Bürger’s Andenken

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Textdaten
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Autor: S. –
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Titel: Bürger’s Andenken
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 6, S. 88
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1857
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[88] Bürger’s Andenken. In der ersten Nummer der Gartenlaube dieses Jahres wird Bürger’s Grab erwähnt und darauf hingewiesen, wie dasselbe wieder aufgefunden, aber auch noch immer, gleich dem dornenvollen Leben des Dichters, verwahrlost sei.

Dornen und Disteln hat sich Bürger im Leben freilich reichlich durch eigene Schuld gepflanzt und durch seine Leidenschaft genährt, so daß er sich nach dem sittlichen Urtheile der Welt, das durch Schiller vorzüglich einen Ausspruch erhalten, kein Denkmal erworben hat; in der poetischen Nationalliteratur nimmt er jedoch, seiner Balladen wegen, einen eminenten Platz ein und die Musen Göttingens müssen deshalb mit Wehmuth auf ihres Lieblings Grab blicken, daß unter der durch Pietät geheiligten Akazie sich profanes Unkraut und Disteln eingenistet haben. Ob nun jener Blick der Musen die Jünger der Göttinnen an einem ihrer ersten Sitze in Europa zum Opfer eines würdigen Denkmales unter den Schatten der Akazie bewegen wird, muß die Zukunft lehren. Daß wenigstens eine würdige Ausschmückung des Grabes von den Priestern des Musentempels in Göttingen besorgt werde, erwartet man mit Recht und Zuversicht. Zur Berichtigung oben erwähnter Notiz muß aber für Auswärtige bemerkt werden, daß die Freunde Bürger’s bald nach dessen Tode ihm schon ein Denkmal „Urania“ gesetzt haben, welches in dem vormals Ullrich’schen Garten aufgestellt und darauf in die Anlagen vor dem neuen Thore versetzt worden ist. Ob dieses der Bürger’schen Muse und dem Geschmacke ihrer Jünger, so wie den Anforderungen der Kunst genügt, kann ich nicht beurtheilen; mich hat es kalt gelassen und mich daran erinnert, daß fast alle Manen der Genossen des Göttinger Dichterbundes, trotz ihrer dichterischen Größe, wenig ober gar nicht durch äußere Denkmäler geehrt worden sind. In der Umgegend von Göttingen lebt jedoch Bürger’s Name noch frisch im Andenken. Noch zeigt man dem Wanderer zu Niedeck des Dichters alterthümliche Studirstube; noch führt man ihn oberhalb Benniehausen an den Negerborn, der aus neun Quellen sein Krystallwasser in die Garte sendet und dessen Najade Bürger (1774) besungen; noch geleitet man ihn auf die einige Stufen höher gelegene Felsenbank im Nußwäldchen, wo er in seinem „Sorgenfrei“ an Elisens Hand (seine erste Gattin) sich am Frühlingsmorgen gern aufhielt, um den köstlichen Anblick in’s Gartethal zu genießen, das er in seiner lieblichen Idylle: „das Dörfchen“ (1771) so schön gezeichnet, und wo er an der Seite seiner Molly (1773) im bleichen Mondenscheine, beim Tanze der Elfen, unter den Geistertönen des Uhus, sein Lied schuf: „Leonore fuhr um’s Morgenroth empor aus schweren Träumen etc.;“ noch macht man mit ihm, unter Gesprächen über des armen Dichtern Leben, einen Gang in das schaurig romantische Felsenthal bei Reinhausen, das den Namen des Unglücklichen führt und wo derselbe, entfernt von dem Geräusche der Welt und seinen Sorgen, mit den Musen verkehrte. Die genannte Gegend hat Bürger in seinen Balladen verewigt; die Umgegend verewigt dessen Namen.
S. –