BLKÖ:Pisko, Franz Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 22 (1870), ab Seite: 350. (Quelle)
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Pisko, Franz Joseph (Naturforscher, geb. zu Neuraußnitz nächst Brünn in Mähren 10. Juni 1827). Als Kind armer Eltern mußte er frühzeitig sich selbst fortzubringen trachten, wenn er seinem Drange zu studiren, genügen wollte. Bereits in seinem zwölften Lebensjahre schlug er daher die Bahn des Lehrens ein, begann Unterricht zu geben und wurde später Erzieher der Kinder eines bedeutenden Fabriksbesitzers in Brünn. Gleichzeitig beendete er die damalige unvollständige Realschule zu Brünn, dann das sechsclassige Gymnasium und die beiden Jahrgänge der Philosophie. Im Jahre 1848 ging er nach Wien, wo er das Studium der Rechte begann und fünf Semester mit so gutem Erfolge zurücklegte, daß er von einem der Professoren nachdrücklichst aufgefordert wurde, sich für die Professur aus der Rechtsphilosophie vorzubereiten. Allein, [351] da sich P. schon frühzeitig von den mathematischen und physikalischen Wissenschaften angezogen fühlte und ihr Studium mit Eifer neben jenem der Rechte betrieb, entschied er sich, nachdem er einige entsprechende Collegien an der Wiener Universität gehört, nunmehr gänzlich und ausschließlich für das Studium der Physik. Er trat daher 1851 in das k. k. physikalische Institut zu Wien und hörte überdieß höhere Mathematik, Chemie und Naturgeschichte. Schon im folgenden Jahre (1852) empfahl ihn der damalige Director des k. k. physikalischen Instituts dem Landesschulrathe in Brünn für das dortige Gymnasium zum Professor der Physik für die oberen Classen; er wurde in der That sogleich angenommen und blieb in dieser Stellung bis 1856, in welchem Jahre P. von dem Wiener Gemeinderathe an die städtische Oberrealschule auf der Wieden für Physik berufen wurde; im September 1870 wurde er zum ordentlichen Professor der Physik an der technischen Militärakademie und am Central-Infanteriecurse unter Gleichstellung mit den ordentlichen Professoren am Wiener Polytechnicum ernannt. Die Berufung nach Wien hatte P. vorzüglich zweien seiner Schriftchen zu danken, welche mit vielem Beifalle in und außer Oesterreich aufgenommen worden waren; das erste dieser Werkchen erschien 1853 in Brünn und behandelte ganz selbstständig Foucault’s neuen Beweis für die Axendrehung der Erde; es enthielt eine elementar-mathematische Ableitung jenes Beweises, von P. selbst erdacht und zeichnete sich durch die Darstellung und den Literaturreichthum so sehr aus, daß es sogleich die Aufmerksamkeit des Auslandes auf den Verfasser lenkte. Fast gleichzeitig war das erste Heft einer elementaren Physik für Realschulen von P. erschienen, welches eine zweite Auflage erlebte, bevor noch das Werkchen vollendet war, derart, daß die späteren Hefte in doppelter Anzahl gedruckt und dieselben auch für das Untergymnasium bearbeitet werden mußten. Einige Jahre später erschien von P. eine Experimental-mathematische Physik für die oberen Classen der Mittelschulen. Die sämmtlichen physikalischen Lehrbücher Pisko’s sind von dem k. k. Unterrichtsministerium in den öffentlichen Schulen zugelassen; sie sind in Deutschland, sowie in der Schweiz in vielen Auflagen verbreitet und in viele Sprachen übersetzt. Im Jahre 1860 beschäftigte sich P. mit einer neuen Disciplin des Lichtes, d. i. mit der Fluorescenz, und veröffentlichte seine Arbeiten hierüber in einer eigenen, 1861 bei Gerold in Wien erschienenen Broschüre, welche nebst einer sachlichen und literarischen Zusammenfassung auch die eigenen Forschungen des Verfassers auf diesem Gebiete bekannt gibt. Zwei Jahre später erschienen von P. in dem amtlichen österreichischen Berichte über die Londoner Welt-Ausstellung von 1862 eine Darstellung über die in jener Weltstadt zur Schau gebrachten Lehrmittel und eine zweite über die daselbst ausgestellten