BLKÖ:Dreyschock, Alexander

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Dressery, Wilhelm von
Band: 3 (1858), ab Seite: 382. (Quelle)
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Dreyschock, Alexander (Compositeur und Clavier-Virtuos, geb. zu Zack in Böhmen 15. Oct. 1818).[BN 1] Sein Vater, Güterdirector in Böhmen, ließ sich, bewogen durch die große Begabung des Sohnes und ungeachtet der nicht geringen Hindernisse, welche die Mutter bereitete, die ihren Sohn die Medicin studiren lassen wollte, die musikalische Ausbildung desselben sehr angelegen sein. Mit 8 Jahren spielte D. bereits so fertig, daß er sich öffentlich hören lassen konnte. Als D. 13 Jahre alt war, kam er nach Prag und erhielt, während die Mutter glaubte er studiere die Medicin, die fernere Ausbildung in der Musik von Tomaschek. Im Dec. 1838 trat er die erste Kunstreise nach Nord-Deutschland an; 1840–42 ging er nach Rußland; nach seiner Rückkehr aus dem Norden besuchte er Brüssel, Paris und London, dann Holland und Oesterreich (1846) und erntete überall ungeheuren Beifall. Anfangs 1858 unternahm D. eine neue Künstlerfahrt, diesmal nach Weimar und Kassel, um Liszt und Spohr zu besuchen, und nach Darmstadt, um dem Großherzog für den ihm verliehenen Titel eines Hofcapellmeisters zu danken.[BN 2] D. ist nicht blos ein großer Virtuose, sondern auch Tonsetzer und hat für das Instrument, das er mit Vollendung spielt, viele Werke (bis Jänn. 1858 deren 116) componirt, welche sich ungeachtet ihrer schweren Technik dennoch durch Melodie und Klarheit auszeichnen und großer Beliebtheit überall erfreuen, wo es sich um eine ernste Behandlung des Pianoforte handelt. In den Quellen sind die Musik-Kataloge angegeben, in denen D.’s zahlreiche Werke angeführt stehen. Wir nennen aus denselben: „Grande fantaisie in C“ (opus 12); – „Premier Rondo militaire in As“ (opus 13); – „Second Rondo militaire in A“ (op. 20); - „Le ruisseau. Romances sans paroles“ (op. 24); – „Salut à Vienne. Rond. brill.“ (op. 32); – „Rapsodies“ Nr. 1 in A, Nr. 2 in B, Nr. 3 in G, Nr. 4 zum Wintermärchen (opus 37–40); – „Fantaisie“ (op. 55); – „La féte des Innocents. Rondoletto“ (op. 74); – „Souvenir d’Irlande, 3 Morceaux fac. et. brill.“ (op. 82); – „La mélancolie“ (op. 85); – „Elegie“ (op. 87); – „Soirée d’hiver. Suite de 6 morceaux charactéristiques“(op. 92); – „Hommage à Vienne“ (op. 95); – „Souvenir [383] de Copenhague“ (op. 106); – und sein neuestes: „Impromptu“ (op. 116). Eine seiner brillantesten Compositionen, ein Seitenstück zu Liszts „Erlkönig“, ist seine Variation zu „God save the Queen“.Raimund (Violinvirtuose, geb. zu Zack in Böhmen 30. Aug. 1824). Bruder des Vorigen, wurde 1834 Schüler des Prager Conservatoriums und bildete sich unter Pixis zum Violin-Virtuosen. Im J. 1844 unternahm er mit seinem Bruder Alexander eine Kunstreise nach Deutschland, Belgien und Holland. 1848 concertirte er in Wien u. andern Städten der Monarchie. Seit 1850 bekleidet er die Stelle eines 2. Concertmeisters und Lehrers am Conservatorium der Musik zu Leipzig. Im August 1857 verloren die beiden Virtuosen ihren 70jährigen Vater, dem sie ihre Ausbildung verdanken, durch den Tod.

Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode (Wien, 4°.) herausgeg. von Dr. G. Ritter v. Franck. 1846, Nr. 23: „Alex. Dreyschock. Ein Künstler-Porträt“ von J. P. Lyser. – Wiener Theaterzeitung. Herausg. von Bäuerle 1857, Nr. 191. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la dir. de M. le Dr. Hoefer (Paris 1853) XIV. Bd. Sp. 770 [nach dieser geb. 15. Oct, 1818]. – Schilling (G. Dr.), Das musikalische Europa (Speyer 1842, F. C. Neidhard, gr. 8°.) S. 75 [nach diesem geb. 1817]. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Aufl.) V. Bd. S. 242. – Bohemia (Prager Blatt) 1858, S. 145. – Katalog der Musikalien-Leihanstalt von A. O. Witzendorf. Musik für Pianoforte, Orgel, Harfe u. Harmonika (Wien 1856, Mechitaristen, 8°.) S. 145 u. 146. – Systematisch-geordn. Verzeichniß derjenigen Musikalien, welche stets vorräthig sind in der Kunst- und Musikalienhandlung von Mekiska’s und J. Hubners Witwe in Graz (Graz 1857, A. Leykams Erben, 8°.) S. 47 u. f. [aus diesen beiden Katalogen ist eine Zusammenstellung der Compositionen D.’s möglich]. – Porträt. Unterschrift: A. Dreyschock (4°.) [auch in Diezmanns „Allg. Modenzeitung“]. – Zur Charakteristik D.’s gehört der Ausspruch des berühmten Cramer, als er D. in Paris zum erstenmale spielen hörte. Cramer sagte nämlich: „Dreyschock hat keine linke Hand.“ Niemand verstand diese Aeußerung bis Cramer sie mit dem Zusatze löste: „Nun ja, dieser Künstler hat zwei rechte Hände.“ – In Verbindung mit diesem bezeichnenden Ausspruche Cramers steht das Sinngedicht, welches Saphir unter Dreyschocks von Kriehuber lithographirtes wohlgetroffenes Porträt setzte:

Welchen Titel, der nicht hinke,
Man dem Meister geben möchte,
Der zur Rechten macht die Linke?
Nennt ihn Doctor beider Rechte.

– Ein Musikkritiker charakterisirt D.’s Spiel folgendermaßen: „Rapidität in den schwierigsten Octavgängen und Doppelgriffen, Eleganz und Lieblichkeit in der Cantilene, letztere stets verbunden mit einer geschickten und überraschend klingenden Instrumentation, charakterisiren seine an den mannigfaltigsten Melodien und Passagen reichen Compositionen. In D. steht das Virtuosenthum der Technik auf der höchsten Stufe.“

Berichtigungen und Nachträge

  1. Dreyschock, Alexander [Bd. III, S. 382; Bd. XI, S. 396], gest. zu Prag 1. April 1869).
    Wanderer 1869, Nr. 93, im Feuilleton. – Fremden-Blatt. Von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1869, Nr. 92, 103 u. 246: „Nekrolog“ und in den Kunstnotizen. – Wiener Zeitung 1869, Nr. 77, S. 44. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber) 1869, Nr. 1350. – Neues Wiener Tagblatt 1869, Nr. 92, im Feuilleton. – Die Oesterreichische Gartenlaube (Gratz, 4°.) 1869, S. 163, gibt in dem Artikel: „Berlin vor zwanzig Jahren und heute“ Nachrichten über Raimund Dreyschock, den Bruder Alexanders, und seine Gemalin Elise geb. Rohr, einen ehemaligen Liebling Grillparzer’s. [Band 24, S. 394]
  2. E Dreyschock, Alexander, Tonsetzer und Claviervirtuos [s. d. Bd. III, S. 382]. Der Künstler machte seit dem J. 1858 viele Kunstreisen und wurde durch Ernennung zum österreichischen Kammervirtuosen und großherzoglich hessischen Hofcapellmeister ausgezeichnet. Als bei Gelegenheit seiner im Jahre 1861 unternommenen Kunstreise in den Norden, wo er in Warschau, Kiew und in anderen Städten mit großem Erfolge Concerte gab, von einem Warschauer Correspondenten die Nachricht verbreitet wurde, D. habe seinen Namen und seine Religion zu Gunsten der dortigen Nationalverhältnisse verläugnet, welche Nachricht dann auch andere Journale brachten, trat D. in einem aus Kiew vom 7. Februar 1861 datirten Schreiben diesem böswilligen Gerüchte, es einfach in Abrede stellend, entgegen.
    Bohemia (Prager Journal, 4°.) 1861, Nr. 43, S. 384. – Dalibor. Časopis pro hudbu, divadlo a t. d., d. i., Dalibor. Zeitung für Musik, Theater u. s. w. Redigirt von Emanuel Meliš [Prag, 4 °.) 1862, Nr. 14. [Band 11, S. 396]