BLKÖ:Stöckel (Wiener Volkssänger)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 39 (1879), ab Seite: 98. (Quelle) | |||
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Friedrich Schlögl in seinem sensationellen Buche „Wiener Blut“ so pikante Aufschlüsse liefert. Stöckel’s Devise ist, wie uns Schlögl meldet: „Nur kan’ Schenirer!“, woraus wir auf den Charakter seiner Declamationen und Recitationen schließen können. In der That nennt er auch die Dinge bei ihren wahren, wenn auch oft – übelriechendsten Namen; er verhüllt auch die Zote nicht, er entzieht ihr selbst das nothdürftigste Gewand und schleudert sie hinaus unter seine lachenden Zuhörer und kichernden Zuhörerinen. Doch ist sein Publicum kein solches, das nur der Zote wegen kommt, es ist nicht aus Demimonde rekrutirt, im Gegentheil, es ist der „untere“ Bürgerstand, der tagüber gearbeitet und Abends ein paar Stunden lachen will: der Geselle, der mit „ihr“ kommt, wenn sie ihren Ausgang hat u. s. w. Stöckel selbst ist ein Urwiener und Sohn eines seinerzeit vielbeliebt gewesenen Volkssängers; er kennt die eleusischen Geheimnisse des Volkssängerthums, Wien und das Wiener Leben wie Wenige. Seine Vortragsweise ist originell. Während sein Vater mit dem „dünnsten“ Tadädl-Stimmchen die harmlosesten Lieder zum Besten gab und wie ein krankes „Zeiserl“ sein bekanntes „Von Hietzing kum l her, hab fast kan Ath’m mehr“ mühselig zwitscherte, schnarrt sein Sohn – der jetzt auch schon den Sechzigern nahe sein mag – in gellendster Weise die verfehmtesten Reime herab und schaut sich dabei mit den malitiösesten Augen die Wirkung an, welche die gleich einem Gußregen aus seinem Munde hervorschießenden, für andere Menschen unaussprechlichen [99] Worte auf seine elektrisirten Zuhörer machten. In den sogenannten „Intermezzos“ führt Stöckel eine ganze „Rolle“, meist dummdreiste Bediente und ähnliche Charaktere, durch und ist unerschöpflich an drolligsten Einfällen und oft sogar recht witzigen Impromptus. Mit seinem Publicum steht Stöckel ganz auf vertrautem Fuße; er selbst nennt sich – in eigenthümlicher Resignation – den „hatscheten Stöckel“, und hat er eine Piece anzukündigen, so geschieht es, indem er sagt: „Sogleich folgt eine komische Scene – daß also ka Mensch daweil furtgeht!“. Es ist das ein eigenes Leben, dieses Wiener Volkssängerthum, das aber auch in Friedrich Schlögl seinen Hogarth gefunden hat. [Neues Wiener Tagblatt, 1868, Nr. 282, im Feuilleton: „Wiener Volkssänger und Volkssängerinen. Kleine Culturbilder“. Von Friedrich Schlögl.]
4. Stöckel, der Wiener Volkssänger, eine zeitgenössische Specialität des auf dem Aussterbeetat stehenden Urwienerthums, über welch’ beide uns