BLKÖ:Seibt, Ignaz

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Seibold, Christian
Band: 33 (1877), ab Seite: 324. (Quelle)
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Seibt, Ignaz (Schulmann, geb. zu Morchenstern im Bunzlauer Kreise Böhmens 5. Jänner 1784, gest. zu Prag 2. December 1856). Seibt besuchte das akademische Gymnasium zu Prag und wollte, nachdem er die philosophischen Jahrgänge beendet, sich dem juridischen Studium widmen. Doch schon nachdem er das erste Jahr Rechtswissenschaften gehört, gab er dieß Studium auf und beschäftigte sich fortan nur mit seiner Lieblingswissenschaft, der Philologie. Bald begann er Uebungsbücher zum Uebersetzen in’s Latein zu verfassen, Lexika und Phraseologien zusammenzustellen, lateinische Classiker für die Schulen zu erläutern und war in dieser Richtung so emsig, daß seine theils im Selbstverlage, theils bei verschiedenen Buchhändlern erschienenen Schriften eine ansehnliche Reihe bilden. Ein uns vorliegendes Verzeichniß zählt 7 Theile Uebungsbücher, 19 Theile verschiedene lateinische Autoren mit Commentaren, eine Chrestomathie und zwei lexikalische Werke auf, daher in Summa 28 Bände, die gedruckt erschienen. Meine Bemühungen, die bibliographischen Titel seiner Werke zusammenzustellen, scheiterten, da die Bücherlexika nur ein paar seiner Werke anführen: es möge daher das lückenhafte Verzeichniß seiner Schriften, welches unten folgt, entschuldigt werden. Eine Ueberarbeitung des großen Wörterbuches Scheller’s, 2411/2 Bogen stark, ist noch Manuscript. Von all den Büchern Seibt’s mag freilich, eben weil sie speciell für die heimischen Schulanstalten berechnet waren, äußerst wenig über die Grenzen des Kaiserstaates gedrungen sein, aber auf den österreichischen und namentlich böhmischen Gymnasien waren sie durch circa drei Decennien fest eingebürgert, und manches seiner Uebungsbücher erlebte vier, auch fünf Auflagen. Auch war das Wirken des Verstorbenen durch behördliche Decrete gewürdigt worden, und insbesondere ward ihm von der hohen Landesstelle deren Wohlgefallen ausgesprochen, als er 2000 Exemplare seiner „praktischen Uebungen“ zur Gründung einer Schullehrerstiftung in Georgenthal (bei Morchenstern) gewidmet hatte, durch welche Widmung 1600 fl. CM. zu dem erwähnten Zwecke einkamen. Vor dieser Stiftung war der Schulunterricht in Georgenthal durch einen Schulgehilfen aus Morchenstern ex currendo besorgt worden, der dafür 120 fl. WW. aus dem Normalschulfonde bezog, aber seine Schulbesuche zur Winterszeit gar oft des Schnees wegen unterbrechen mußte; seit dem Jahre 1822 [325] aber ist ein Lehrer stabil dotirt, der die Zinsen der Seibt’schen Stiftung, 80 fl. CM. jährlich, bezieht. Leider war es S. trotz allen Fleißes nicht vergönnt, sein Alter sorgenfrei, gegen Noth geschützt, zuzubringen. Der Umschwung des Jahres 1848, der auch auf die Organisation des österreichischen Schulwesens von großer Nachwirkung war, brachte seine Hilfsbücher außer Gebrauch, eine theils durch große Anstrengung, theils durch sein hohes Alter herbeigeführte Augenschwäche setzte ihn außer Stand zu arbeiten, und so mußte der große Vorrath seiner Verlagsartikel centnerweis zu Krämern und Kaufleuten wandern, um zu Malculaturpreisen verkauft zu werden. Der Verlust, den er dadurch erlitt, soll 4–6000 fl. betragen haben. Die Noth des alten Mannes war so groß, daß er von Unterstützungen leben mußte, und wer den Greis in den letzten Jahren nur einmal in seinem alten, dünnen, fadenscheinigen Mantel einhertrippeln sah, der erkannte auf den ersten Blick, daß seine