren Städten Deutschlands sind jetzt dergleichen Stöcke und Fischereigeräthe der mannigfaltigsten Art zu haben. Von den mir bekannten Adressen führe ich noch an: Berlin: Kalli, Schloßfreiheit Nr. 1; Coblenz: Reischich am kleinen Paradeplatz, Schäfer auf der Firmungsstraße, Waitz auf der Marktstraße; Cöln: Käsen, Rheinstraße; Hannover: Hahne (die Straße ist mir entfallen).

In England und Amerika treibt man mit künstlichen Angelruthen einen großen Luxus. Dergleichen Stöcke, welche mit Rollen zum Verlängern und mit Ringen zum Ablaufen der Schnur versehen sind, kosten bis fünfundzwanzig Thaler; ja, ich traf im Bodethal einen Amerikaner, der einen Angelstock führte, an dem alle Beschläge von Silber und feinster Arbeit waren, der ihm nach seiner Versicherung achtzig Dollars kostete. Dieser Amerikaner theilte mir im Laufe unserer Unterhaltung mit, daß die Leidenschaft des Angelns „dort drüben“ bei Männern und Frauen in stetem Wachsen begriffen sei, und daß er mit seiner und noch vier anderen Familien, von New-York aus, alle Jahre einen vierwöchentlichen Ausflug nach dem Staate Maine mache, wo die Gesellschaft an geeigneten Stellen unter Zelten campire, und sich dem Vergnügen der Jagd und Fischerei hingebe. Namentlich den Frauen sei dieser Ausflug so an’s Herz gewachsen, daß sie die dafür festgesetzte Zeit kaum erwarten könnten, und daß sie, in so weit sie nicht im Küchendepartement beschäftigt seien, mit schweren Stiefeln bewaffnet, dem Sport des Angelns fleißig oblägen.

Die Angelschnur besteht aus zwei Theilen: der Leine, eventuell mit dem Schwimmer, und dem Vorfach mit dem Haken.

Die Leinen, aus welchen die Angelschnüre hergerichtet werden, sind aus Hanf, Seide oder Pferdehaar gefertigt und von allen drei Stoffen, auf Rollen gewickelt, in Längen von sechszig bis einhundertzwanzig Fuß zu haben. Die aus Seide geklöppelten sind die dauerhaftesten. Man erhält in den Handlungen mit Fischereigeräth zwar auch bereits vollständig mit Schnur und Haken armirte Angelschnüre auf Stech- oder Windebrettchen; es ist für dasjenige Angeln, welches dieser Aufsatz behandelt, jedoch vorzuziehen, seine Angelschnur nach Bedürfniß der Länge aus Leine und Vorfach sich selbst zurecht zu machen. Vor dem Gebrauch ist die Angelschnur natürlich auf das Stech- oder Windebrettchen gewickelt. Die Länge der Schnur, inclusive Vorfach, ist für das gewöhnliche Auswerfen annähernd gleich der Länge des Stockes zu bemessen, so daß man, mit der rechten Hand den Stock haltend, mit der linken die angespannte Schnur über dem Haken faßt und dann, die Schnur loslassend, den Köder an die Stelle wirft, welche man sich ausersehen hat. Man erlangt durch die Praxis hierin bald die erforderliche Fertigkeit. Bedarf man nach der Oertlichkeit zum Weiterschwimmenlassen des Köders keiner größeren Länge, als Schnur und Stock ergeben, so wird die Schnur an die Oese des Vorhauers befestigt. Der Vorsicht wegen ist jedoch anzurathen, die Leine rückwärts noch um etwas mehr als Stocklänge zu verlängern und, nachdem sie leicht um die ganze Länge des Stockes gewickelt ist, am Griffende desselben zu befestigen, damit, wenn der Vorhauer oder ein anderer Theil des Stockes sich aus seiner Verbindung beim Anhauen lösen sollte, der losgelöste Theil mit dem angehakten Fisch nicht verloren gehe. Ist dagegen der Standpunkt des Anglers sehr hoch über dem Wasser oder die Stromschnelle so lang, daß man einer größern Länge der Schnur bedarf, um den Köder bis an’s Ende derselben ziehen lassen zu können, so wird dieselbe ohne Befestigung durch die Oese gezogen und rückwärts so lang gemacht, daß man bis zum Ende der Schnelle die Schnur nachlassen kann, ohne sie aus der Hand zu verlieren. In diesem Falle hält man, wenn die Schnur nicht etwa an einer am Stock angebrachten Rolle aufgewickelt ist und man sie von dieser ablaufen lassen kann, die nachzulassende Leine in der linken Hand.

