BLKÖ:Wayna, Joseph Edler von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 53 (1886), ab Seite: 164. (Quelle)
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Wayna, Joseph Edler von (Handels- und Finanzmann, geb. in Böhmen 1777, Todesjahr unbekannt). Er beendete in Prag die Normalschule und das Gymnasium und widmete sich dann an der Hochschule daselbst den philosophischen Studien. An der Fortsetzung derselben durch Familienverhältnisse gehindert, trat er in das Handelsgeschäft seines Oheims ein. Das aber stimmte nicht im Geringsten mit seinen Neigungen und seinem Verlangen nach höherer Ausbildung überein; und in der neuen ihm so wenig zusagenden Sphäre lag er wie bisher seinen wissenschaftlichen Studien ob und betrieb mit allem Eifer insbesondere die Rechtswissenschaft, konnte aber unter der Bürde der ihm so wenig ansprechenden kaufmännischen Beschäftigung nicht ganz seinem Drange genügen. Im Sommer 1795, damals erst 18 Jahre alt, [165] hatte er das Glück, eine Anstellung im Comptoir eines ansehnlichen Bankhauses in Wien zu erhalten. In diesem großartigen Geschäfte, in welchem der Chef des Hauses mit Umsicht waltete, mit einem Scharfblick ohne Gleichen die ewig wechselnden Bewegungen des Weltmarktes überschaute und mit nichts weniger als gewagten, sondern durch die gegebenen Umstände gebotenen Operationen vorzugehen und dieselben auch in sorgfältiger Erwägung den Zeitverhältnissen anzupassen verstand, in diesem Geschäfte, in welchem thatsächlich der Mensch selbst mit seinen höheren Zwecken wuchs, gewann Wayna eine ganz andere Ansicht von dem Handel und dem Kaufmannsstande, als ihm eine solche in dem unbedeutenden Kramladen seines Onkels, eines Kleinkaufmannes, werden konnte. Durch dieses Gebaren seines Chefs, eines auch geistig hervorragenden Mannes, mächtig angeregt, begann er mit seltenem Eifer das Studium der Nationalökonomie, als derjenigen Wissenschaft, durch welche sich dem Mercantilgeschäfte auch noch eine höhere Anschauung und Auffassung abgewinnen ließ. Dabei noch aus früheren Jahren die Liebe für die Classiker bewahrend, blieb er auch der Lecture und dem Studium derselben in seinen Mußestunden treu. Das war freilich kein kaufmännisches Gebaren nach der Schablone, welches im Dütendrehen, Kaffee- und Zuckerwägen und Pfefferstoßen das Um und Auf des mercantilen Geschäftes erblickt. 1799 wurde er von seinem Chef auf Geschäftsreisen geschickt, auf welchen sich sein kaufmännischer Blick erweiterte, und 1802 trat er aus den bisherigen Dienstverhältnissen, erhielt von der Regierung ein Großhandlungsprivilegium und gründete nun das unter der noch heute bestehenden Firma Wayna und Comp. bald in der Geschäftswelt mit Achtung genannte Kaufhaus. In den ersten Jahren nahmen die speziellen Handelsgeschäfte seine ganze Aufmerksamkeit und Thätigkeit in Anspruch. 1810 bot sich ihm aber Gelegenheit dar, aus seinem Kreise mehr in den Vordergrund zu treten. Der Finanzminister ließ an das Gremium der Wiener Großhändler die Aufforderung ergehen, Vorschläge zu machen, wie den verderblichen Fluctuationen des Papiergeldes Schranken zu setzen wären. Auf die Einladung der Gremialvorstände an die einzelnen Großhändler, ihre Ideen mitzutheilen, wurde die Eingabe Wayna’s von dem zur Prüfung der Einläufe aufgestellten Ausschuß würdig befunden, dem Ministerium vorgelegt zu werden. Im Jänner 1815 ergriff dann Wayna die Gelegenheit, sich öffentlich auszusprechen. Im „Rheinischen Merkur“, welcher damals sehr stark verbreitet war, hatte nämlich Görres die österreichische Verwaltung wegen der Schwankungen der österreichischen Staatspapiere rückhaltslos angegriffen. Wayna sandte eine Widerlegung dieses Angriffs unter dem Titel: „Antwort auf eine Frage an Oesterreichs Politik“ an den Verfasser für den „Rheinischen Merkur“ ein; bald darauf erschien dieselbe in außerordentlichen Beilagen zur „Allgemeinen Zeitung“ und später in einem Hefte besonders abgedruckt ohne Angabe des Druckortes. Da die Druckschrift anonym ausgegeben wurde, hielt man einen damals rühmlichst bekannten Staatsmann für den Verfasser, bis Wayna, um Mißdeutungen vorzubeugen, sich nannte. Nach dem Pariser Friedensschlusse des Jahres 1815 war es die nächste Aufgabe der Regierungen, Alles anzuwenden, wodurch der infolge der langen verheerenden [166] Kriege zerrüttete Wohlstand ihrer Unterthanen wieder gehoben werden könnte. Da gelangten nun die widersprechendsten Vorschläge an die Staatsverwaltung; einer der bemerkenswerthesten war: die Zufuhr aller fremden Waaren für die Bedürfnisse des Staates nur über die eigenen am adriatischen Meere gelegenen Hafen zu gestatten und jeden Bezug dieser Waaren über die Landgrenzen des Staates zu untersagen. Als sich nun die