BLKÖ:Goldmark, Joseph

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Goldenthal, Jakob
Nächster>>>
Goldoni, Karl
Band: 5 (1859), ab Seite: 252. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Joseph Goldmark in Wikidata
GND-Eintrag: 116755199, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Goldmark, Joseph|5|252|}}

Goldmark, Joseph (Abgeordneter im österr. Reichstage 1848, geb. zu Keresztur in Ungarn 15. August 1818). Den ersten Unterricht erhielt er an ung. Gymnasien, worauf er nach Wien kam, wo er Philosophie und Medicin studirte. Die Chemie als Vorbereitungswissenschaft der Medicin wurde bald sein Lieblingsstudium und man will ihm die Entdeckung des rothen Phosphors zuschreiben, doch muß die endgiltige Entscheidung dieser Frage vor der Hand offen bleiben. Nach beendeten medicin. Studien erhielt er 1847 die Doctorwürde, that Dienste im allgemeinen Krankenhause, und lebte ungekannt seinem Berufe und seiner Lieblingswissenschaft, als die Märztage des J. 1848 die medicinische Thätigkeit des angehenden Arztes durch die eines akademischen Legionärs und später eines heftigen Interpellanten und Redners im österr. Reichstage unterbrachen. Als Graf Hoyos die akademische Legion außerhalb Wien, in Reindorf, dislociren wollte und diese dem Befehle Widerstand entgegensetzte, war es G., welcher die Legion zum Gehorsam gegen den Commandanten aufforderte. Nun wurde G. Hauptmann einer Compagnie Mediciner, kam als solcher in den Ausschuß zur Beurtheilung des Preßgesetzes, von welchem Zeitpunct seine eigentliche politische Rolle anhebt. Von nun an war G. der tägliche Redner auf der Aula, wurde Präsident des Studentenausschusses, kam dann in den Sicherheitsausschuß, und sein radikales Benehmen am 15. Mai machte ihn vollends zum Volksmanne. Diese Volksthümlichkeit erwarb ihm einen Sitz im österr. Reichstage, in den er für Wien gewählt worden, und wo er der eine der vier Abgeordneten war, welche der israelitischen Confession angehörten. Im Reichstage suchte er durch Heftigkeit und Maßlosigkeit in Rede und Principien zu wirken, und indem ihm die Natur alle Mittel der Rede versagte, er zudem auch nicht die geringste politische Bildung besaß, so mochte er es selbst seiner Partei, der äußersten Linken, nicht recht machen, da sie durch ihn nicht selten lächerlich wurde. Die Gemüther der Jugend, die für leidenschaftliche Charaktere, wenn sie sonst energisch sind, immer eine große Vorliebe trägt, brachte er durch sein Verhalten in die größte Aufregung. Der grauenvollen Katastrophe von Latours Ermordung steht G., wie das richterliche Urtheil es ausdrücklich ausspricht, so nahe, daß über ihn das Todesurtheil in contumaciam gefällt wurde. G. war bereits seit der Auflösung des Reichstages in Kremsier flüchtig. Spätere Nachrichten meldeten seine Niederlassung in Amerika, wo er eine Zündhüttchen-Fabrik begründete, eine Pragerin heiratete und fern vom Vaterlande, wo er als bürgerlich todt angesehen wird, seinem selbstgewählten Gewerbe lebt.

Frankl (L. A. Dr.), Sonntagsblätter (Wien, [252] Lex. 8°.) VII. Jhrg. (1848) Nr. vom 3. Sept. S. 643: „Reichstags-Silhouetten“ von Welser. – Die Geißel (ein Parteiblatt aus dem J. 1848) 1848, S. 104: „An Herrn Goldmark.“ – Reichstags-Gallerie. Geschriebene Porträts der hervorragendsten Deputirten des ersten östr. Reichstages (Wien 1848, Jasper, Hügel u. Manz, 8°.) I. Hft. S. 10. – Verhandlungen des östr. Reichstages nach der stenogr. Aufnahme (Wien, Staatsdruckerei, 4°.): „Interpellation: Welche Schritte von Seite der Regierung geschehen sind, um die Uebergriffe Rußlands in der Moldau hintanzuhalten“ [I. Bd. Sitz. v. 26. Juli 1848, S. 163]; – „Spricht über die Nationalitätsfrage“ [I. Bd. Sitz. v. 31. Juli 1848, S. 255]; – „Spricht über das Recht der Minister auf das Schlußwort in einer Debatte“ [II. Bd. Sitz, v. 26. Aug. 1848, S. 92]; – „Stimmt mit „Nein“ in der Frage, um billige Entschädigung bei Leistungsaufhebungen“ [II. Bd. Sitz. v. 31. Aug. 1848, S. 164]; – „Stimmt mit „Nein“ über den Antrag: Das Jagdrecht auf den dem bisherigen Eigenthümer nicht gehörigen Gründen werde aufgehoben“ [II. Bd. Sitz. v. 2. Sept. 1848, S. 218]; – „Spricht gegen die Ausrückung des Militärs“ [II. Bd. Sitz, vom 13. Sept. 1848, S. 370]; – „Bericht über die September-Vorgänge in der Stadt Wien“ [II. Bd. Sitz. v. 13. Sept. 1848, S. 394]; – „Stimmt mit „Nein“ in dem Antrage: Die Reichsversammlung wolle beschließen, im Falle der magyarischen Deputation keine Ausnahme von der Regel dieses Hauses eintreten zu lassen“ [II. Bd. Sitz. v. 19. Sept. 1848, S. 524]; – „Spricht von der Tribune über Steuern und Steuerausschreibung“ [II. Bd. Sitz. v. 30. Sept. 1848, S. 656]; – „Spricht über die Ermäßigung der Salzpreise“ [II. Bd. Sitz. v. 4. Oct. 1848, S. 734]; – „Stimmt mit „Nein“ über den Antrag: Die Judensteuer hat so lange zu verbleiben, so lange kein neues Steuersystem eingeführt ist“ [II. Bd. Sitz. v. 5. Oct. 1848, S. 805]; – „Trägt an, sich in keine Friedens-Unterhandlungen mit den Belagerern Wiens einzulassen“ [III. Bd. Sitz. v. 14. Oct. 1848, S. 150].