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Aurelian überbringt die Brautwerbung des Frankenkönigs Klodwig

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Textdaten
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Titel: Aurelian überbringt die Brautwerbung des Frankenkönigs Klodwig
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 81, 83
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[81]

Aurelian überbringt die Brautwerbung des Frankenkönigs Klodwig.
Nach einer Zeichnung von A. Zick.

[83] Aurelian überbringt die Brautwerbung des Frankenkönigs Klodwig. (Zu dem Bilde S. 81.) In dem burgundischen Reich, das wir uns nicht mehr dort, wo das Nibelungenlied es kennt, am Rhein in der Gegend von Worms, sondern an der Rhone und in den westlichen und südlichen Alpen zu denken haben, etwa in der Gegend, wo heute noch der „Burgunder“ wächst, ging es am Ende des 5. Jahrhunderts schlimm zu. Vier Brüder theilten sich in die Herrschaft darüber, aber sie kamen schlecht miteinander aus, und einer von ihnen, Gundobad, erschlug seinen Bruder Chilperich und ließ dessen Gemahlin mit einem Stein um den Hals ins Wasser werfen; die Töchter aber verbannte er vom Hofe.

Die beiden verwaisten Mädchen zogen sich in ein Kloster nach Genf zurück, und die ältere ward auch selbst Nonne. Der jüngeren aber, Klothilde mit Namen, war noch eine wichtige Rolle in der Geschichte der Völker zugedacht.

Von der Schönheit Klothildens hörte der Frankenkönig Klodwig, der eben damals den letzten Rest der römischen Herrschaft im heutigen Frankreich durch seinen Sieg über Syagrius beseitigt hatte, und sein schlauer Kopf sagte ihm alsbald, daß er durch eine Vermählung mit dieser burgundischen Königstochter nicht bloß ein schönes Weib, sondern auch einen willkommenen Anlaß gewinnen könne, seine Hand nach dem Burgunderlande auszustrecken.

Die Geschichte weiß nun nur davon zu berichten, daß Klodwig eine Gesandtschaft an Gundobad gesandt und kurzweg um die Hand der Klothilde angehalten habe. Aber die Sage hat sich mit diesem einfach nüchternen Hergang bei einem in der Folge zu solcher Bedeutsamkeit emporgewachsenen Ereignisse nicht begnügt. Sie umgab diese Werbung Klodwigs mit romantischen Ranken und gestaltete sie zu einer romanhaften Geschichte aus. Sie erzählt, Klodwig habe einen vertrauten Mann, einen Römer mit Namen Aurelianus, zu Klothilde gesandt, damit er sie sehe und seine Werbung anbringe. Aurelianus zieht, als Bettler verkleidet, nach Genf und findet dort Klothilde mit ihrer Schwester. Und als sie ihn nach der Sitte der Zeit und des Klosters gastlich aufnimmt und ihm die Füße wäscht, da neigt sich Aurelianus zu ihr und sagt ihr heimlich: „Ich habe Dir ein großes Wort zu melden: der Frankenkönig Klodwig sendet mich zu Dir, er will Dich zu seiner Gemahlin erhöhen; und damit Du diesem Worte traust, sendet er Dir diesen Ring.“ Zugleich schlägt er seinen Mantel zurück und zeigt sein vornehm Gewand. Klothilde nimmt den Ring mit Freuden. Sie mochte in dem Antrage des Frankenkönigs sofort das Werkzeug ihrer Rache erkennen. Reich beschenkt, kehrt Aurelianus zu seinem Herrn zurück; und nun erst begiebt sich die offizielle Werbegesandtschaft zu dem Oheim Gundobad, der – in der bösen Klemme, entweder durch eine Weigerung den mächtigen Klodwig zu erzürnen oder durch seine Zustimmung der Klothilde gleichsam selbst den Rachestahl in die Hand zu drücken – gute Miene zum bösen Spiel macht und seine Nichte ziehen läßt.

Und nicht lange dauert es, da bricht das Schicksal über das Burgunderreich herein, die Rache der Klothilde beginnt: Klodwig besiegt den Gundobad in einer Schlacht bei Dijon, und wenn sich die beiden Könige auch noch einmal unter dem Einfluß anderer politischer Umstände vertragen, so wird doch das Ende darum kein anderes: im Jahre 534, dreiundzwanzig Jahre nach Klodwigs Tod, unterwirft sein und der Klothilde Enkel Theodebert den letzten Sprossen des burgundischen Königshauses, Godemar, das burgundische Reich geht im fränkiischen auf.

Wer aber die Geschichte der Klothilde betrachtet, wem fallen da nicht die verwandten Grundlinien in unserem großen nationalen Epos, dem Nibelungenlied, ein? Auch hier flüchtet ein gekränktes Weib an einen fremden Fürstenhof, um als Gattin dieses Fremden die Waffen zu schmieden, die ihrer Rache an den Eigenen dienen sollen! =