Vorfach wird eine Schnur von wenigstens ein Fuß Länge genannt, die in der Regel etwas schwächer ist, als die Angelschnur, und an deren einem Ende sich eine Oese, am andern der Haken befindet. Vermittels der Oese wird das Vorfach mit der Leine verbunden. Zur Ausrüstung der Angeln führt man eine Anzahl Vorfächer mit sich, um Ersatz zu haben, wenn ein Haken [279] abbricht ober durch Hängenbleiben verloren geht. Angelt man auf sehr schwere Fische, zum Beispiel Karpfen, so muß das Vorfach die volle Festigkeit der Schnur selbst haben.

Für das Angeln auf Forellen und Aeschen besteht die Schnur des Vorfaches aus einem sehr festen Stoffe, welcher sich in seiner Färbung fast gar nicht vom Wasser unterscheidet, was bei den klaren Gebirgswässern sehr wichtig ist. Dieser Stoff ist der Seidendarm; er wird in der Seidenraupe gefunden, kurz bevor dieselbe zum Einspinnen in den Cocon sich anschickt. Durch Streichen mit Gummi-elasticum macht man diesen Darm wieder gerade, wenn er in Folge der Aufbewahrung eine Krümmung angenommen hat. Den einzelnen Seidendarm hat man selten länger als einen Fuß; durch Zusammenknüpfen von mehreren kann man das Vorfach verlängern.

Der Haken ist auf eine sehr feste und kunstvolle Art mit dem Darm verbunden. Die besten Haken sind die englischen und unter diesen die Limmericker. Dieselben werden aus Gußstahl fabricirt, mittelst der Feile ausgefeilt und gut polirt; ihre Form ist die allgemein bekannte.

Für das vorstehend beschriebene Angeln sind kleine Haken am passendsten; sie sind entweder bloß und zum Anstecken des natürlichen Köders bestimmt oder mit Kunstinsecten der Art versehen, daß der Haken zum Insect zu gehören scheint.

Unter den natürlichen Ködern für die hier in Betracht gezogenen Fischarten stehen die Heuschrecken (Grashüpfer) obenan. Dieselben sind vom Monat Juni an bis in den September hinein wohl überall auf trocknen Wiesen anzutreffen, und meist wird sich Gelegenheit bieten, sie auf dem Wege nach dem Angelplatz frisch einzufangen. Sie werden in einer fest schließenden starken Holzschachtel aufbewahrt, in deren Deckel sich eine mit einem Pfropfen verschlossene Oeffnung befindet. Die mittelgroßen Heuschrecken sind die besten, da sie in der Regel den ganzen Haken in sich aufnehmen können und dieser doch fest sitzt. Man setzt die Spitze des Hakens am Ende des Leibes ein und zieht das Insect über den Haken so hinweg, daß die Spitze am Kopfe oder der festen Schulterdecke gerade nur zum Vorschein kömmt. Nächstdem sind folgende natürliche Köder zu empfehlen: kleine Fischchen, rohe Krebsschwänze oder Scheren ohne Schalen, ganz kleine Frösche, Wasserspinnen, große Mücken und bei trübem Wasser auch Regenwürmer, Mehlwürmer und große Maden. Alle zur Angelzeit vorkommenden Insecten, als: größere Fliegen jeder Art, Libellen, Junikäfer, Hummeln, ferner Raupen etc., sind gute Köder.