öffentliche Meinung immer mehr und mehr zu Gunsten dieses Vorschlages aussprach, trat Wayna mit seiner Schrift: „Bemerkungen über einen Vorschlag, Oesterreichs Seehandel betreffend“ (Leipzig 1816, 8°.) hervor, auf dem Titelblatte sich als deren Verfasser nennend, und fanden die darin entwickelten Ansichten im In- und Auslande vielfältig beifällige Würdigung. Und als man 1817 zur Einsetzung eines Ausschusses schritt, welcher mit der Aufgäbe betraut werden sollte, die Statuten der österreichischen Nationalbank zu entwerfen, die dann im Jahre 1816 ins Leben trat und einen wesentlichen Bestandtheil der neuen Finanzpläne bildete, erfolgte auch Wayna’s Wahl zum Mitgliede dieses Ausschusses. Im nächsten Jahre aber ward unser Finanzmann von Seiner Majestät dem Kaiser zum Prüfungscommissär bei der commerciellen Abtheilung an dem k. k. polytechnischen Institute ernannt, für welches er schon 1816 als besonderer Wohlthäter sich erwiesen hatte, indem er demselben zur Begründung einer Waarensammlung die ansehnliche Summe von 2000 fl. schenkte. 1820 wurde er zum Deputirten des Großhandlungsgremiums in Wien und 1821 zum Director der österreichischen Nationalbank erwählt. In dieser Zeit veröffentlichte er in verschiedenen Fachblättern, vornehmlich aber in der Wagner’schen Zeitschrift mehrere staatswissenschaftliche und financielle Abhandlungen – die in der letzteren enthaltenen werden unten angeführt – welche entweder solche Fragen erörterten, deren Wichtigkeit eben die Aufmerksamkeit des Publicums in erhöhtem Grade erregte, oder aber Irrthümer über bereits getroffene öffentliche Verfügungen berichtigen halfen, Irrthümer, welche sich festsetzen zu wollen schienen und die richtige Anschauung verrückten. Auch gab er in dieser Zeit die folgenden, zwei wichtige staatswissenschaftliche Fragen behandelnden Flugschriften heraus, erstens: „Antwort auf die Stock-Jobbery und der Handel mit Staatspapieren, nach dem jetzigen Zustande politisch und juristisch betrachtet“ (Wien 1821, Gerold, 8°,); diese Abhandlung, welche in der Wagner’schen Zeitschrift 1828, Bd. III, S. 305 eine ausführliche Beurtheilung fand, war die Antwort auf eine in München unter dem Titel: „Die Jobbery“ anonym veröffentlichte Broschüre, als deren Verfasser man den königlich bayerischen Staatsrath Gönner bezeichnete, und welche nun von Wayna, indem er die eigentlichen Verhältnisse des damaligen Handels in Staatspapieren politisch und juristisch beleuchtete, bekämpft wurde; eine italienische Uebersetzung seiner Gegenschrift erschien nach mehreren Jahren unter dem Titel: „Sul commercio di carte di pubblico credito. Traduzione dal tedesco di B. N.“ (Milano 1830, 8°.); – die zweite Abhandlung, in welcher eine nicht minder wichtige Tagesfrage erörtert wird, gab er damals, ohne sich zu nennen, unter dem Titel heraus: „Ueber die Verhältnisse der Baumwollspinnerei in Oesterreich“ (München 1821). Im Jahre 1827 ward Wayna zu den Vorberathungen zugezogen, welche über den [167] Entwurf eines Handelsgesetzbuches bei der k. k. Hofcommission in Justizgesetzsachen gehalten wurden; 1828 ernannte ihn Kaiser Franz zum Mitgliede dieser Hofcommission für die Redaction des Handelsgesetzbuches, und 1832 erwählte ihn die niederösterreichische Landesregierung zum Mitgliede der neustatuirten Provinzial-Handelscommission. Die Titel seiner oberwähnten in der Wagner’schen Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit und politische Gesetzkunde veröffentlichten Abhandlungen sind: „Ueber die Nothwendigkeit besonderer Gesetze für Handelsleute“ [1828, Bd. I, S. 154]; – „Ueber den Handel in Staatspapieren“ [ebd., Bd. I, S. 275]; – „Soll die Bestimmung des Artikels 32 der alten Wechselordnung vom 1. October 1763, daß der Giro in Bianco nur als eine Vollmacht zu gelten habe, auch in die neue Wechselordnung aufgenommen werden?“ [ebd., Bd. II, S. 227; ins Italienische übersetzt in der von Dr. Fr. Zini herausgegebenen Zeitschrift „Giurisprudenza secondo la legislazione austriaca ecc.“ Vol. XV, P. II, p. XVIII]; – „Etwas über Securitätsproteste“ [1828, Bd. II, S. 67, ins Italienische übersetzt in Zini’s „Giurisprudenza ecc.“, Vol. XIV, P. II, p. III]; – „Ueber die Nothadresse und die Ehrenacceptation eines Wechsels“ [1832, Bd. I, S. 79]; – „Ueber die Haftungsverbindlichkeit eines öffentlichen Handlungsgesellschafters nach seinem Austritte aus der Gesellschaftshandlung. Zur Erläuterung des § 7, I. Abthlg. der Fallitenordnung vom 18. August 1734“ [1835, Bd. I, S. 55]. Im Jahre 1817 war Wayna in Rücksicht seiner Verdienste um das österreichische Handelswesen mit dem Ehrenworte Edler von in den erbländischen Adel erhoben worden. Wann er gestorben, ist uns nicht bekannt, 1835 befand er sich noch am Leben.