Auf dem Holzwege
[724] Auf dem Holzwege. (Zu dem Bilde S. 713.) Man kannte ihn, den Grünrock! Es war nicht mit ihm zu spaßen, mochte man ihm nun draußen im Revier begegnen oder ihn im „Kruge“ treffen – er sah dort zuweilen dem Tanze zu, und ein überlegenes Lächeln „über die Thorheit der Jugend“ spielte dann wohl um seinen Mund – oder mochte man ihn im Forsthause aufsuchen, um etliche kernige Unhöflichkeiten „von Amtswegen“ in Empfang zu nehmen. Aber welcher Mensch hat nicht seine schwachen Seiten! Auch der Grünrock hatte sie. Und noch eine andere, als die genannten. Da war nämlich in der Nachbarschaft desselben ein Dirndl, eins, das anders war als alle sonst im Dorf: schmuck und sauber, fleißig und keck – das stach dem Grünrock in die Augen. Einmal traf er sie in den schattigen Buchenhallen draußen im Revier. Sie saß gerade am Wegrande, um sich auszuruhen, denn der große Tragkorb, den sie mit sich führte, war eine Last. Da faßte er einen Entschluß, da wollte er einmal – es ist wirklich ungelogen! – das Gegentheil von dem sagen, was man sonst von ihm zu hören gewohnt war: das sollte etwas Angenehmes sein, eine Schmeichelei, etwas – Galantes. Also los, Grünrock!
Aber da stand er, legte die Hand, die den derben Stock hielt, auf den Rücken, faßte mit der andern die Pfeife, schmauchte, lächelte verlegen, sah vor sich nieder und sagte – nichts, wenigstens lange nichts, und dann nicht, was er wollte. Ja, wer’s erklären könnte! Selbst der Maler hat, als er die Geschichte erzählte, nur nachdenklich gelacht und dabei gesagt: „Siehst, das ist er, der Grünrock, der galant sein wollte und es nicht fertig brachte, und das ist das Dirndl, das ihn perplex gemacht hat.“
Aber nach einer Weile hab’ ich’s herausbekommen, was es war, das den Grünrock in Verlegenheit setzte, und hab’ mir im Stillen gesagt: Freilich, grob sein kann schon eine herzensgute Seel’, aber galant sein, das ist schwer und ist um so schwerer, je besser man’s meint. Geradeaus, Grünrock, ist nicht nur der nächste Weg, sondern auch der einzige. **