Auf der Redoute
[100] Auf der Redoute. (Zu unserer Kunstbeilage.) „Rate, wer ist’s?“ raunt es mit verstellter Stimme hinter dem herabgelassenen Helmvisier hervor, und die junge schöne Frau in dem prächtigen altdeutschen Patrizierinnenkostüm lächelt verlegen und sucht mit der Hand das Visier hinaufzuschieben, das aber nicht nachgiebt. Noch immer ist sie im Ungewissen, ob dahinter wirklich die treuen Augen ihres Mannes blitzen. Längst haben die anderen Festteilnehmer alle die Maske abgenommen, wie es die Sitte erheischt; aber vergeblich hat sie bisher im Geleite der sie neckenden Freunde ihres Gatten nach diesem Umschau gehalten. Sollte er sich wirklich in die schwere Ritterrüstung gesteckt haben, die ihn mit ihren ungefügen Formen so ganz und gar unkenntlich macht? Wahrscheinlich ist’s schon, denn von all den Teilnehmern der Redoute hat er sie am meisten gehänselt und durch genaue Kenntnis ihres Wesens verblüfft. Und gerade dieser Rittersmann hat in seinem Visier eine Maske, die sich nicht abnehmen läßt! Nun, bald wird sie herzhafter zufassen, um das trennende Eisengitter hinaufzuschieben, und dann auf einmal werden die geliebten Züge ihres Mannes ihr entgegenlachen und unter dem offenen Visier werden die Worte triumphierend hervorklingen: „Was, du erkennst deinen Mann nicht, wo er groß und breit vor dir steht!“
Das Kunstblatt, welches den heiteren Vorgang mit so liebenswürdigem Humor und so feiner Wiedergabe der prächtigen Kostüme darstellt, ist ein Werk unsres Altmeisters Adolph Menzel. Es entstammt den sechziger Jahren, einer Zeit, in welcher durch das Vorbild der deutschen Künstlervereine in weiteren Kreisen der Sinn für echte Trachten und malerische Prachtentfaltung geweckt ward, der nun begann, auch das Maskentreiben zur Karnevalszeit künstlerisch zu veredeln.