BLKÖ:Nideczky, Napoleon Thomas

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 20 (1869), ab Seite: 318. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Napoleon Thomas Nideczky in Wikidata
GND-Eintrag: [1], SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Nideczky, Napoleon Thomas|20|318|}}

Nideczky, Napoleon Thomas, gewöhnlich Thomas allein (Compositeur, geb. zu Radomsk im Jahre 1807, gest. zu Warschau im Jahre 1852). Sein Vater, ein polnischer Edelmann, ein Freund und Kenner der Musik, ertheilte dem erst sechsjährigen Sohne, der ein schönes musikalisches Talent bekundete, selbst Unterricht in seiner Lieblingskunst. Der Knabe lernte rasch und gut; zwölf Jahre alt, kam er in die Schule nach Warschau, wo der nachmals so berühmt gewordene General Skrzynecki [319] auf das musikalische Talent des Knaben aufmerksam ward und ihn dem Grafen Zabiello, einem besonderen Gönner der Musik, warm empfahl. Zabiello sorgte nun mit allem Eifer für N.’s musikalische Ausbildung, hielt ihm die besten Lehrer und verhalf ihm zum Eintritte in das Warschauer Conservatorium, in das N. im Jahre 1822, damals 13 Jahre alt, aufgenommen wurde. Daselbst erhielt N. eine sorgfältige musikalische Erziehung und das Talent des Jünglings brach sich in dieser Zeit auch in eigenen Schöpfungen, als Liedern, Romanzen, Polonaisen, ja selbst in Werken höherer Art, als Cantaten, Messen und einer Operette, Bahn. Die ausgezeichnete Begabung N.’s hatte zur Folge, daß er im Jahre 1828 auf Kosten der Regierung nach Wien geschickt wurde, worauf er Reisen durch Deutschland und Italien machen sollte. Die Erhebung des polnischen Volkes im Jahre 1830 machte jedoch diese Pläne zu nichte; N. verlor zunächst seine Unterstützung und war – vermögenlos – ferner auf sich selbst gestellt. Er widmete sich nun in Wien der Composition und ließ einige seiner Arbeiten bei Pennauer erscheinen. Einen günstigeren Erfolg erwartete er von dramatischen Compositionen und schrieb er damals die Musik zu Meisl’s „Kathi von Hollabrunn“ und zu Gleich’s „Schneider, Schlosser und Tischler“. Dann folgten im Jahre 1833 sein „Waldbrand, oder Jupiters Strafe“ (Clavierauszug bei Diabelli in Wien), ferner ein Gelegenheitsstück zum Geburtstage des Kaisers und die Musik zu Schumacher’s „Das Mädchen von Gomez Arias“. Im Jahre 1834 erschien sein „Schwur bei den Elementen“ und im September desselben Jahres wurde er als Capellmeister des Theaters in der Leopoldstadt angestellt. Von den Operetten und Singspielen, die er nun in dieser Stellung schrieb, sind anzuführen sein „Traum auf dem Tannenbühl“, Text von Gulden, das im März 1835 zur Aufführung kam, und die Musik zur Posse: „Die Junggesellenwirthschaft im Monde“. Etwa bis zum Jahre 1841 scheint N. in Wien geblieben zu sein, denn im letztgenannten Jahre brachte er schon in einem Concerte, das Dreyschock in Warschau für die Unterstützungscasse der Mitglieder des Musikvereins gab, eine Ouverture zur Aufführung und von dieser Zeit an ist er fortwährend in Warschau thätig, wo er bald als Orchesterdirector der Oper angestellt wurde und nicht geringen Antheil hatte an der Hebung der Opernmusik durch sorgfältige Aufführung beliebter Werke seiner Zeit. Später widmete er sich der kirchlichen Composition und sind von ihm bekannt: ein zur Leichenfeier des Generals Rautenstrauch componirtes vierstimmiges „Salve Regina“, mehrere Messen, ein Festmarsch zur Uebertragung der Reliquien der h. Veronika im Jahre 1841, eine große Concertouverture u. dgl. m. Vieles mag wohl noch in Handschrift hie und da vorhanden sein. Seine Compositionen nennt R. Hirsch leicht, graciös und charakteristisch; besonders glücklich war er im Burlesken und Scherzhaften, obwohl ihm auch das Erhabene nicht mißlang, wofür seine Composition zu dem Gedichte von Salis: „Das Grab“ ein Beleg ist. N. war ebenso als Clavierspieler geschätzt und als Meister im Unterrichte, den er auch im Gesange ertheilte, von Bedeutung.

Sowiński (Albert), Les musiciens polonais et slaves anciens et modernes Dictionnaire biographique des compositeurs, chanteurs etc. etc. (Paris 1857, Adrien Le Clere & Co., gr. 8°.) p. 424. – Hirsch (Rudolph), [320] Gallerie lebender Tondichter (Güns 1836, C. Reichard, 8°.) S. 99. – Feierstunden (Wiener Blatt, 8°.) 1835, S. 389.