Verhältnisse mehr als dürftig sein müssen. Er soll gar manchen bittern Tag gehungert und gefroren haben, ohne daß eine Klage über seine Lippen kam. Edlen Menschenfreunden gelang es, ihm eine stabile Unterstützung zu erwirken; laut Statthalterei-Decret vom 26. Juli 1855 ward ihm eine sog. französische Stiftung von 83 fl. 10 kr. CM. zugewiesen, und der Fürsprache des Unterrichtsministers hatte er es zu verdanken, daß ihm mit ah. Entschließung vom 1. Februar 1856 ein Gnadengehalt von 200 fl. CM. zuerkannt wurde. Indeß war es ihm nicht beschieden, diese Unterstützungen lang genießen zu können. Die Anstrengung der früheren, die Entbehrungen der späteren Jahre hatten die Kräfte des dem Erblinden schon nahen Greises zu sehr erschöpft und er starb wenige Monate danach im Alter von 72 Jahren. Die Titel seiner Schriften, soweit ich dieselben erfahren konnte, sind: „Praktische Uebungen zum Uebersetzen aus dem Teutschen in’s Lateinische“, 3 Theile (Prag 1819 u. 1820), zweite Auflage (ebenda 1823–1828, Calve, 8°.), vom 1. Theile erschien eine dritte Auflage (Wien 1831, Volke, 8°.); – „Neues lateinisch-deutsch-böhmisches Wörterbuch zum ersten Theile der lateinischen Sprachlehre mit Rücksicht auf Etymologie und Zusammensetzung der Wörter“ (Prag 1830, 8°.). – Nun folgen seine Classikerausgaben, die in der vormärzlichen Zeit sehr verbreitet waren: Cornelii Nepotis vitae excellentium imperatorum ad opt. edit. coll. cum notis german. adnexaque germanico-latina phraseologia ex hoc autore collata“ (Pragae 1821 [Wien, Volke], gr. 8°.); – Caj. Crisp. Sallustii bellum Catilinarium cum notis philolog. histor. geogr. atque ad antiquitates spectantibus“ (Pragae 1822 [Cnobloch, Leipzig], gr. 8°.); – „G. Rufi Curtii historiae Alexandri magni libri octo qui supersunt ad opt. edit. collati cum supplementis J. Freinsheimii.“ Mit deutschen Inhaltsanzeigen u. s. w. (Prag 1826, Enders, gr. 8°.); – „Justini historiae Philippicae .... Mit deutschen Inhaltsanzeigen, erläuternden Anmerkungen und den Varianten der Prager Handschriften“ (Prag 1827, Enders, gr. 8°.); – M. T. Ciceronis opera philosophica. Cato major, Laelius, paradoxa et somnium Scipionis cum not philolog. histor. geogr. atque antiquit. spectant. adnexaque germanico-latina phraseologia, ed. ab J. Seibt.“, Vol. 2 Pragae 1825–1827, Calve, 8°.); – „Cicero de officiis, libri tres cum notis philolog., histor., geograph., in us. scholar.“ (Pragae 1827 [326] Kronberger, gr. 8°.); – „Caj. Caec. Plinii Epistolarum libri decem ad opt. edit. collati. Mit deutschen erläuternden Anmerkungen“ (Wien 1829, Volke mit 1 K., 8°.). – „Sextus Aurelius Victor de viris illustribus Urbis Romae. Mit deutsch-böhmischen Erläuterungen, Sacherklärungen und besonders grammatischen Anmerkungen ....., von Ign. Seibt“ (Prag und Wien 1830, Bauer u. Dirnböck, 8°.); – „Crispi Sallustri bellum Jugurthinum ad opt. edit. collatum. Mit Inhaltsanzeigen, erläuternden Anmerkungen, deutsch-böhmischen Bedeutungen u. s. w., zweite durchaus umgearbeitete und verbesserte Ausgabe“ (Prag 1833, Neureuther, gr. 8°.); – „Velleji Paterculi historiae romanae liibri duo ad opt. edit. collati. Mit erläuternden Anmerkungen u. s. w.“ (Prag 1833, Enders, 8°.). – Außerdem hat er, so viel mir bekannt, des L. A. Florus „Epitome rerum romanarum“; des M. T. Cicero „De divinatione“; desselben „De natura Deorum“ und „Disputationes Tusculanae“ auch in Schul-Ausgaben edirt. Seibt’s Classiker-Ausgaben wurden nicht selten als Prämienbücher vertheilt.

Pražke noviny, d i. Prager Zeitung 1856, Nr. 294, im Feuilleton: Ignac Seibt.