physikalischen Apparate. Letztere Arbeit lenkte die Aufmerksamkeit der Physiker ganz besonders auf die akustische Sammlung des R. König aus Paris. Durch jene akustischen Instrumente angeregt, gab sich nun P. gänzlich dem Studium der Akustik hin und nach zwei Jahren (1865) erschien von ihm ein Buch über die neueren Apparate der Akustik, welches ganz selbstständig die mächtigen Fortschritte der Schalllehre neuerer Zeit behandelt, den Abdruck mehrerer, von P. selbst verfaßter Tonschriften enthält, die großen Vortheile der Scheibler’schen[WS 1] Stimmmethode [352] mittelst der Stöße zeigt und das optische Stimmverfahren der Neuzeit zur Geltung bringt. Dieser Inhalt nebst der reichen, dem Werke beigegebenen Fachliteratur gestalten das Buch förmlich zu einem Repertorium der Akustik. Im Jahre 1866 schrieb P. den zweiten Band zur technischen Physik des um jene Zeit dahingeschiedenen Prof. Heßler, und das in selbstständiger Ausführung vollendete Werk führt in der dritten Auflage den Titel: „Hessler-Pisko’s Lehrbuch der technischen Physik“. Durch diese Arbeiten wurde P. so vortheilhaft bekannt, daß die Professoren Clausius und Mousson 1867 die Frage an P. richteten, ob er nicht geneigt wäre, die Lehrkanzel der technischen Physik am eidgenössischen Polytechnicum in Zürich unter sehr vortheilhaften Bedingungen zu übernehmen. P. zog es vor, in Wien zu bleiben. P. ist fortwährend für sein Fach literarisch thätig, und außer einem in neuerer Zeit erschienenen Berichte über die Apparate der Heizung findet man von ihm zahlreiche kleinere Aufsätze in den Schulprogrammen der Realschule Wieden, in den älteren Jahrgängen der „Oesterreichischen Gymnasial-Zeitschrift“ und „der Realschule“, und endlich in der Natur- und Völkerkunde der „Neuen freien Presse“. Neben dieser Belehrung durch Schrift wirkt P. in einigen Vereinen Wiens auch durch das Wort, indem er daselbst populäre Vorträge über neuere physikalische Gegenstände hält. Diese Thätigkeit P.’s wurde wiederholt durch Belobungsdecrete der Regierung, sowie (1868) durch „die Allerh. Anerkennung“ und im Jahre 1870 durch die Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone anerkannt. Im Auslande wurde P. von mehreren naturforschenden Gesellschaften zum Ehrenmitgliede und von der k. belgischen Akademie zu Lüttich (1869) zum correspondirenden Mitgliede erwählt. Die bibliographischen Titel der selbstständigen Schriften Pisko’s sind: „Foucault’s Beweis für die Axendrehung der Erde“ (Brünn 1853, Winiker, 8°.); – „Fluorescenz des Lichtes“ (Wien 1861, Gerold, 8°.); – „Die neueren Apparate der Akustik, für Freunde der Naturwissenschaft und der Tonkunst“ (ebd. 1865, 8°.); – „Licht und Farbe“ (ebd. 1869, 8°.); – „Berichte über die physikalischen und allgemeinen Lehrmittel auf den Weltausstellungen von 1862 und 1867“ (ebd., gr. 8°.). Ungemein für die Verbreitung der physikalischen Wissenschaft hat P. durch seine von der Fachkritik als musterhaft und bisher kaum übertroffen bezeichneten Lehrbücher gethan. Er schrieb deren mehrere, und zwar ein „Lehrbuch der Physik für Unter-Realschulen“, davon sind bisher erschienen 7 Auflagen in den Jahren 1854–1869; dasselbe mit böhmischer Terminologie in 6 Auflagen; dasselbe mit polnischer Terminologie in 6 Auflagen; ferner eine Uebersetzung in’s Ungarische in 2 Auflagen, und eine Bearbeitung für Untergymnasien (1856–1864) in 3 Auflagen; – dann ein „Lehrbuch der Physik für Obergymnasien und Ober-Realschulen“ in 2 Auflagen, davon Uebersetzungen in’s Böhmische, Ungarische, Italienische und theilweise in’s Polnische. Eine Uebersetzung in’s Russische soll demnächst erscheinen, und das bereits erwähnte Heßler’sche „Lehrbuch der technischen Physik“, vollendet von Pisko (ebd. 1866, 3. Aufl.), zwei starke Bände.

Vaterland (Wiener polit. Journal, gr. Fol.) 1865, Nr. 198, im Feuilleton: „Eine Lection aus der Physik für Musiker“.

Anmerkungen (Wikisource)