Steckt man über den Köder, sei er natürlich oder künstlich, ein kleines Stückchen rothes Tuch oder rothe Wolle, so wird der Reiz des Köders für die Forelle und Aesche erhöht. Künstliche Köder haben den Vortheil, daß man sich mit dem Aufsuchen natürlicher nicht aufzuhalten nöthig hat und daß sie sehr lange vorhalten. Mit einer dunkeln Kunstfliege, welche jener Amerikaner an der Roßtrappe mir verehrte, habe ich, ehe sie unbrauchbar wurde, wohl an die drei Dutzend Forellen und Aeschen geangelt. Die Engländer fertigen auch künstliche Fischchen von Perlmutter, Glas und Gummi, künstliche Frösche, Käfer, Grashüpfer und Larven, an deren unterem Ende die Haken hervorstehen; am oberen Ende befindet sich eine Oese zum Befestigen an das Vorfach. Von den künstlichen Ködern verdienen jedoch die Kunstfliegen bei dem Angeln auf Forellen und Aeschen, und von ihnen die englischen, entschieden den Vorzug. Sie sind den natürlichen Fliegen der verschiedensten Arten täuschend ähnlich gefertigt. Bei den französischen, meist aus Chenille und ohne Kunst hergestellten Fliegen, fehlt die Nachahmung der Natur. Das Dutzend englische Kunstfliegen kostet fünfzehn Groschen, wobei die Hakengröße nicht in Betracht kommt.

Da die Fische ein feines Geruchsorgan haben, so betupft man besonders die künstlichen Köder mit einer sie reizenden Witterung. Moschus, Bisam oder Zibet, in sehr geringer Quantität verwendet, reizen besonders an. Auch Anisöl, Honig, Steinöl, Bibergeil, Gewürznelken, Kampher etc. sind dazu dienlich. Besondern Ruf genießen auch das Reiher- und das Maikäferöl, jedoch muß man sich diese Substanzen selbst bereiten. Anleitung dazu findet man in dem sehr renommirten Werke des Baron von Ehrenkreuz, „Das Ganze der Angelfischerei und ihre Geheimnisse etc.“ In den größeren Handlungen mit Fischereigeräthen bekommt man auch einen Liqueur, das Fläschchen zu neun Groschen, welcher eine gute Witterung abgeben soll. Außerdem wird das Anbeißen befördert, wenn man an die Spitze des Hakens der Kunstfliege noch ein Naturinsect, eine gewöhnliche Fliege oder Made, steckt. Im Allgemeinen ist bei Benutzung der Kunstfliegen noch als Regel zu beachten, daß man am hellen Tage dunkle, in der Dämmerung oder Nacht rothe, respective weiße Fliegen verwendet. Zum Aufbewahren der Kunstfliegen nebst Darm dient ein Fliegenbuch von Leder mit Pergamenttaschen; ein einfaches Buch der Art kostet fünfzehn Groschen.

Für den Ausgang zum Angeln sind ferner zu empfehlen: dauerhafte dunkle Kleidung mit vielen und großen Taschen, derbe Stiefeln, mit denen man nöthigenfalls durch flaches Wasser gehen kann, eine Umhängetasche mit Abtheilungen zum Heimtransport der gefangenen Fische und Aufbewahrung von ein Paar Reservestrümpfen sowie eines Netzbeutels, welcher, während des Angelns in’s Wasser gehangen, die lebendigen Fische enthält, und eventuell eines kleinen Fischhamens, zu dem der Stock an Ort und Stelle geschnitten wird. Außerdem versehe sich der Angler mit einem starken scharfen Messer, mit Bindfaden, Garn, Reserveschnuren, Gummi-elasticum und etwas Fenster- oder Tabakblei zum Umwickeln an das obere Ende des Vorfaches, wenn das Wasser trübe ist und der Köder gesenkt werden soll.

Ein Dilettant, der unter Beachtung der vorstehend gegebenen, nach eigener Erfahrung aufgestellten Regeln seine Angeloperationen in den Monaten Mai bis inclusive September ausführt, kann sich eines lohnenden Erfolges versichert halten, wird diese angenehme Unterhaltung bald sehr lieb gewinnen und nach Schluß der Saison mit Sehnsucht dem Beginne der nächstjährigen entgegensehen.
A. T.